Die florentinische Prinzessin
mir nichts gesagt?«
Er zuckte die Schultern. »Hättet Ihr mir geglaubt, wenn ich mit leeren Händen zu Euch gekommen wäre? Ich war auf Beweise angewiesen, da Ihr es die ganze Zeit vorgezogen habt, im Zweifel ihm zu glauben. Er hat alle nur erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, und nur in mühevoller Kleinarbeit ist es uns gelungen, seine Korrespondenz abzufangen. Für die Verschlüsselung der Nachrichten verwendet er Chiffren, die uns völlig neu waren, doch am Ende konnte unser Verdacht bestätigt werden, dass er dieses Komplott seit Monaten plant. Er befürchtet, dass wir zuschlagen werden, wenn er uns nicht zuvorkommt.«
Philipps Worte hallten in meinem Kopf wider. Ein paar Portionen Lachskopf sind tausend Frösche wert .
Schlagartig wurde mir klar, dass es das war, worauf der Kardinal hinarbeitete: ein Krieg. Er warnte mich ja schon lange, dass ich die Konsequenzen erleben würde, wenn ich nicht tat, was er forderte. Irgendwie hatte er die Führung der Hugenotten unterwandert und Panik verbreitet.
Als hätte Monseigneur meine Gedanken gelesen, fügte er hinzu: »Ihr werdet in diesem Umschlag einen Brief aus Spanien finden, der Einzelheiten Eures Treffens in Bayonne enthält und den Hugenotten rät, sich auf den Tod vorzubereiten. Ich wusste nicht, dass Philipp und Ihr derart erhellende Gespräche geführt habt. Wie schade, dass ich nicht dabei war.«
»Wir haben ein Mal miteinander gesprochen. Ein einziges Mal. Und ich habe ihm jegliches Zugeständnis verweigert und ihm in keinem Punkt zugestimmt.«
Monseigneur seufzte.
Niedergeschlagen nahm Birago dem Kardinal den Umschlag aus der Hand. »Madama, das alles ist allein meine Schuld«, sagte er. »Ich hätte es wissen müssen. Ich hätte so handeln müssen wie Monseigneur. Ich … ich bin getäuscht worden. Mein Spion arbeitete für beide Seiten. Die Nachrichten, die er mir geschickt hat, enthielten nichts von Belang.«
»Das lässt sich nun nicht mehr ändern«, stieß ich zwischen aufeinandergepressten Zähnen hervor. »Coligny weiß, dass wir es uns nicht leisten können, ein stehendes Heer zu unterhalten. Wird er sich wirklich erdreisten, zur Schlacht gegen uns aufzumarschieren, wenn wir wehrlos sind?«
»Nicht, wenn Monseigneur und ich noch einen Weg finden«, sagte Birago. »Wir haben Montmorency nach Paris gesandt, damit er unsere Garde in Bereitschaft versetzt und all unsere katholischen Fürsten zu den Waffen ruft. Coligny hat zehntausend Männer unter seinem Befehl. Wir können ihn schlagen, wenn wir unsere gesamte Streitmacht hinter uns versammeln. «
Am liebsten hätte ich den Befehl, Coligny zu ergreifen, lauthals herausgebrüllt. Ich hatte ihm vergeben. Ich hatte dafür gesorgt, dass er von dem Vorwurf, einen Fürsten ermordet zu haben, freigesprochen wurde, und ich hatte ihn an den Hof zurückgeholt, wo er zu den Beratern meines Sohnes gehörte. Ich hatte sogar um die Leidenschaft getrauert, die es einst zwischen uns gegeben hatte. Doch jetzt drohte mir erneut eine Hugenottenrevolte, und einmal mehr war Coligny ihr Anführer. Er hatte mir nicht vertraut und war mir sogar in den Rücken gefallen.
Er war wild entschlossen, uns alle zu zerstören. Wütend hob ich den Kopf. Die Schmerzen in meinem Bein waren wie weggeblasen. »Wir brechen sofort nach Paris auf. Wenn er Krieg will, dann wird er ihn bei Gott auch bekommen.«
27
In den nächsten sechs Monaten zogen wir gegen die Hugenotten zu Felde, überfielen sie in überfluteten Furten und auf einsamen Bergen, kämpften oder zogen uns zurück. Wenn sie katholische Städte stürmten, waren unsere Frauen die ersten Opfer. Vor den Augen ihrer Kinder wurden sie vergewaltigt und zerstückelt. Kirchen wurden niedergebrannt, Reliquien geplündert, Priester wurden zum Hohn auf die Inquisition und deren Scheiterhaufen bei lebendigem Leib verbrannt. Allerdings konnten wir genauso grausam sein. Wenn wir von den Hugenotten gehaltene Städte einnahmen, ergötzten sich unsere Soldaten daran, sie auf Lanzen aufzuspießen und die Tore mit ihren Schädeln und Gliedmaßen zu schmücken.
Ich konnte kaum noch schlafen. Tag und Nacht wachte ich über meine Kinder und den zutiefst verunsicherten Charles, der einfach nicht verstehen konnte, warum wir schon wieder Krieg führten. Einmal mehr versank Frankreich in einem albtraumhaften Chaos mit verkohlten Feldern, verwüsteten Dörfern und verwahrlosten Weilern, wo nur noch Witwen und Waisen lebten.
Als sich mein erster Zorn über Colignys Verrat gelegt
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