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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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für klug, den ganzen Tag zu Pferde zu verbringen, solange das Fieber nicht gesunken ist.«
    »Aber das habe ich ihm versprochen!« Charles riss sich von mir los und stand mühsam auf, um dann hastig die Robe um seine schmale Gestalt zu wickeln. Neben Navarra wirkte er wie ein Kind in Königsgewändern; selbst seine Stimme klang quengelig. »Mir geht es schon viel besser, und ich will auf die Jagd gehen! Ich habe es satt, ständig eingesperrt zu sein!«
    »Wir werden sehen«, beschwichtigte ich ihn, um mich dann an Navarra zu wenden. »Wenn Ihr das Bedürfnis nach Ertüchtigung verspürt, spricht nichts dagegen, dass Henri mit Euch ausreitet. Ich bin sicher, dass auch Margot einen Tag lang für Charles’ Unterhaltung sorgen kann. Das kannst du doch, meine Liebe?«
    »Habe ich denn eine Wahl?«, grummelte meine Tochter.
    Ich lächelte. »Gut, dann ist das geregelt. Morgen reitet Henri mit Navarra nach Vincennes, und wenn es Charles bis zum Abend besser geht, können wir als eine große Familie speisen.«
    Navarra hielt meinem prüfenden Blick stand. Ich vermochte nicht, in seinen Augen irgendetwas zu erkennen. Nicht eine Regung gaben sie preis, ganz so, als wären sie aus lichtundurchlässigem Glas. »Es wäre mir eine Freude«, sagte er.
    Sobald er uns mit Margot und Hercule verlassen hatte, half ich Charles ins Bett. Dann kehrte ich in meine Gemächer zurück und rief Henri zu mir. Er fand sich etwas zerknittert bei mir ein, denn er war aus seinem Nachmittagsschlaf gerissen worden.
    Er spürte meine Anspannung sofort. »Was ist geschehen?«
    Während ich ihm von meinem Besuch erzählte, schritt ich in meinem Gemach hin und her. Das sollte mir helfen, Klarheit in meine Gedanken zu bringen und aus dem rätselhaften Grauen in mir schlau zu werden. »Es war fast so, als führten sie etwas im Schilde«, schloss ich.
    Henri lachte. »Wenn die Entscheidung bei Margot läge, hätte ich daran keine Zweifel. Sie verachtet uns, weil wir ihre Hochzeit mit der Tötung ihrer hugenottischen Gäste zu einer Farce gemacht haben – als ob sie sich je um Häretiker geschert hätte. Aber der arme Charles will die ganze Zeit Wiedergutmachung leisten. Er fühlt sich schrecklich wegen dieser Nacht; schließlich war er es, der Navarra gezwungen hat zu konvertieren. Aber was kann Navarra uns denn schon anhaben? Die Hugenotten sind geschlagen und rennen um ihr Leben. Und Navarra ist kein Coligny.«
    »Er könnte sich immer noch gegen uns erheben«, wandte ich ein, nur um mir im nächsten Moment auf die Zunge zu beißen. Aber jetzt war es geschehen, ich hatte meine heimliche Sorge ausgeplaudert. Eilig fügte ich hinzu: »Ich weiß, er ist Margots Gemahl, und ich habe keinerlei Beweise gegen ihn, aber trotzdem will ich ihn nicht so nahe bei Charles haben.«
    Henri nickte. »Was soll ich tun?«
    Ich überlegte. »Nimm ihn morgen mit auf die Jagd wie geplant, aber sieh zu, dass sie länger dauert und ihr die Nacht im Schloss von Vincennes verbringen müsst. Um den Rest wird sich Birago kümmern.«
    Seine Augen weiteten sich. »Maman, Ihr wollt doch nicht …?«
    »Nein!«, sagte ich scharf. »Natürlich nicht. Töten will ich ihn nicht. Aber ich brauche die Gewähr, dass er sich nicht gegen uns wenden kann. Eine Zeit lang werde ich ihn in Vincennes festsetzen und bewachen lassen. Margot kann dann zu ihm kommen. Und wenn er sie erst einmal geschwängert hat, wissen wir, wem seine Loyalität gilt.«
    Er berührte meine Wange mit den Lippen. »Dann auf nach Vincennes.«

    Den nächsten Vormittag verbrachte ich in meinen Gemächern mit Warten. Auch wenn ich versuchte, mich meiner Korrespondenz zu widmen, schweiften meine Gedanken immer wieder ab. Nach mehreren Stunden, in denen ich nicht mehr als zwei Briefe erledigte, erhob ich mich schließlich, um mein Mittagsmahl einzunehmen, als Birago hereinstürzte.
    »Ihr müsst sofort kommen!«, keuchte er. »Seiner Majestät geht es schlechter!«
    Wir eilten zu Charles’ Gemächern. Dort sah es aus, als hätten Sturmböen Stühle und Tische durcheinandergeworfen, die Teller vom Kaminsims gerissen und die Schränke umgestoßen. Wie vom Donner gerührt nahm ich wahr, dass Docteur Paré Charles an den Schultern gepackt hatte und mit Gewalt auf die Matratze niederdrückte. Mein Sohn schlug wild um sich. Aus seinem Mund sprudelte rot gefleckter Schaum.
    Birago rang die Hände. Paré versuchte unterdessen, Charles einen Lederriemen zwischen die Zähne zu schieben, doch mein Sohn stieß ein Kreischen aus und

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