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Die Flammen von Lindisfarne

Die Flammen von Lindisfarne

Titel: Die Flammen von Lindisfarne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf W. Michael
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einstigen Gegner die Waffen zu ergreifen. Als unsichtbarerer Einherier wird euer tote Jarl im Kampf voran-ziehen.“
     
    „Gib uns Waffen, dass wir wieder Krieger werden, Bärensprung!“ schrie einer der Kriegsgefangenen, der sich bereits mit einem Ringan-Mann gegenseitig stützten musste, um der Wirkung des Trunks zu begegnen.
     
    „Waffen! Waffen für Odin!“ brüllten seine Gesellen und reckten dem Jarl ihre Hände entgegen. „Waffen! Gib ihnen Waffen, dass sie mit uns kämpfen!“ stimmten die Ringan-Männer in die Rufe ein. Der gemeinsame Feind ließ den alten Zwist ersterben und die Erinnerungen verlöschen.
     
    „Männer von Angantyr!“ Die Stimme Haakons übertönte den Lärm, mit dem die fassungslosen Gefolgsleute Graumantels aufsprangen. „Gefährten Frodins, die ihr im Kampf unsere Knechte wurdet. Ergreift die Waffen, die wir euch zurück in die Fäuste geben und spürt, wie es der Seele des Mannes wohltut, die Wehr zu schwingen.
     
    Männer von Angantyr! Sammelt euch zum Kampf für Odin unter den Segeln von Ringan und dem Banner der Odinsraben. Doch nicht als unsere Knechte, sondern als freie Männer und Kampfgefährten!“
     
    Mehr war nicht mehr zu verstehen, denn der Met durch-rauschte die Männer des Nordens und sie grölten vor Begeisterung. Während sie sich zügellos dem Trunk hingaben, schwelgten die Wikinger im Vorgefühl auf die kommende Kriegsfahrt und die Siege ihrer Waffen. Niemand achtete mehr darauf, wer von Ringan oder Angantyr kam. Die Feinde von gestern, Herren und Knechte, lagen sich in den Armen und tranken in vollen Zügen zu Ehren ihrer Götter. Der Kriegszug für ihren Glauben machte alle gleich.
     
    Die Orgie hatte begonnen...
     
                                                                                        *              *              *
     
    Am nächsten Morgen erwachte Lars Wolfssohn sehr spät. Neben ihm auf dem Lager schlief Widar den Schlaf des Gerechten und schnarchte, dass die Hütte zu zittern schien. Es klang, als ob der Bruder im Blute sich bemühte, die hohen Wälder des Nordens in einem Vormittag ab-zusägen.
     
    „Es ist deinem Freunde gerade noch gelungen, dich bis hierher zu tragen, obwohl er selbst sich kaum auf dein Beinen halten konnte“, lachte Wiltrudis und rührte in einem Milchkübel.“Als du mit lallender Zunge von der Bank sankst, hockte Snorre noch mit Wulfegar, dem Schildspalter und dem Jarl auf dessen Hochsitz zusammen. So musste ich noch bleiben und ihnen Met bringen. Jedenfalls so lange, bis der Bärensprung den großen Metkessel durch die Halle schleppte und die Tische vor seinem Hochsitz wegfegte, damit Platz für den Kessel mit dem Rauschtrank sei. Dann tunkten sie ihre Trinkhörner in den Kessel und brauchten keine Frau mehr, die sie bediente.
     
    Als ich das Fest verließ, waren die meisten der Männer entweder unter den Tisch gesunken oder hatten sich nach Hause getrollt. Du wirst noch viel trinken müssen, Sohn, bevor du die Standfestigkeit deines Pflegevaters erreichst“, setzte sie mit leisem Spott hinzu. „Dein Freund und Knecht ebenso!“
     
    „Widar ist kein Knecht mehr!“ stieß Lars heftiger hervor, als er wollte, was im gleich darauf zweifach leid tat. Zum einen wegen seines Schädels, zum anderen wegen Wiltrudis. Aber mannhaft fuhr er in seiner Rede fort, seinem Schädel und seiner Mutter zum Trotz. „Seit gestern Abend sind alle Angantyr-Männer freie Krieger unter dem Banner des Asen und dem Schwert Bärensprungs!“
     
    „Ach ja, ich vergaß das“, lächelte die Frau.
     
    „Außerdem ist Widar mein Bruder im Blute“, krächzte Lars. Er erhob sich und versuchte, sich zur Tür zu schleppen, doch eine unsichtbare Macht schien ihm die Beine unter dem Körper wegzuschlagen. Mit einem heiseren Schrei ging er zu Boden.
     
    „Wer von Odins krächzenden Boten zerreißt meinen Schlummer?“ brummte Widar, halb im Schlaf.
     
    „Die Fährte des Wolfssohnes endete rasch“, lachte Wiltrudis. „Krieche zurück auf dein Lager, Wölfling und ruhe, bis die Macht des Metrausches von dir weicht!“
     
    „Es war Thor, Mutter“, keuchte Lars und zog sich langsam am grob gefügten Tisch in der Mitte der Hütte nach oben. „Er sandte alle Kräfte meines Körpers hinauf in mein Haupt. Dort wollen sie hinaus und versuchen, den Schädel zu sprengen. Im Bauch scheint sich Gewürm zu ringeln, das machtvoll nach

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