Die florentinische Prinzessin
ließ.
»Nein, Ihr habt nichts getan«, sagte er schließlich. »Obwohl manche sagen …« Er wandte den Kopf mir zu. Sein Blick war kühl, unpersönlich. »Manche sagen, diese Ehe sei meiner unwürdig. «
Ich stutzte. »Unwürdig? Wie das?«
Nun war es an ihm, verdutzt dreinzuschauen. Er hatte keine Widerrede erwartet. Waren Ehefrauen in Frankreich denn stumm?
»Das dürfte doch offensichtlich sein.« Er warf den Kopf zurück. »Ich bin ein Prinz von königlichem Geblüt, und Ihr … Ihr seid der Spross von Wollhändlern.«
Ich blieb ganz still in meinen Kissen. Noch nie hatte ich jemanden mich so bezeichnen hören, und ich hätte fast gelacht, so absurd klang es. Doch meine Heiterkeit verflog, als ich merkte, dass er es ernst meinte.
»Meine Familie mag bescheidenen Ursprungs sein«, sagte ich, »aber jetzt haben wir zwei Päpste und etliche Fürsten in unserem Stammbaum. In Italien zählen Familien wie die unsere zum Hochadel, da wir …«
»Ich weiß von Eurer Familie«, unterbrach er mich. Er schien meine Offenheit nicht erwartet zu haben; Tränen und mädchenhaftes Flehen vielleicht, aber niemals Offenheit. Mit jeder Minute, die verstrich, wuchs meine Verachtung. Er war wie ein kleiner Junge, der gezwungen wird, etwas gegen seinen Willen zu tun – er wehrte sich mit allen Mitteln, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen.
»Immerhin könnt Ihr Euch glücklich schätzen, einen Prinzen in Eurem Bett zu haben«, fuhr er fort, und ich wusste, dies waren nicht seine Worte. Er glaubte sie jetzt vielleicht, aber jemand anderer hatte ihm diese Bosheiten eingef lüstert, jemand, dem er vertraute. Wer?
Ich hatte nicht vor, mich ihm gegenüber zu rechtfertigen, obwohl ich ihn gern daran erinnert hätte, dass meine Abstammung gut genug für seinen Vater war, der seit Jahren schon nach meinem Land gierte und meine Mitgift ebenso gern angenommen hatte wie das päpstliche Versprechen zukünftiger Herzogtümer. Stattdessen sagte ich: »Ganz recht. Es ist eine große Ehre.«
Er reckte das Kinn vor und warf sich in die Brust wie ein junger Kampfhahn. »Selbstverständlich mache ich Euch Eure Abstammung nicht zum Vorwurf. Ihr wärt gewiss auch lieber in Italien bei Eurem Volk.«
Ich schwieg. Nie würde ich zugeben, wie wenig mir in meinem Vaterland geblieben war.
Er nahm mein Schweigen als Zustimmung. »So unangenehm muss das hier gar nicht sein, sagt man mir. Wenn wir uns pflichtgemäß verhalten, können wir mit der Zeit als Mann und Frau leben.«
Es war eine Nacht der Wahrheit. Ich war noch nicht fünfzehn Jahre alt, ein Neuling in Herzensdingen, aber selbst ich wusste, dass eine gute Ehe nicht von persönlicher Zuneigung abhing. Frauen meines Standes mussten oft Fremde heiraten. Wenn sie die Enttäuschung überstanden hatten, konnte ich es auch.
Ich nickte. Zufrieden blies er die Kerze aus und schlüpfte wieder unter die Decke. »Gute Nacht«, sagte er und drehte sich um. Nach wenigen Sekunden schon wurden seine Atemzüge tiefer, von kehligem Schnarchen begleitet. Er schlief wie ein redlich erschöpfter Mann, der er in gewisser Weise auch war.
Ich lag stundenlang wach und starrte hinauf in die dunkle Leere unseres Betthimmels.
7
Von Marseille aus reisten wir ins Tal der Loire im Herzen von Frankreich.
Umgeben von lachenden Männern in schillerndem Samt und kühnen Damen mit bemalten Gesichtern, dazu Hunderten von Wagen voller aufgetürmtem Mobiliar, Utensilien, Teppichen, Wandbehängen – allem, was der Hof benötigen könnte –, war ich tief beeindruckt. Nichts von dem, was ich in Italien gesehen hatte, ließ sich mit der Extravaganz dieses Hofes vergleichen, der sich wie ein vielfarbiges Band über die Landstraßen schlängelte, inmitten einer lärmenden Horde von Bediensteten und bellenden Hunden, der König immer im Mittelpunkt, umringt von seinen Männern. Oft erspähte ich eine auffällige Rothaarige an seiner Seite, in jadegrünen Satin gekleidet, den langen Hals von Brillanten glitzernd, die Hand vertraulich auf François’ Arm. Sie wurde mir nicht vorgestellt, doch sie musste wohl seine Geliebte sein; ich dachte an seine starre spanische Königin, die mir in Marseille ein steifes Lebewohl geboten hatte und mit ihrem Gefolge in eine andere Richtung gezogen war.
Die Landschaft, die wir durchquerten, war erstaunlich – so ausgedehnt, so großzügig, dass Italien dagegen wie eine verkalkte Wirbelsäule wirkte. Ich sah satte Täler unter leuchtenden Himmeln, die sich wie azurblaue Kuppeln über uns
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