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Die Flammende

Die Flammende

Titel: Die Flammende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Kristin; Diestelmeier Cashore
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wusste, was er tat, wäre er gegen sie gewappnet, aber diese Art Mann begegnete Fire selten. Meistens waren die Männer, die versuchten, sie zu verletzen, wütend oder hochmütig oder ängstlich genug, dass sie einen Riss in der Festung ihrer Gedanken finden und sich hineinstehlen konnte.
    Fire fand das Bewusstsein dieses Mannes sofort und stellte fest, dass es weit geöffnet war – sogar so weit, so einladend, dass sie sich fragte, ob er womöglich ein Einfaltspinsel war, der von jemand anderem angeheuert worden war. Sie duckte sich an den Felsen – wobei sie sogar in ihrem Schmerz stur darauf achtete, den Geigenkasten auf ihrem Rücken nicht zu zerdrücken. Seine Schritte ertönten durch die Bäume und dann sein Atem. Sie durfte keine Zeit verschwenden, denn er würde erneut auf sie schießen, sobald er sie entdeckte. Du willst mich nicht töten. Du hast es dir anders überlegt.
    Dann kam er um einen Baum herum und seine blauen Augen weiteten sich bei ihrem Anblick vor Erstaunen und Entsetzen.
    Â»O nein, ein Mädchen!«, rief er.
    Fire gab sich Mühe, ihre Gedanken neu zu sortieren. Hatte er sie gar nicht treffen wollen? Wusste er nicht, wer sie war? Hatte er Archer umbringen wollen? Sie zwang sich dazu, ihre Stimme ruhig zu halten. »Auf wen hatten Sie es denn abgesehen?«
    Â»Nicht auf wen«, sagte er, »auf was! Ihr Umhang ist aus braunem Pelz. Ihr Kleid ist braun. Bei allen Felsen, Mädchen«, sagte er in einem Ausbruch von Verärgerung. Er kam auf sie zu und untersuchte den Pfeil, der in ihrem Oberarm steckte, das Blut, das ihren Umhang, ihren Ärmel und den Schal um ihren Kopf tränkte. »Man könnte meinen, Sie hätten es darauf angelegt, von einem Jäger angeschossen zu werden.«
    Von einem Wilderer, um genau zu sein, denn Archer hatte die Jagd in diesem Wald um diese Tageszeit verboten, damit Fire ihn durchqueren konnte. Außerdem hatte sie diesen gedrungenen, helläugigen Mann mit lohfarbenem Haar noch nie gesehen. Wie auch immer. Wenn er nicht nur ein Wilderer war, sondern darüber hinaus ein Wilderer, der Fire versehentlich angeschossen hatte, während er verbotenerweise auf Archers Land gejagt hatte, würde er sich nicht freiwillig einem von Archers berüchtigten Wutanfällen aussetzen; aber Fire musste ihn dazu bringen, genau das zu wollen. Sie verlor Blut und ihr wurde langsam schwindelig. Sie würde seine Hilfe brauchen, um es bis nach Hause zu schaffen.
    Â»Jetzt muss ich Sie töten«, sagte er mürrisch. Und dann, bevor sie dieser ziemlich eigenartigen Aussage etwas entgegensetzen konnte: »Moment mal. Wer sind Sie? Sagen Sie mir bitte, dass Sie nicht sie sind.«
    Â»Wen meinen Sie?«, fragte sie ausweichend, während sie erneut in sein Bewusstsein eindrang, das immer noch seltsam leer war, als schwebten seine Absichten verirrt im Nebel.
    Â»Sie haben Ihre Haare bedeckt«, sagte er. »Ihre Augen, Ihr Gesicht – Erbarmen.« Er wich vor ihr zurück. »Ihre Augen sind so grün. Ich bin ein toter Mann.«
    Er war ein komischer Kerl mit seinem Gerede davon, dass er sie umbringen und selbst sterben würde, und seinem sonderbar wabernden Verstand; und jetzt sah es so aus, als wollte er davonrennen, was Fire nicht zulassen durfte. Sie griff nach seinen Gedanken und rückte sie zurecht. Du findest meine Augen und mein Gesicht gar nicht so bemerkenswert.
    Der Mann warf ihr einen verwirrten Blick zu.
    Je länger du mich ansiehst, umso mehr stellst du fest, dass ich ein ganz normales Mädchen bin. Du hast ein ganz normales verletztes Mädchen im Wald gefunden und jetzt musst du mich retten. Du musst mich zu Lord Archer bringen.
    Hier stieß Fire auf einen leichten Widerstand in Form von Angst. Wahrscheinlich hatte der Mann Angst vor Archer. Sie zog stärker an seinem Verstand und lächelte ihn an – mit dem strahlendsten Lächeln, das sie zu Stande brachte, während der Schmerz in ihr pochte und sie auf den Waldboden blutete. Lord Archer wird dich belohnen und dich beschützen und man wird dich als Helden verehren.
    Ohne zu zögern, nahm er den Köcher und den Geigenkasten von ihrem Rücken und hängte sie zu seinem eigenen Köcher über seine Schulter. Er nahm ihre beiden Bogen in eine Hand und legte ihren rechten Arm, den unverletzten, um seinen Hals. »Kommen Sie, Mädchen«, sagte er. Halb führte er sie, halb trug er sie

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