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Die Flotte von Charis - 4

Die Flotte von Charis - 4

Titel: Die Flotte von Charis - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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glaube ich, anhand dessen, was mir meine Quellen in Clyntahns Büro berichten konnten, dass die Interpretation von Nahrmahns Handeln, die der Großinquisitor vorgelegt hat, weitestgehend zutreffend ist, wie auch immer es nun um die eigentlichen Motive des Prinzen bestellt sein mag.
    Die zweite Nachricht stammt aus Ferayd, im Königreich Delferahk. Es ist meinen Quellen gelungen, eine vollständige Abschrift der ursprünglichen Semaphorenbotschaft zu erhalten, und diese Botschaft entspricht nicht gänzlich dem, was Clyntahn den anderen Dreien berichtet hat. Laut der Original-Botschaft ist aus dem Versuch, die charisianischen Galeonen zu beschlagnahmen, ein Blutbad geworden, nachdem ein Angehöriger eines der Enterkommandos eine Frau erschossen hat, die sich lediglich mit einer Belegklampe bewaffnet hatte. Laut dieser Depesche besteht keinerlei Zweifel daran, dass die Delferahkaner diejenigen waren, die das Feuer eröffnet haben, und dass ihr erstes Opfer eine Frau war, deren einziges ›Verbrechen‹ darin bestanden hat, diese Truppen davon abzuhalten, das Schiff ihres Gemahls zu entern.«
    Wylsynns Miene war sehr düster, seine Augen fast schon trübe, und er spürte, dass seine Zuhörer den gleichen Zorn verspürten.
    »Nachdem die Charisianer begriffen hatten, dass sie angegriffen wurden, und sich entsprechend zur Wehr setzten, wurde es noch schlimmer«, erklärte er ihnen. »Tatsächlich haben, laut diesem Schreiben von Pater Styvyn, nur vierzehn Charisianer diesen Angriff überlebt − sie wurden durch die Inquisition in Gewahrsam genommen.«
    »Nur vierzehn, Euer Durchlaucht?«, fragte eine Stimme. Das Entsetzen in Erzbischof Zhasyn Cahnyrs Stimme spiegelte sich auch in seiner Miene wieder, und Wylsynn nickte.
    »Leider ja, Zhasyn«, sagte er schweren Herzens. »Selbst in einer persönlichen Nachricht an Clyntahn wollte dieser Pater Styvyn sich nicht übermäßig deutlich ausdrücken, aber eigentlich besteht überhaupt kein Zweifel mehr. Die delferahkanischen Truppen haben praktisch jeden Charisianer niedergemetzelt, den sie nur in die Finger bekommen konnten − und aufgrund der äußerst behutsamen Wortwahl, derer sich ›Pater Styvyn‹ befleißigt hat, bin ich mir recht sicher, dass seine Truppen ›außer Kontrolle geraten‹ sind, weil er und seine Schueleriten-Kollegen sie unablässig angestachelt haben.«
    Wylsynn selbst trug das Symbol des Schueler-Ordens, und die Scham, die in seiner Stimme mitschwang, ließ sie noch tonloser klingen, als es sonst vielleicht der Fall gewesen wäre.
    »Möge Gott ihrer Seelen gnädig sein«, murmelte Vikar Gairyt Tanyr.
    »Amen«, pflichtete Wylsynn seinem Kollegen bei und senkte das Haupt. Einen Augenblick lang herrschte völlige Stille, die der Herbststurm, der mit unverminderter Wucht die Außenmauern der Kirche peitschte, nur noch zu verstärken schien.
    »Niemand im Offizium der Inquisition wird zugeben, was dort wirklich geschehen ist. Tatsächlich hat Clyntahn noch nicht einmal seinen drei Kollegen die ganze Wahrheit berichtet. Ich weiß noch nicht, warum. Vielleicht scheut er Duchairns Reaktion darauf. Auf jeden Fall wird die offizielle Position von Mutter Kirche lauten, die Charisianer hätten die Delferahkaner provoziert, die doch nur versucht haben, friedlich an Bord zu gehen und die Schiffe zu ›beschlagnahmen‹. Es war also die Schuld der Charisianer, dass es überhaupt zu Kampfhandlungen gekommen ist, und dass sie dann Widerstand geleistet haben, war ganz offensichtlich die Folge ihrer ketzerischen Zurückweisung jeglicher legitimen Autorität von Mutter Kirche, die Beschlagnahmung ihrer Schiffe überhaupt anordnen zu dürfen. Außerdem hat Clyntahn die Absicht, die Verluste unter den Delferahkanern gewaltig zu übertreiben und gleichzeitig die Anzahl der toten Charisianer herunterzuspielen.«
    Irgendjemand murmelte etwas fast Unverständliches, das − dessen war sich Wylsynn recht sicher − eigentlich nicht recht zum hohen kirchlichen Rang des betreffenden Sprechers passte.
    »Zusätzlich«, fuhr er dann fort, »gibt es einen Grund, weswegen sie sich so beeilen, ›ihre Fassung‹ der Ereignisse zu verkünden. Es sieht ganz so aus, als wären zumindest einige Charisianer entkommen − tatsächlich muss eine der Galeonen ein schwer bewaffneter Freibeuter gewesen sein; zumindest lässt der gewaltige Schaden das vermuten, den es bei seiner Ausfahrt aus dem Ferayd-Sund angerichtet hat. Das bedeutet, es wird nicht mehr lange dauern, bis Charis auch seine

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