Die Flirtfalle
schon dabei einen Kuchen zu backen, als Annas Mann plötzlich auf der Matte stand. Gestern Abend war Anna so dumm gewesen, ihren Mann vom Festnetz aus anzurufen. Er muss sich unsere Telefonnummer aufgeschrieben und uns dann ausfindig gemacht haben. Wie dem auch sei. Er ist jetzt da und will Anna und Karin abholen.“
Wir gingen wieder lauschen. Dem Besorgnis erregenden Gerassel nach zu urteilen, war Markus gerade dabei, seine untreue Ehefrau zu verprügeln.
„ Melanie, ich habe Angst um Anna!“ Lisa hielt sich an meiner Bluse fest und zitterte. „Er schlägt sie!“
„Wir müssen reingehen!“, sagte ich, rührte mich aber nicht vom Fleck, denn eigentlich war ich viel zu feige, die Küche zu stürmen und mich wegen Anna mit einem gewalttätigen Unbekannten zu prügeln.
„Ich muss mich hinsetzen“, sagte Lisa, ließ mich los und lief mit einem Gang davon, als wären ihre Knie aus Zuckerwatte. Laute Geräusche, die sich nach dem Zerbrechen von Geschirr und einer Schlägerei anhörten, ließen mich in Panik geraten. Ich lief auf die Wand zu und blieb zitternd vor dem Jagdgewehr stehen. Dann packte ich die Schusswaffe, schwenkte damit in Richtung Küche, blieb vor der Tür stehen und spürte, wie mir das Herz langsam in die Kehle stieg. Ich nahm all meinen Mut zusammen und drückte auf die Türklinke.
„Lass sie los oder ich schieße!“, rief ich mit erstickter Stimme. Der Anblick, der sich dann meinen Augen bot, ließ meine Beine einknicken. Anna und ihr Ehemann lagen auf dem Küchentisch wie ein neu vermähltes Pärchen in den Flitterwochen. Die beiden sahen mich mit einem ‚Was soll der Unsinn?’ - Blick an.
„Entschuldigung für die Störung …“, sagte ich und wünschte, der Boden unter mir könnte sich öffnen und mich verschlucken. „Meine Nerven haben mir einen dummen Streich gespielt.“
Ich machte die Küchentür wieder zu und beeilte mich, das Gewehr zwischen den Elchköpfen aufzuhängen.
„Du hast es richtig gemacht, hörst du? Ich wünschte, ich wäre auf diese Idee gekommen. Diese Flinte ist zwar nur eine Attrappe, sie sieht aber verdammt echt aus und kann einem ziemliche Angst einjagen“, versuchte Lisa mich aufzumuntern. Nach einer Weile tauchte Anna auf, um uns zu berichten, dass Markus nun gegangen sei. Annas Haare waren zerzaust, die linke Brust schaute halb aus der zerrissenen Bluse heraus.
„Anna, es tut mir echt leid. Ich dachte, dein Markus wollte dich umbringen.“
„Melanie, du brauchst dich nicht zu entschuldigen, denn du hast dich wie eine echte Freundin verhalten. Übrigens. Markus fragte mich, ob du Selbstmord begehen wolltest oder aus reinem Versehen das Gewehr verkehrt herum gehalten hast. Wie dem auch sei. Mädels, wenn ihr nur wüsstet! Markus ist ein so lieber Mensch und würde mir niemals wehtun! Und nun haltet euch fest: Zum Schluss sagte ich zu ihm: Bärchen, du brauchst nur die Ausgabenliste abzuschaffen, ein Familienauto zu kaufen und uns abholen kommen und dann sagte er: Gut, ich tue es! In spätestens zwei Wochen werde ich euch mit einem Auto hier abholen. Meinetwegen können wir dann auch die Ausgabenliste abschaffen.“
Anna brach zusammen. Ich wusste nicht, ob sie vor Glück lachte oder vor Frust, dass sie zu ihrem Mann zurückkehren muss, weinte.
„Markus liebt mich über alles. Und ja, ich liebe ihn auch!“, sagte sie.
„Anna, entschuldige bitte, aber ich dachte, du liebst Leo. Wolltest du nicht sogar die Scheidung einreichen? Euer Trennungsjahr hat doch bereits begonnen!“, sagte ich ziemlich irritiert.
„Das mit Leo und mir, das ist etwas ganz anderes. Ich hänge noch an Markus. Leo und ich, wir … Egal was geschieht, wir wollen für immer Freunde bleiben. Neulich, da haben wir uns richtig ausgesprochen. Ich habe Leo gesagt, ich möchte auf keinen Fall, dass unsere Affäre in eine Beziehung mit echten Gefühlen und allem übergeht.“
Ich dachte an Mark. Hatten wir nur eine Affäre oder eine Beziehung mit echten Gefühlen und allem? Ich wusste es nicht.
„Woher soll man denn wissen, ob man echte oder nur falsche Gefühle für jemanden empfindet?“
„Hör mal Melanie, machst du Witze? Das weiß man einfach. Man spürt es. Wenn du öfter an einen Mann denkst, als dir lieb ist, wenn du dir in seiner Anwesenheit wie ein denkunfähiges Kaninchen vorkommst, wenn du seine einfache Ausdrucksweise als poetisch empfindest oder wenn sich dein Magen nach einem Blick von deinem Prinzen umdreht, dann hat es dich
Weitere Kostenlose Bücher