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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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dem Ketzertum abgeschworen und wirkte ruhig und gefasst. Er hatte seine eigenen Gemächer, ritt täglich aus, übte das Bogenschießen und verbrachte auch einen Teil seiner Zeit mit Margot. Sie musste ihm von Charles’ Krankheit erzählt haben, denn zu meiner Überraschung fing er an, meinen Sohn zu besuchen. Mehrmals erzählte mir Birago, dass Charles und Navarra wie Freunde den Nachmittag zusammen verbracht und viel gespielt und gelacht hatten. Diese Entwicklung kam mir allerdings so merkwürdig vor, dass ich misstrauisch wurde und die beiden unangemeldet aufsuchte, um mir selbst ein Bild davon zu machen,wie es wirklich um diese neu gefundene Freundschaft bestellt war.
    Bei meinem Eintreten spielten sie Karten und tranken Wein, während Margot und Hercule, die sich ebenfalls in dem Zimmer aufhielten, die Köpfe zusammensteckten. Seit dem Massaker hielt sich mein Jüngster ständig in der Nähe seiner Schwester auf und zeigte für ihr Eingreifen in jener Nacht eine regelrecht sklavische Dankbarkeit. Wie er das sah, hatte sie ihm das Leben gerettet, obwohl sich darüber streiten ließ, ob ihm tatsächlich Gefahr gedroht hatte.
    Alle beide erstarrten, als sie mich bemerkten. Charles blickte ruckartig auf.
    »Ist das nicht nett?«, rief ich mit fröhlicher Stimme, die in dem geschlossenen Raum zu laut klang.
    Margots Miene gefror, wie das dieser Tage immer geschah, sobald sie meiner ansichtig wurde. Ohne weiter auf sie zu achten, ging ich zu dem Tisch hinüber, an dem Charles in seiner mit Pelz verbrämten Robe saß. Neben Navarras kräftiger Statur wirkte er blass und kraftlos. Und angesichts Navarras gestählter Muskeln, seiner gesunden Gesichtsfarbe und des vollen rotgoldenen Kinnbartes, den er sich hatte wachsen lassen, befiel mich plötzlich eine Vorahnung, dass ich einen Fehler gemacht hatte. Wegen einer Vision, die ich vor Jahren gehabt hatte, hatte ich darum gekämpft, ihn zu retten, zumal Nostradamus mir eingeschärft hatte, dass dieser Prinz für mein Schicksal von entscheidender Bedeutung sei. Was, wenn ich mich getäuscht hatte? Im Grunde seines Herzens war Navarra schließlich immer noch ein Hugenotte. Ich machte mir bestimmt nicht vor, dass eine mit der Spitze eines Schwerts erzwungene Konversion den alten Glauben in ihm ausgemerzt haben könnte. Mit der Zeit, hatte ich mir gesagt, würde er den neuen Glauben mit vollem Herzen annehmen, doch als ich sein müheloses Lächeln über mein Lob sah, fragte ich mich plötzlich, ob ich nicht dabei war, in meinem Schoß eine neue Bedrohung für die Sicherheit Frankreichs zu nähren.
    Ich deutete auf einen Stapel Münzen vor ihm. »Wie es scheint, bist du am Gewinnen.«
    Er zuckte die Schultern. »Heute ist es das erste Mal.«
    »Das stimmt«, bestätigte Charles mit fiebriger Begeisterung. »Erst heute ist das Glück auf seiner Seite.« Er und Navarra schauten sich über den Tisch hinweg an. »Ist es nicht so, mein Freund?«
    »Allerdings.« Navarra lehnte sich in seinem Stuhl zurück und griff nach dem Kelch. »Seine Majestät ist großzügig. Ein anderer König würde jemanden wie mich nicht so ohne Weiteres gewinnen lassen.«
    Ich spürte bei ihren Worten eine unterschwellige doppelte Bedeutung. Um mich zu vergewissern, warf ich Margot einen scharfen Blick zu. Sie hatte die Hände auf die von Hercule gelegt, und beide beobachteten mich gebannt. Wie Jagdhunde, die auf den Befehl warten, sich auf die Beute zu stürzen.
    Ich wandte mich wieder zu Charles um. »Verlier nicht zu viel«, murmelte ich und legte ihm die Hand auf die Stirn, da er mir plötzlich völlig überhitzt vorkam. Obwohl er zurückwich, spürte ich dennoch, wie heiß seine Haut war. »Du hast Fieber«, sagte ich. »Denk an Parés Rat: Du darfst dich nicht überanstrengen. Ich finde, für heute hast du genug aufs Spiel gesetzt.«
    Charles wollte schon protestieren, als Navarra sich erhob. »Deine Mutter hat recht.« Er bedachte meinen Sohn mit einem zärtlichen Lächeln. »Ich würde nicht wollen, dass du meinetwegen krank wirst. Vielleicht können wir morgen weiterspielen, nachdem du gut ausgeschlafen hast?«
    Sein mitfühlender Ton wärmte mir das Herz. Das klang wahrhaftig so, als ob Charles ihm etwas bedeutete.
    »Aber morgen können wir doch nicht«, begehrte Charles auf. »Weißt du nicht mehr? Wir gehen bei Vincennes auf die Jagd!«
    Navarra zögerte. »Ach ja, das hatte ich ganz vergessen.«
    Mit einem gezwungenen Auflachen legte ich Charles die Hand auf die Schulter. »Ich halte es nicht

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