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Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder.

Titel: Die Flockenleserin. Ein Hospiz, 12 Menschen, ein Mörder. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Powelz
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des schrecklichen Anfalls.
    Nach drei weiteren Minuten sagte Anne atemlos: „Er kommt da nicht raus!“
    Tatsächlich wurde der Husten, der in ein Würgen überging, immer stärker und schrecklicher.
    „Tavor“, keuchte Herbert panisch. Sofort drückte Anne auf den Alarmknopf und der dicke Dietmar erschien.
    Dem Pfleger genügte ein einziger Blick, um die Gefährlichkeit des Hustenkrampfs zu erkennen.
    „Ganz ruhig, Herr Powelz“, sagte er bestimmend, und legte seine Hand auf die Schulter des Kranken. „Sie müssen langsam durchatmen!“
    Sein Rat drang nicht zu Herbert durch. Der schreckliche Husten wurde noch schlimmer, und der geschwächte Körper bäumte sich auf. 
    Mike legte eine Hand auf die Schulter seines Vaters. Herberts Herz pochte so schnell wie bei einem Ausdauerläufer. „Das arme Herz“, sagte er und weinte. „Papa kämpft um sein Leben.“
    Dietmar rannte aus dem Zimmer. „Ich hole Tavor“, rief er laut. Herberts gesundes Auge verfolgte seine Flucht ängstlich. Sein Husten schwoll noch stärker an.
    Mutter und Sohn sahen sich kurz an. Sekunden fühlten sich an wie Stunden, und der schreckliche Kampf wollte nicht enden. Starr hafteten ihre Augen auf dem Kämpfenden, der hilflos nach einem über seinem Bett baumelnden Dreieck zum Hochziehen griff und es verfehlte. Mit einem leisen Platsch fiel Herberts Hand auf seinen Bauch zurück.
    „Sein Bauch ist geschwollen“, murmelte Anne erschreckt. „ Anscheinend hat er seit einigen Stunden nicht mehr uriniert. Sieh nur, Mike! Die Flüssigkeit, die er ausscheidet, ist ganz dunkel.“
    Sie hatte Recht.
    In diesem Moment kehrte Dietmar zurück. In der Hand hielt er eine Spritze. „Hier kommt das Tavor“, rief er erlösend. „Herr Powelz, hier kommt das Tavor!“
    Er stach die Nadel in Herberts Vene.
    Fünf Minuten später lag der Kranke nassgeschwitzt, aber ruhig, in seinen Laken. Als er die Augen schloss, nahm Dietmar die Ehefrau und den Sohn beiseite.
    „Es geht nun mit großen Schritten auf das Ende zu“, flüsterte er. Der Pfleger wartete, bis Herbert wieder aufgewacht war.
    „Herr Powelz, möchten Sie vielleicht doch eine Spritze, die Sie tief und sanft schlafen lässt?“
    Anne und Mike hielten die Luft an.
    „Nein“, flüsterte der Kranke. „Ich will leben!“
    „Ohne seine Einwilligung darf ich ihm die Spritze nicht geben“, sagte Dietmar. „Aber es wäre besser für ihn. Dann würde er die Atemnot nicht mehr spüren.“
    Während Anne tapfer war und sich an ihren selbstgewählten Schwur hielt, ihre Angst niemals vor Herbert zu zeigen, weinte Mike. Der Anfall seines Vaters war so schrecklich gewesen, dass er zusammenbrach.
    „Ich muss mal kurz raus“, flüsterte er und folgte seinem Instinkt. In dieser Situation gab es nur eine Person, die ihn aufrichten konnte – die kleine Fee mit ihrem Mops.
    Mike betrat Nadines Zimmer. Sofort schleckte Luna an seiner Hand. Das Kitzeln hellte Mikes Stimmung auf und ließ ihn seine Panik vergessen. Er rauchte eine Zigarette mit Nadine. 
    „Du siehst ganz schön mitgenommen aus, wenn ich das mal bemerken darf“, sagte die junge Mutter. „Schau’ mal, Fee hat ein Geschenk für Dich. Vielleicht gibt Dir das Kraft.“
    Das kleine Mädchen griff in ihre Pyjama-Tasche und zog einen kleinen, rosafarbenen Turnschuh heraus. Es war ein Schlüsselanhänger. „Der ist jetzt Deiner, damit Du mich niemals vergisst! Er soll Dich immer an mich erinnern“, sagte sie.
    „Ist das nicht süß?“, fragte Nadine und seufzte. „Mike, Du glaubst nicht, wie scheiße ich mich fühle. Heute habe ich wahrscheinlich zum letzten Mal allein geduscht. Mein Bein fühlt sich so prall an, als würde es platzen. Manchmal kriege ich geistig gar nichts mehr auf die Reihe. Mein Blähbauch wird auch immer dicker. Ich kann nicht mal mehr aufräumen. Schau mal, wie es bei uns aussieht.“
    Die Unordnung in Nadines Zimmer war riesengroß. Keuchend kletterte der Mops über Fees Spielzeugberge, Nadines Aschenbecher quoll über. Über dem Bett hing ein neues Poster, das Jim Carey als Grinch zeigte.
    „Das ist meins“, rief Fee glücklich. „Bald ist ja Weihnachten! Danach kommt schon der Osterhase. Und danach der Sommer…“
    „Im Mai gibt’s ein Frühlingsfest in Haus Holle!“, sagte Nadine. „Ob ich das wohl noch erlebe?“
    „Natürlich, Mama!“, rief Fee und wurde gleich wieder abgelenkt. „Guck mal, im Fernsehen laufen Tom und Jerry !“ Ihre kleinen Finger drückten nacheinander auf sämtliche Knöpfe auf der

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