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Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Titel: Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Powelz
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anderes – dass Knopinski und seine Frau mit absoluter Sicherheit ermordet worden waren. Bloß von wem? Alle Menschen hatten den alten Mann gehasst, doch nicht alle konnten ihm früher schon einmal begegnet sein.
    Es sei denn…
    Professor Pellenhorn war früher im Innenministerium tätig gewesen. Durch diesen Job hätten sich die Lebenswege der beiden Männer kreuzen können. Oder war einer der Gäste jemals ein Gefängnisinsasse gewesen? Sie erinnerte sich an Mikes Erzählung, dass Sonja Merkel Knopinskis Stimme wiedererkannt hatte – und dass ihr Freund im Gefängnis saß. Gab es da eine Verbindung?
    „Bella und Annette kann ich ausschließen – die sind viel zu jung“, dachte die alte Dame. „Omi, Marisabel oder Adolf hingegen könnten Knopinski durchaus während einer Haft begegnet sein.“
    Aber hätten sich die Dame mit den drei Perücken, die Hundezüchterin oder der Mann mit der seltsamen Frisur wirklich so stark verändern können, dass Knopinski sie nicht auf den ersten Blick wiedererkannt hatte und sich erst zum Nachdenken hatte zurückziehen müssen? Minnie glaubte fest daran. Zwar hatte der bösartige Sadist im Esszimmer gerufen, dass er niemals ein Gesicht vergäße, aber an wen ihn Mister X konkret erinnerte, daran hatte sich Knopinski zu spät erinnert. Skrupellos hatte der Mörder die Gedächtnislücke des alten Herrn ausgenutzt, und das uralte Ehepaar rechtzeitig zum Schweigen gebracht.
    Gedanklich ging Minnie noch einmal alles durch. Sie musste etwas übersehen haben. 
    Zuerst hatte Knopinski dem Mörder öffentlich im Esszimmer gedroht. Anschließend hatte er sich einen Tag lang in seinem Zimmer eingeschlossen. Das war ein Widerspruch. Plötzlich erschien es der alten Dame unlogisch, dass ein Mann in höchster Zeitnot, der ein Mörderfoto zuhause hatte, stundenlang im Bett liegen blieb – ohne krank gewesen zu sein. Schließlich hatte Gertrud Knopinski keinerlei Infekt erwähnt. Minnie erinnerte sich genau an ihre Worte: „ Er hat die ganze Nacht über etwas gegrübelt. Deshalb habe ich das Schild mit der Aufschrift ‚Bitte nicht stören’ an die Tür gehängt.“ Wie passte das zu Knopinskis Vorsatz, den er in der Nacht vor seinem Tod gefasst hatte? „Ich werde der Sache morgen auf den Grund gehen“, hatte der bösartige Mann geflüstert. „ Ich fühle mich hier nicht mehr sicher! Und Du bist es auch nicht, Gertrud!“
    Statt nach Hause zu fahren, war er erst in der darauffolgenden Nacht gestorben – kurz  vor seiner Frau. Das bewies Marisabels Aussage.
    Minnie verzweifelte. Wie passte Knopinskis paradoxe Reaktion zu seiner Bedrängnis? Alles lief auf die Frage hinaus, warum er in Haus Holle geblieben war.
    Es war ein unlösbares Rätsel.
    Es sei denn… Gertrud hätte gelogen, und er wäre doch gefahren. Immerhin hatte ihn am Tag vor seinem Tod niemand in Haus Holle gesehen. Oder konnte Gertrud ihn getötet und sich dann selbst umgebracht haben?
    Minnie schloss diese Theorie aus – ebenso wenig wie sie glaubte, dass der Tod von Professor Pellenhorn ein Zufall gewesen war. Gertrud konnte den gelassenen Mann nicht ermordet haben, indem sie ein Stück Parmesankäse im Salat versteckt hatte. Schließlich hatte sich Pellenhorns Erstickungstod nach dem Tod der Knopinskis ereignet.
    Doch wie passte der Tod des Professors ins Raster?
    Es gab nur eine Erklärung. Berthold Pellenhorn hatte etwas gesehen, das ein erhellendes Licht auf den Tod der Knopinskis hätte werfen können. Leider hatte er nicht mehr sprechen können. Kurz bevor er einen Sprachcomputer bekommen sollte, hatte der Mörder ein drittes Mal zugeschlagen.
    Was jedoch hätte Berthold Pellenhorn in der Nacht des Doppelmordes sehen können? Minnie versetzte sich in die Lage des gelähmten Professors. Sie erinnerte sich, wie sie die Münze für den Fährmann auf das Auge des Toten gelegt hatte. Und dann? Bertholds Bett war zum Fenster ausgerichtet gewesen. Von seiner Position aus hatte der Gelähmte den perfekten Blick auf den Weg vor Haus Holle gehabt. Das war es! In der Mordnacht konnte er nur zwei Dinge gesehen haben – die Bank und das Ende des Weges. Doch wovon war der ALS-Patient Zeuge geworden?
    Die Erkenntnis überfiel Minnie wie ein Schlag. Professor Pellenhorn hatte jemanden gesehen, der das Haus nachts betreten oder verlassen hatte. Er hatte den Namen verraten wollen. Und er hatte immer wieder die Silbe Au hervorgestoßen. Leider jedoch fing weder der Vorname noch der Nachname irgendeines Gastes, Angehörigen oder

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