Die florentinische Prinzessin
die gleiche zügige Effizienz, die er an den Tag gelegt hatte, als mein Gemahl und mein Sohn mit dem Tod gerungen hatten. »Die Wunde ist tief«, sagte er leise. »Ich habe die Kugel entfernt und ihn verbunden. Er hat einen Finger eingebüßt, und der Ellbogen ist zertrümmert, aber wenn er viel ruht und den Verband sauber hält, wird er sich erholen.«
Charles war unterdessen an Colignys Bett getreten. Auf der schmalen Matratze auf dem Rücken liegend, wirkte er klein, beinahe unscheinbar.
Bis er die Augen zu mir hob und ich sie mit der ganzen Macht seines Willens glühen sah.
»Mein Freund«, sagte Charles leise, »ich verspreche, dass ich den Schuldigen finden und volle Vergeltung üben werde.«
Coligny hörte nicht auf, mich zu fixieren. Um uns herum verblasste alles andere.
»Eure Majestät«, hörte ich ihn flüstern, »ich verdächtige keinen anderen als Guise.«
Ich trat ans Bett. »Paré sagt, dass Ihr Euch erholen werdet. Darüber bin ich froh, denn ich erinnere mich noch an den Tag, als le Balafré starb. Damals sagten die Ärzte, dass er hätte überleben können, wenn es möglich gewesen wäre, die Kugeln aus der Wunde zu ziehen.«
Coligny lächelte. »Wie ich Euch schon einmal gesagt habe: Mein Leben ist ohne Bedeutung.«
Sein Lächeln durchbohrte mich wie die Klinge eines Messers. Mit einem Schlag fiel es mir wie Schuppen von den Augen, und ich erkannte die nackte, entsetzliche Wahrheit: Er wollte sterben. Er wollte für seinen Glauben zugrunde gehen, weil er dann mehr Macht hätte, als ihm das zu Lebzeiten jemals möglich gewesen war. Auch er hatte aus le Balafrés Ermordung gelernt.
Er hatte gesehen, welche Hingabe Märtyrer hervorrufen konnten.
Ich stellte mich seinem brennenden Blick. »Ich bedaure nur eines«, fuhr er fort und richtete die Augen auf Charles. »Meine Wunde hindert mich, Eurer Majestät in dieser gefahrvollen Zeit zu dienen.« Seine Hand zuckte nach oben, um die Hand meines Sohnes zu ergreifen. Entsetzt verfolgte ich, wie Charles sich über Coligny beugte, dieser ihm etwas ins Ohr flüsterte und einen winzigen Gegenstand auf die Handfläche legte.
Dann sackte er mit aschfahlem Gesicht auf seine Kissen zurück.
Charles wandte sich zu mir um und streckte mir die Hand entgegen. »Hier, die Kugel.«
Ich blickte auf das verformte Bleiklümpchen hinab. »Wir müssen den Admiral ruhen lassen.« Verfolgt von Colignys lauerndem Blick, ergriff ich Charles’ Hand und führte ihn zur Tür.
Draußen umringten uns unsere Wächter und geleiteten uns zur Kutsche, wo wir einander gegenüber Platz nahmen. Als wir über Kopfsteinpflaster holperten, fragte ich Charles: »Was hat er dir gesagt?«
Charles’ Augen schwammen in Tränen. »Nichts«, murmelte er, und kaum hatten wir den Louvre erreicht, stürzte er an Birago vorbei in den Palast. Birago sah mich überrascht an.
»Kommt mit«, forderte ich ihn auf.
In der Oleandergrotte warteten frisch aus Florenz eingetroffene, zierliche Sträucher darauf, von ihren mit heimischer Erde gefüllten Töpfen in französischen Boden umgesetzt zu werden. Ihre roten und weißen Blüten verströmten einen Duft, der so überwältigend war wie ihre destillierte Essenz giftig. Vorhanden waren bereits von Hecken eingefasste Rosmarin-und Majoranbeete sowie willkürlich aufgestellte Salamander, Frösche, Schlangen und grinsende Satyrn aus emailliertem Ton.
Zwei Männer näherten sich uns. Einer davon bewegte sich mit einer Anmut, die ich schon aus der Ferne erkannte; bei dem anderen, der größer und breiter war, war ich mir nicht so sicher. Doch als er die Kapuze seines Umhangs zurückschob, schnürte es mir die Kehle zu. Mit seinen markanten, wie in Marmor gemeißelten Zügen, dem weißgoldenen Haar und diesen tiefblauen Augen war er von der Schönheit eines jungen Löwen.
Neben ihm wirkte Henri wie ein dunkler Panther. Über seiner Kehle schimmerten Rubine, das offene Haar fiel ihm über die Schultern, und an seinem Kinn sprossen die ersten Ansätze eines Ziegenbärtchens.
»Du bist in großer Gefahr«, warnte ich Guise. »Du hättest nicht auf eigene Faust handeln dürfen.«
Er schaute mir in die Augen. Mit seiner rauchigen Stimme, die wie für die Schlafkammer geschaffen war, antwortete er: »Ich weiß. Die Ketzer haben mein Palais bereits umzingelt. Sie schwingen Knüppel und Messer und fordern meinen Kopf. Es ist mein Glück, dass Seine Hoheit an meiner Seite war; sonst wären sie wie die Heuschrecken über mich hergefallen.« Seine vollen
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