Die florentinische Prinzessin
Teppich und Gestelle mit Hirschgeweihen an den Wänden.
Navarra wies auf einen Stuhl. Nachdem er zwei Kelche mit dampfendem Apfelmost eingeschenkt und mir einen gereicht hatte, fiel er gleich mit der Tür ins Haus: »Ich würde unsere Vereinbarungen gerne abschließen. Ich habe keine Lust, mein Leben noch länger durcheinanderbringen zu lassen, als das ohnehin schon geschehen ist. Sagt mir, weswegen Ihr gekommen seid, dann werde ich es Euch, wenn ich kann, gewähren.«
Von seinen offenen Worten aus dem Konzept gebracht, nippte ich an meinem Most. »Ich möchte eine Übereinkunft erzielen«, begann ich. »Wie ich glaube, teilen wir beide den gleichen Glauben an den Frieden.«
»Die Zeit ist also gekommen, die Vergangenheit ruhen zu lassen?«
»Wollt Ihr Euch über mich lustig machen?«
»Nicht im Geringsten. Aber Ihr seid nicht wegen des Friedens hier. Es geht Euch darum, einen Pakt zu schließen. Ihr wünscht Euch meine Bündnistreue und den Beistand meiner Truppen, falls Ihr sie gegen Guise benötigen solltet; im Gegenzug versprecht Ihr mir, dass ich in der Thronfolge bleibe. Ist das so richtig?«
Während er mich gelassen musterte und auf eine Antwort wartete, dämmerte mir, dass das rohe Potential, das ich in seiner Kindheit in ihm erkannt hatte, sich inzwischen entfaltet hatte. Ihm fehlte noch der Feinschliff, aber wenn er der bei jungen Königen üblichen Neigung, sich als Held aufzuspielen, widerstand, würde Navarra sich mit der Zeit zu einem herausragenden Herrscher entwickeln. Dieser Gedanke erregte und beunruhigte mich zugleich. Einerseits war er das perfekte Bollwerk gegen Guises Machenschaften, andererseits war er immer noch ein Ketzer.
Ich reckte das Kinn vor. »Ja, das ist richtig. Genau das ist der Grund meines Kommens.«
Er trat hinter sein Pult. »Ich danke Euch für Eure Offenheit. Aber was habe ich davon, wenn ich mich Euren Bedingungen unterwerfe, zumal ich nicht derjenige bin, der auf Blutvergießen aus ist.«
»Ihr werdet Guise in seine Schranken weisen. Ihr müsst dann nur noch …«
»Konvertieren?« Er schmunzelte. »Warum sollte ich das tun? Ihr wollt ja gar nicht, dass ich Frankreich erbe. Ihr sucht doch nur vorübergehend einen Retter, bis Euer Sohn einen Erben zeugt. Und dann werdet Ihr mich verleugnen.«
»Das ist nicht wahr!«, entgegnete ich. »Ihr habt keinen Begriff von all dem, was ich für Euch getan habe.«
»O doch«, widersprach er sanft. »Andere mögen behaupten, Ihr wäret von Eurem Machtstreben zerfressen, aber ich weiß, dass Ihr nur das tut, was Ihr für nötig haltet, um das Königreich für Eure Söhne zu bewahren. In dieser Hinsicht unterscheiden wir uns gar nicht so sehr, Ihr und ich – nur passen unsere Methoden nicht immer zusammen.«
Ich starrte ihn an. »Was meint Ihr damit?«
Er blickte mir eindringlich in die Augen. »Ich weiß, dass Ihr mir in jener Nacht das Leben gerettet habt. Ihr habt mich verschont und entkommen lassen. Damals habe ich nicht verstanden, warum ich überlebt habe, während so viele andere zu Tode kamen, aber jetzt ist es mir klar. Aus irgendeinem Grund sind wir, Ihr und ich, dazu bestimmt, dieses Spiel zu spielen. Das ist die Ursache, warum ich mit Eurer Tochter verheiratet bleibe und keine Annullierung beantragt habe. Aber wenn der Tag kommt, muss ein Mann für das einstehen, woran er glaubt, koste es ihn, was es wolle. Und ich muss mich zu meinem Glauben bekennen.«
Er drehte sich um und öffnete die Schublade seines Pults. »Außerdem würde meine Konversion nichts bewirken. Ihr müsst wissen, dass Guise von Spanien Geld für die Bildung einer katholischen Liga gegen mich angenommen hat.«
Er reichte mir das Fragment eines Dokuments. Jäh fuhr mir Angst in alle Glieder, und ich musste mich zwingen zu lesen.
Seine Hoheit, der Herzog, hat das Angebot Seiner Katholischen Majestät von fünfzigtausend Gold-Ecus zur Ausmerzung der Häresie akzeptiert. Eure Majestät kann vergewissert sein, dass der Herzog alles in seiner Macht Stehende tun wird, um zu verhindern, dass der Ketzer Navarra zum …
Der Rest war abgerissen. »Wie habt Ihr das erlangt?« Es gelang mir nicht, das Zittern in meiner Stimme zu verbergen.
»Meine Patrouillen fangen bisweilen an der Grenze feindliche Kuriere ab. Und in ihren Satteltaschen stecken wirklich hochinteressante Dinge. Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, was die Leute alles einem Fremden anvertrauen. Leider konnte dieser eine Kurier mit dem Rest der Sendung entkommen.« Er grinste. »Aber
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