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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Konflikte satt. Hätte ich die Wahl, würde ich nie wieder Krieg führen.«
    Während er mit dem neu aufgefüllten Kelch zu mir zurückkehrte, schoss mir in den Sinn, was für eine Ironie des Schicksals es war, dass dieser Mann, der den Thron nur dann besteigen konnte,wenn meine Söhne versagten, womöglich all das verkörperte, was Frankreich zu geben ich mich mein Leben lang abgemüht hatte. Hatte Nostradamus am Ende doch recht gehabt? Hatte ich ihn gerettet, weil er tatsächlich mein Erbe war?
    Jetzt hatte die Stunde der Wahrheit geschlagen. Ich stand davor, meinen letzten und alles entscheidenden Schachzug zu machen.
    »Ihr braucht nicht in den Krieg zu ziehen«, sagte ich schließlich. »Konvertiert zu unserem Glauben, und Ihr habt den Zank beendet. Einen katholischen Thronfolger, was Ihr zwangsläufig sein werdet, kann Guise nicht mehr bekämpfen. Eure Glaubensbrüder werden Euch vergeben, denn Ihr werdet immerhin Frankreich erben.«
    Er schmunzelte. »Kann es sein, dass all das, was über Euch gesagt wird, am Ende doch wahr ist und die Religion Euch nichts bedeutet, sobald die Krone auf dem Spiel steht?« Sein Grinsen erstarb. »Es bleibt bei meiner Ablehnung. Ich werde nicht konvertieren. Wenn Ihr nichts anderes zu sagen habt, ist der Krieg leider unvermeidlich.«
    Ich stellte meinen Kelch auf den Seitentisch, erhob mich und trat mit bedächtigen Schritten ans Fenster. Draußen legte sich die frühe Abenddämmerung des Winters über das gefurchte Land wie eine riesige Decke. Ich spürte die Nacht in meinem Herzen und tief in meinen Knochen. Die Zeit lief ab. Ich hatte seine Antwort, und es war die Antwort, mit der ich gerechnet hatte. Ich konnte nicht länger zögern.
    »Und was, wenn ich Euch seinen Tod biete?«, fragte ich, ohne mich zu ihm umzudrehen. »Würde Euch das befriedigen? «
    Ich hörte den Holzsaft im Kamin knistern. Ich wartete angespannt. Als er endlich ein Seufzen ausstieß, blickte ich über die Schulter. Schatten flackerten über seine Züge.
    »Ihr wisst, dass ich dazu imstande bin«, fügte ich hinzu. »Das habe ich schon ein Mal getan.«
    Seine Lippen zuckten. Er stellte seinen Kelch auf dem Kaminsims ab und postierte sich mit verschränkten Armen vor dem Feuer. In die Flammen starrend, erklärte er mit tonloser Stimme: »Coligny ist in jener Nacht eines entsetzlichen Todes gestorben. Meine Glaubensbrüder sind auf unglaublich grausame Weise gestorben. Ich dachte, ich würde ebenfalls umkommen. Ich hörte die Schreie und sah meine Männer kämpfen, als Guises Soldaten auf uns losgingen. Wäre Margot nicht gewesen …« Er richtete die Augen auf mich. »Er verdient es. Er hat im Blut der Hugenotten gebadet.«
    Ich hielt seinem nachdenklichen Blick stand.
    »Na schön«, sagte er leise. »Ich willige ein. Wenn Ihr mir Guise gebt, werde ich Euren Sohn verteidigen. Und wenn die Zeit kommt, wird Frankreich einen Verfechter seiner Interessen in mir finden, einen, der stets nach Toleranz und Frieden streben wird, ohne darauf zu schauen, wen meine Untertanen anbeten möchten.«
    Ich spürte, wie der aufgestaute Atem aus meiner Lunge entwich. »Dann muss es fürs Erste nach außen so aussehen, als wären wir Feinde. Ihr rüstet hinter meinem Rücken für den Krieg. Guise wird davon hören und zuschlagen. Aber Ihr dürft weder in Paris einrücken noch den Versuch unternehmen, Henris Thron an Euch zu reißen. Begeht die Tat und kehrt in Euer Königreich zurück. Überlasst den Rest mir.«
    Er sah mir in die Augen. Die Stille zwischen uns füllte sich mit Erinnerungen. Ich sah ihn wieder so, wie er am Vorabend der Hochzeitsfeier meines Sohnes François gewesen war: ein wachsames Kind mit wissendem Blick. Ich hatte erneut die Blutnacht vor Augen, als er an Charles’ Seite gedrückt lag, einen Dolch an der Kehle; und ich vergegenwärtigte mir die Nacht seines Entkommens, als er durch unser vom Krieg geschundenes Land seiner Zuflucht in den Bergen entgegenritt. In jeder seiner Inkarnationen hatte ich ihn vor Augen, vom Kind über den Heranwachsenden bis hin zum Mann. Und ich wusste ohne einen Schatten des Zweifels, dass unser Schicksal vorherbestimmt war.
    Wir waren wahrhaftig die zwei Hälften eines Ganzen.

    Nachdem ich Henri detaillierte Anweisungen gesandt hatte, packte ich meinen Mantelsack für die Rückreise nach Paris. Am Tag vor dem Aufbruch traf ein Kurier mit einer dringenden Botschaft ein. Ich riss das Schreiben auf und konnte beim Lesen ein Gefühl von Genugtuung nicht unterdrücken. So

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