Die Flirtfalle
danach die Enten im Park füttern, um fünfzehn Uhr ist Kaffee und Kuchen angesagt, dann spielen wir mit Justin eine Runde Mensch ärgere dich nicht, um achtzehn Uhr ist Spaziergang Nummer zwei und um neunzehn Uhr werden wir gemeinsam Abendbrot essen. Es ist jeden Sonntag dasselbe Szenario.“ Ich lachte, obwohl ich das Sonntagsfamilienessen bei Mutti nebst weiteren Aktivitäten hasste und obwohl mein Kopf so brummte, als würde dort ein Flugzeug starten.
„Du wirst nirgendwo hingehen! Ich werde nicht zulassen, dass du in deinem Zustand bei deiner Mutter aufkreuzt. Hier!“ Lisa legte mir zwei geschälte Äpfel hin, schenkte mir Kaffee ein, holte das Telefon und hielt mir den Hörer entgegen.
„Jetzt ruf deine Mutter an, sag ihr, du hättest gestern einen schönen Frauenabend gehabt mit viel Alkohol und allem und jetzt einen beschissenen Kater, weshalb du das beschissene Mittagessen absagen musst!“
Faszinierend. Seit Anna bei Lisa wohnte, war Lisa eine andere Frau geworden. Vor nur ein paar Wochen hätte sie mit den Schultern gezuckt und sich aus dem Staub gemacht, damit ich brav zu Mutter fahren könnte. Und jetzt? Lisa verhielt sich so, als wäre sie meine ältere Schwester, die mich wieder in die richtige Bahn lenken musste. Ich rief also Mutti an und sagte wortwörtlich das, was mir Lisa im Hintergrund flüsternd vorsagte. Ich wusste, dass es nicht richtig war, so mit der eigenen Mutter umzugehen, trotzdem tat ich es und bereute es hinterher nicht. Im Gegenteil. Ich war irgendwie stolz auf mich und froh darüber, Mutter endlich klar gemacht zu haben, dass sie nicht das Recht hatte, mir regelmäßig die Sonntage zu vermasseln.
„ Melanie, deshalb findest du auch keinen Mann! Deine unmögliche Art ist es, die die Männer von dir fern hält!“, lautete Muttis Schlussfolgerung, bevor sie das Gespräch beendete.
Bestimmt hatte sie Recht.
Kapitel 24
Ein verregneter Freitag Vormittag
W erner, der Skodafahrer, entlarvte sich als guter Nachbar und Mitmensch. Für 430 Euro war er einverstanden, mir seinen Computer mitsamt Flachbildschirm und Tintenstrahldrucker zu verkaufen, die Teile in meine Wohnung zu tragen und sogar alles richtig anzuschließen. Somit war ich die 430 Euro aus der Rückgabe des Kleides mit der bis zum Knie hängenden Taille wieder los, dafür aber konnte ich endlich anfangen, meine Geschichten am PC zu tippen.
Justin war im Kindergarten, Mutti bei ihrer Schneiderin, Lisa und Anna in der Stadt bummeln. Ich war völlig ungestört, also setzte ich mich an den PC und legte los:
‚Liebe auf den ersten Blick’ schrieb ich als Überschrift, dachte dabei an Mark und schrieb weiter:
‚Die meisten Tage beginnen und enden so eintönig, dass sie bald aus unserem Gedächtnis verschwinden, als hätten sie nie existiert. Und dann gibt es Tage, die man nie vergisst. Tage wie der, an dem ich dich traf …’
Zwei Stunden später, die mir wie zwei Minuten vorkamen, hatte ich sechs Seiten voll, obwohl ich in meiner Geschichte noch immer Mark gegenüber saß und gegen die Folgewirkungen meiner ersten Zigarette ankämpfte. Ich schaltete den PC aus und nutzte die Zeit bis ich zum Kindergarten fuhr, um nachzudenken. In acht Tagen war Muttis Hochzeit. Leo hatte leider dafür gesorgt, dass Lisa auch eine Einladung bekam. Selbstverständlich durfte Mark mit, der laut Lisa auch schon zugesagt hätte. Ich hatte also eine Woche Zeit, um Mark das Aus zu erklären. Am besten wäre es, ihm meine Meinung so deutlich zu sagen, dass ihm für immer die Lust vergehen würde, in meine Nähe zu kommen, geschweige denn, sich auf einen Wortwechsel mit mir einzulassen. Auf Muttis Hochzeit würden wir dann so tun, als wären wir uns nie begegnet. Bald würde ich über Mark hinweg sein und wieder ein ganz normales Leben führen können. Ein unkompliziertes und gemütliches Dasein, ein solches das ich führte, bevor Mark in mein Leben trat, meine Lebenseinstellungen, Gefühle und Hormone in einen Topf warf und sie wie mit einem 250 Watt-Mixer durchrührte.
Nachmittags saß ich an Justins Bett, las Schneewittchen mit einer Stimme vor, als wäre ich ein Zwerg, und hoffte, meinen Sohn zu einem Mittagsschläfchen bewegen zu können, damit ich mich wieder an den Computer setzen und die Geschichte weiterschreiben konnte. Drei Märchen später war Justin immer noch hellwach, ich dagegen kurz vor dem Einschlafen.
Das Klirren von Küchentöpfen und Tellern riss mich aus dem Schlaf. Mutti war da. Sie liebte es, meine
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