Die florentinische Prinzessin
hinzuarbeiten.«
»Nein, das wäre das Letzte, was du tun solltest. Wenn wir unseren höchsten katholischen Adeligen töten, bringt das nur alle anderen Fürsten gegen uns auf. Und außer Hercules Dolch haben wir keinen Beweis in Händen – dafür hat Guise schon gesorgt. Aber er hat vergessen, dass ich all das schon einmal erlebt habe. Ich weiß, dass er, genauso wie sein Vater vor ihm, auf einen Religionskrieg hofft. Er hat zwar Hercule als Köder benutzt, aber vor noch drastischeren Schritten wird er wohl zurückschrecken, wenn wir ein Abkommen mit Navarra schließen, der Tausende von Hugenotten gegen ihn mobilisieren kann.«
Henris Augen verengten sich zu Schlitzen. »Und Ihr glaubt, Navarra wird uns empfangen, nach allem, was wir ihm angetan haben?«
»Ich werde ihm schreiben, dass ich Margot zu ihm eskortieren will. Er wird meine Absicht verstehen; schließlich ist er nach Hercule der nächste Anwärter auf unseren Thron. Er will ebenso wenig wie wir, dass Guise darauf Platz nimmt.« Ich senkte die Stimme. »Und während ich weg bin, musst du versuchen, Louise ein Kind in den Bauch zu pflanzen.«
Er zögerte. Fast war ihm anzusehen, wie er vor Abscheu zusammenzuckte. Ich bedrängte ihn nicht. Ich hatte noch die Szene vor Augen, wie er die unscheinbare Königin aus dem Saal geschickt hatte, und verglich sie unwillkürlich mit dem Anblick des kraftvollen nackten Guast im Bett. Ich wollte es mir nicht eingestehen, aber in meinem tiefsten Innern ahnte ich bereits das Schlimmste und begriff, dass ich auch für diesen Fall Vorkehrungen treffen musste. Doch bis es so weit war, musste jeder den Eindruck haben, dass ich die trügerische Fassade nach Kräften stützte, die Henri um seine Ehe herum errichtet hatte.
»Schön«, sagte mein Sohn mit einem knappen Nicken. »Aber versprecht nichts, was ich später womöglich bedauern werde.«
»Natürlich nicht.« Ich trat zu ihm, und er ließ meinen Kuss schweigend über sich ergehen.
Im Vorzimmer traf ich Louise mit einem Rosenkranz in den Händen an. Ich blieb kurz stehen und musterte sie. »Ich würde mich weniger aufs Beten und mehr auf meine Anstrengungen verlassen, Madame. Habe ich mich klar genug ausgedrückt? «
Mit einem flüchtigen Nicken und einem Knicks verschwand sie eilig in Henris Gemach.
36
Ich traf meine Reisevorbereitungen. Da nicht klar war, wie viele Monate ich fort sein würde, sagte ich Margot erst spät Bescheid. Als ich sie schließlich zu mir rief, wirkte sie erleichtert.
Henri war mit Louise nach Vincennes gegangen und hatte es mir überlassen, den Louvre für den Winter zu schließen. Als alles gepackt war und ich inmitten meiner Schrankkoffer in meinen Gemächern stand, schickte ich meine Bediensteten los, uns eine Mahlzeit zu holen. Nachdem wir den ganzen Vormittag gepackt hatten, hatten wir eine Stärkung redlich verdient. Allein in meinen Gemächern, ging ich in die Schlafkammer zu meiner Muet. Mein persönlicher Besitz war in Sandelholztruhen verstaut, und nur meine alte Hündin hatte ich auf einem Stuhlkissen zurückgelassen, wo sie schlummerte. Taub und blind, wie sie war, würde sie mich auf dieser Reise nicht begleiten, sondern in Anna-Marias Obhut zurückbleiben. Ich wollte einfach bei ihr sitzen und sie streicheln, doch als ich mich ihr näherte und sie in sich zusammengerollt daliegen sah, den Schwanz über der Schnauze, kam sie mir auffallend still vor.
Vor Schreck blieb ich wie angewurzelt stehen. Als ich ihr schließlich über das weiße Fell strich, das immer noch so weich und voll war wie in ihrer Jugend, fühlte es sich schon nicht mehr so warm an. Sie war wenige Momente zuvor gestorben.
Meine Welt brach in sich zusammen. Muet war das letzte lebende Andenken an meine Tochter Elisabeth gewesen, ihr einziges Geschenk für mich. Und als ich über dieses kleine Geschöpf gebeugt dastand, sah ich in ihr all jene, die ich geliebt und verloren hatte. Ich spürte, wie mich das Gewicht meiner Kämpfe erdrückte, und das, was aus mir hervorbrach, war kein bloßer Schrei, sondern ein verzweifeltes Heulen.
Lucrezia und Anna-Maria stürzten herbei. »Nein«, hörte ich mich wimmern, »nicht meine Muet …« Lucrezia umarmte mich. Anna-Maria brach ebenfalls in Tränen aus. Als ich sie schluchzen hörte, drückte ich sie an mich, und eng umschlungen weinten wir wie Kinder.
Am Nachmittag hüllten wir Muet in eines meiner Schultertücher und trugen sie in die Tuilerien, wo die Gärtner sich plagen mussten, um die gefrorene Erde
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