Die fliegenden Staedte von Antares
Augenblick packte mich Chido am Arm.
»Bei Krun, Hamun! Die Wächter sind da!«
Die Wächter trennten Apims und Diffs und führten sie in entgegengesetzte Richtungen auseinander. Chido ließ meinen Arm los und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Gordano ist verhaftet. Das Gesetz wird sich seiner annehmen – der verdammte Onker!«
»Was macht er denn beruflich?« fragte ich, während wir Rees folgten.
»Gordano hat irgendeinen Posten – Havil weiß, worum es sich dabei handelt – auf seinem Volgendrin. Er spricht nie darüber. Ein geheimnisvoller Bursche, obwohl er mein Cousin und ein Vad ist.«
Ich überlegte. In der Festung Smerdislad in Faol hatte ich das Gespräch dreier Männer belauscht. Dabei hatte ich natürlich besonders auf die Einzelheiten geachtet, die mich und Vallia betrafen; aber es war die Rede davon gewesen, daß notfalls mehr Wächter rekrutiert werden sollten, die sich der Volgendrins annehmen mußten. Weshalb? Jenes rätselhafte Gespräch hatte ich zu hören bekommen – davon war ich fest überzeugt –, weil die Herren der Sterne oder die Savanti dafür gesorgt hatten. Und auch jetzt hatte ich das seltsame Gefühl, daß diese Überwesen den Kampf dort unten arrangiert hatten – für mich. Dieser Kampf bildete den Ausgangspunkt für meine nächsten Schritte – die so weitreichende Folgen hatten, daß er gar kein Zufall sein konnte. Ich vermutete, daß sich die Herren der Sterne wieder einmal als Drahtzieher betätigten.
Chido und ich gingen zur Wache, um mehr über seinen Cousin Gordano in Erfahrung zu bringen.
Der diensthabende Hikdar, ein dicker, eindrucksvoller Mann hinter einem Balasstisch, starrte uns kurzsichtig an und schaute wieder in das große Buch vor sich. »Gordano?« fragte er. »Nein, Horters, ein Gordano ist bei uns nicht eingeliefert worden.«
Chido zog eine Grimasse und wandte sich ab. Offenbar hielt er es nicht für unmöglich, daß sein Cousin den Wächtern entwischt war. Es hatte Tote gegeben bei dem Kampf, so daß das hamalische Gesetz voll zur Anwendung kommen würde. Ich folgte Chido, der plötzlich innehielt und in einen Nebengang des häßlichen Wachgebäudes abbog.
»Sei still, alter Freund. Da steht Gordano; offensichtlich führt er etwas im Schilde!«
Wenn der Kampf wirklich kein Zufall war, sondern eine Chance, die mir die Herren der Sterne geschickt hatten, mußte ich die Möglichkeit nutzen. Ab sofort durfte ich nur noch allein arbeiten. Wenn mir das nicht gelang, mochte ich kurzerhand in einer blauen Strahlung zur Erde zurückgeschickt werden, durch die Leere über vierhundert Lichtjahre hinweg. Kein Wunder also, daß ich mich vorsah!
Gordano, der leise auf einen etwas dümmlich aussehenden Dwa-Deldar einredete, wirkte mehr wie ein Durchschnitts-Hamaler als der junge Chido. Ich verstand nicht, was er sagte, bemerkte aber ein silbernes Aufblitzen: eine Handvoll Dhem-Münzen wurde weitergereicht und geschickt in einer Tasche verstaut.
Chido öffnete den Mund, Gordano sah ihn und sagte sofort mit lauter Stimme: »Lahal, Nath! Ich habe diesem guten Manne gerade berichtet, daß es für mich als Naghan Lamahan von größter Bedeutung ist, einen Brief zu schreiben. Nachdem du nun hier bist, kannst du die Beförderung übernehmen.«
Chido riß Mund und Augen auf. Ich konnte mir vorstellen, wie sich die Rädchen in seinem Gehirn bewegten. Er hieß doch gar nicht Nath, bei Krun! Und der Mann hier war Gordano ham Thafey, Vad von Unlorlan, Sohn des Bruders von Chidos Vater – wer bei den herrelldrinischen Höllen war Naghan Lamahan?
»Lahal, Naghan«, sagte ich laut. »Nath und ich werden dafür sorgen, daß dein Brief sicher zugestellt wird.«
Gordano ham Thafey, der Vad von Unlorlan, sah mich daraufhin von Kopf bis Fuß prüfend an, das kann ich Ihnen sagen! Meine Bartstoppeln schienen ihn nicht sonderlich zu beeindrucken, doch im nächsten Augenblick begannen der Wächter und Chido gleichzeitig zu sprechen, und wir mußten das Durcheinander irgendwie entwirren.
»Ihr müßt euch beeilen, Horters. Der Hikdar wird jeden Augenblick nach mir verlangen.«
»Also schön. Eine Mur, mehr nicht.« Gordano zog Chido auf die Seite.
In diesem Augenblick ertönte weiter unten im Korridor eine laute Stimme. »Deldar! In Havils Namen, wo steckst du denn, du Onker!«
»Bei Havil!« rief der Deldar entsetzt. Er hastete über den Korridor und packte Gordano. Dieser, ein dunkelhäutiger Mann mit glatter Haut und auffallend hellen Augen, lächelte breit und
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