Die florentinische Prinzessin
bedeckt wurde, anstatt nur mit lausigen Matten, und ließ die gesamte Wäsche dreimal die Woche waschen. Ich argwöhnte, die Pest werde durch Schmutz verbreitet; vor allem ekelte es mich vor Ratten, und ich zahlte gutes Geld, um unsere Küchen, Ställe und Remisen mit Katzen zu bestücken.
Als ich von einem Doktor hörte, der die pestverseuchten Gebiete bereiste und die Kranken mit Pillen behandelte, die er aus Rosenblättern herstellte, wurde ich sofort neugierig. Michel de Nostradamus, sagte man mir, sei ein konvertierter Jude, der ein Traktat über die Bekämpfung der Pest verfasst habe. Er habe seine Frau verloren und lebe nun in der Provence; zu meiner Überraschung wurde er ebenfalls für einen begabten Hellseher gehalten.
»Ich will ihn an den Hof einladen«, sagte ich zu Henri.
Er lag auf einer Couch, während unser Leibarzt, Ambrose Paré, seinen Schenkelverband erneuerte. Er hatte sich bei einem Übungsgefecht eine Fleischwunde zugezogen, die sich entzündet hatte. Mein Gemahl biss die Zähne zusammen und ertrug es tapfer, dass Paré eine Schicht Salbe auflegte und das Bein mit einer frischen Leinenbinde umwickelte.
»Michel de Nostradamus ist Arzt«, erklärte ich. »Er kann Docteur Paré bei der Behandlung Eures Beines helfen.«
Paré blickte mit müder Dankbarkeit zu mir auf. Henri war kein geduldiger Patient. Er hasste es, untätig zu sein, und hatte die Wunde schon zweimal wieder aufgerissen, weil er unbedingt hatte reiten müssen.
»Wenn er helfen kann, nichts wie her mit ihm«, knurrte mein Gemahl. »Ich habe langsam genug von diesen Salben und Verbänden.«
»Danke.« Ich küsste ihn auf die Stirn und ging, einen Boten zu entsenden.
Wochen vergingen ohne Antwort. Im Herbst siedelten wir wie gewöhnlich um in unser Château Blois, einen Stein- und Ziegelbau im Loire-Tal, wo ich meine Gemächer mit neuen Täfelungen und Wandteppichen ausgestattet hatte. Hier verbrachte ich Stunden um Stunden damit, Ordnung in meine Haushaltsangelegenheiten zu bringen.
Eines Nachmittags kam ohne Vorwarnung Michel de Nostradamus hereinspaziert. Ich blickte auf und staunte. Er war von hohem Wuchs, ansonsten aber eher unauffällig. Er trug die schwarze Robe und spitz zulaufende Kappe der Ärzte, und sein hageres Gesicht war halb von einem grauen Bart verdeckt. Er wirkte wie ein müder alter Kaufmann, als er sich vor mir verneigte. Als er die Augen zu mir hob, sah ich, dass sie braun waren, stechend und traurig – Augen voll unendlicher Weisheit und schmerzlicher Zärtlichkeit.
»Eure Hoheit«, begann er mit Grabesstimme, »ich komme aus Fontainebleau. Man sagte mir, Ihr wäret hier.« Obwohl er sein Missvergnügen in keiner Weise äußerte, war deutlich herauszuhören, dass ich ihm Reisekosten verursacht hatte, die er sich kaum leisten konnte.
Ich schenkte ihm ein warmes Lächeln, denn ich spürte, dass heuchlerische Worte ihn nicht besänftigen würden. »Ich bedaure die Unannehmlichkeit, aber Ihr habt meinen Brief nie beantwortet. Wie hätte ich wissen können, dass Ihr vorhattet, mich zu besuchen?«
Er unterließ es, den Blick zu senken. »Ich nahm an, Ihr wolltet mich so bald wie möglich sehen. Ihr sagtet, Seine Majestät habe eine offene Wunde. Da brauchte es keine lange Erwiderung. « Er hielt inne. »Hat er die Wunde noch immer?«
Ich nickte und musterte die ausgefransten Ärmel über seinen großen, knochigen Handgelenken. Er sah aus, als sei er den ganzen Weg nach Blois in dieser schwarzen Robe gelaufen.
»Habt Ihr kein Gepäck?«, wollte ich wissen.
»Ein Bündel. Ich ließ es bei dem Wächter draußen. Sollen wir nun zum König gehen?«
Ich nickte, im Begriff aufzustehen, als der Raum um mich her versank. Just in dem Augenblick war die Gabe, die ich so lange nicht gespürt hatte, in mir erwacht. Als ich mich an meinem Schreibtisch festhielt, hörte ich ihn sagen: »Ihr wisst, warum ich gekommen bin.« Ich begegnete seinem Blick. Er stand gelassen da, als sei gar nichts geschehen.
Dieser fremde Mann war an den Hof gekommen, um mir etwas mitzuteilen.
»Wir werden uns bald zu Seiner Majestät begeben«, sagte ich und winkte meine Damen hinaus, obwohl das unüblich war. Ich war die Königin; ich hatte diesen Mann noch nie gesehen. Es hätte genauso gut ein Verrückter sein können.
Ich führte ihn in mein privates Kabinett, einen kleinen Raum mit verglastem Fenster, vergoldeten Tischen und Stühlen und einem hübschen Kamin. Die Wände hatte ich mit duftendem Zedernholz täfeln lassen, mit
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