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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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nach Luft. Da die Kugel seinen linken Lungenflügel durchbohrt hatte, ertrank er langsam in seinem eigenen Blut. Mich nahm er schon gar nicht mehr wahr. Er lag im Delirium. Auf einem Hocker neben dem Bett saß seine Frau, deren stolze Schönheit angesichts ihrer bevorstehenden Witwenschaft deutlich gelitten hatte. Sie hielt fest die Hand ihres Sohnes umklammert, ein Junge, nicht viel älter als mein Charles, der bald den Titel seines Vaters erben würde. Sein fein geschnittenes Gesicht, das vom Rauchblau seiner Augen akzentuiert wurde, verzerrte sich jäh vor Schmerz, als der Arzt murmelte: »Ich fürchte, die Stunde naht.«
    Der junge Guise blickte mich an. In seinem gequälten Ausdruck erkannte ich den Kampf darum, die von ihm geforderte Reife aufzubringen, aber seine Züge drückten auch noch etwas anderes aus, etwas für einen so jungen Menschen viel zu Finsteres. »Eure Hoheit, dürften wir diesen Augenblick allein verbringen, damit wir uns von meinem Vater verabschieden können?«, sagte er mit vor Trauer brüchiger Stimme.
    »Natürlich.« Ich wich zurück. In der Tat hatte ich das Gefühl zu stören. Ich spürte die Augen der untröstlichen Mutter und des Sohnes auf mir, die beide wussten, wie sehr ich den Herzog verabscheute und seinen Tod herbeisehnte. Für sie war sein Tod ein Abgrund. Für mich bedeutete er Freiheit. »Ihr müsst nach mir senden, wenn …«, begann ich zögernd, doch Madame de Guise zischte: »Seht zu, dass Coligny, dieser feige Mörder, für sein Verbrechen büßt!«
    Ich zog mich in einen Pavillon aus Segeltuch zurück. Dort hatte Lucrezia bereits heißen Wein für uns vorbereitet. Während sie sich vor dem Eingang aufbaute, um Wache zu halten, hielt ich mit Birago Rücksprache. »Was habt Ihr herausgefunden? «
    Er seufzte. »Alle singen das gleiche Lied. Le Balafré wurde von einem seiner eigenen Diener in den Rücken geschossen, einem gewissen Poltrot de Méré, einem abtrünnigen Hugenotten, der zu unserer Streitmacht übergelaufen ist. Unter Folter hat er gestanden, dass Coligny ihn angeworben hat, damit er unsere Reihen unterwandert und le Balafré ermordet.«
    Meine Finger krampften sich um den Kelch. »Ist das Geständnis glaubwürdig?«
    »Soweit das bei derlei Verhören möglich ist. Sie haben Méré ausgepeitscht, bis ihm das Fleisch in Fetzen herunterhing. Er wird nur noch lange genug durchhalten, um die Demütigung einer Hinrichtung zu erleben. Plant Ihr etwa …?«
    »Natürlich. Er hat le Balafré erschossen. Dafür muss er sterben. « Ich hielt inne. »Es gibt keine anderen Beweise?«
    »Wenn Ihr Zeugen oder Dokumente meint, nein. Coligny leugnet allerdings jede Beteiligung. Er hat verlauten lassen, dass Méré die Tat allein verübt hat.«
    »Gott sei Dank«, flüsterte ich, bevor ich nachdenken konnte. Als ich Biragos Stirnrunzeln bemerkte, fügte ich eilig hinzu: »Méré ist ein Überläufer. Es ist gut möglich, dass er auch ein Lügner ist, der nun versucht, die Schuld auf Coligny abzuwälzen. Man kann ihm nicht trauen.«
    Birago bedachte mich mit einem schiefen Lächeln. »Diese neu entdeckte Arglosigkeit steht Euch nicht.«
    Damit hatte er zum ersten Mal darauf angespielt, dass er von meinem Geheimnis wusste. Erschrocken prallte ich zurück. Ich wollte sein Urteil nicht hören. Ich wollte nicht, dass das, was ich mit Coligny erlebt hatte, durch seine harten Wahrheiten verunglimpft wurde.
    »Ihr maßt Euch zu viel an«, gab ich steif zurück. »Ich bin nicht arglos. Ich weiß nur, dass Coligny so etwas nicht tun würde. Er ist ein Ehrenmann; ein Hugenotte, das ja, aber kein Verbrecher. Dieser Mord war eine feige Tat.«
    Birago seufzte. »Überlegt doch nur: Die Belagerung ist zu Ende. Die Hugenotten sitzen in der Falle. Le Balafré sendet ihnen die Bedingungen für die Kapitulation. Coligny akzeptiert sie. Und am nächsten Morgen wird le Balafré erschossen. Meiner Meinung nach ist das kein Zufall. Coligny stand davor, alles zu verlieren, wofür er gekämpft hat.«
    Ich starrte ihm in die Augen. »Das glaube ich nicht. Nicht er. Das ist einfach nicht seine Art.«
    »Ihr kennt seine Art nicht mehr, Madama.« Birago trat dicht an mich heran. »Er hat sich die Sache der Hugenotten zu eigen gemacht und ist gegen uns in den Krieg gezogen. Ihr müsst Euch von ihm distanzieren. Er kann hier nicht empfangen werden, solange sein Name nicht rehabilitiert ist. Geschieht das nicht, müsst Ihr ihn als Verräter verurteilen und der Gerechtigkeit Genüge tun.«
    Das wollte ich

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