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Die Flotte von Charis - 4

Die Flotte von Charis - 4

Titel: Die Flotte von Charis - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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aufgrund ihrer Nähe zum Tempel bei der Mehrheit der Rechtgläubigen fast in Vergessenheit geraten, und so blieb sie fast immer verwaist, schlummerte im Schatten ihrer größeren, neueren und angeseheneren Brüder und Schwestern. Tatsächlich schienen die meisten gänzlich zu vergessen, dass es sie überhaupt gab, und genau das machte sie für die Ziele der Männer so angemessen, die sich nun in ihrem Inneren versammelt hatten, dem strömenden Regen zum Trotze.
    Der letzte Besucher traf ein, trat durch die schwere Holztür und durchquerte den kleinen Vorraum des Gotteshauses. Seinen Umhang reichte er einem bereits auf ihn wartenden Unterpriester, sodass die orangefarbene Soutane eines Vikars der Kirche des Verheißenen zum Vorschein kam; dann betrat er forschen Schrittes das eigentliche Kirchenschiff. Der nachhaltende Duft von Jahrhunderten Weihrauchs, Kerzenwachses und der Druckerschwärze der Gebets- und Gesangbücher begrüßte ihn fast zärtlich, trotz der feuchten, herbstlichen Kälte, die selbst hier deutlich zu spüren war, und so sog er den Duft von Mutter Kirche tief in seine Lungen.
    Etwas mehr als zwanzig Männer erwarteten den Bischof schon. Die meisten trugen die gleiche orangefarbene Soutane wie er, doch es gab auch einige andere, die in die deutlich bescheideneren Gewänder von Erzbischöfen und Bischöfen gehüllt waren. Sogar einige einfache Unterpriester waren anwesend, und sie alle wandten sich zu ihm um, als er in ihre Mitte trat.
    »Ich bitte um Verzeihung, Brüder«, sagte Vikar Samyl Wylsynn mit seiner tiefen, volltönenden Stimme, die wunderbar zu seiner priesterlichen Berufung passte; mühelos übertönte sie das Prasseln des Regens, der unablässig auf das Schieferdach und gegen die Buntglasfenster der Kirche trommelte. »Ich hatte einen unerwarteten Besucher, gerade als ich aufbrechen wollte − es ging aber nur um reine kirchliche Routineaufgaben.«
    Zahlreiche der anderen Männer sogen in sichtlicher Anspannung die Luft ein, als sie hörten, dass es um einen unerwarteten Besucher ging, doch als Wylsynn seinen Satz dann beendete, war erleichtertes Aufatmen zu hören. Ihre Reaktion brachte den Vikar dazu, die Lippen zu einem schiefen Grinsen zu verziehen, dann deutete er mit einer Hand auf die vordersten Sitzbänke der Kirche.
    »Ich denke, nun sollten wir uns um unsere Aufgaben kümmern, nun, da auch dieser Spätankömmling eingetroffen ist«, sagte er. »Es würde uns nur schwerlich gelingen zu erklären, was wir alle hier an einem solchen Abend treiben, falls zufälligerweise jemand vorbeikommen sollte.«
    Wie er es beabsichtigt hatte, betonten seine Worte die Dringlichkeit dieses Zusammentreffens, und so nahmen die anderen rasch in den Bänken Platz, auf die er gewiesen hatte. Er selbst ging zu dem Geländer hinüber, der das Allerheiligste umschloss, kniete kurz vor den traditionellen Mosaiken der Erzengel Langhorne und Bedard nieder, erhob sich dann wieder und wandte sich erneut den in dieser Kirche Versammelten zu.
    »Zunächst einmal«, sagte er ernst, »gestattet mir bitte, bei Euch um Verzeihung zu bitten, Euch so kurzfristig hierherbestellt zu haben. Und auch dafür, Euch gebeten zu haben, überhaupt einem unplanmäßigen Zusammentreffen beizuwohnen. Wir alle wissen nur zu gut, welche Risiken derartige improvisierte Treffen in sich bergen, aber ich denke, es ist unabdingbar, dass wir und alle anderen Mitglieder des ›Kreises‹ über die neuesten Entscheidungen der ›Vierer-Gruppe‹ informiert werden.«
    Niemand sonst sprach ein Wort, und er konnte fast körperlich spüren, wie die Blicke der anderen auf ihm ruhten.
    »Sie reagieren auf zwei neue jüngst eingetroffene Nachrichten«, fuhr er fort. »Die eine stammt aus Emerald und legt den Schluss nahe, dass Prinz Nahrmahn sich dafür entschieden hat, sich mit König Cayleb und der ›Kirche von Charis‹ zusammenzutun. Ob er das aus tiefster Überzeugung getan hat oder aus der pragmatischen Überlegung, auf diese Weise sein Leben retten zu können, vermag im Augenblick niemand hier in Zion zu sagen. Zu meiner eigenen Überraschung muss ich gestehen, dass ich selbst eher zu der Ansicht neige, es gehe hier tatsächlich um echte Überzeugungen − oder zumindest um beide Aspekte gleichermaßen. Zu dieser Einschätzung komme ich nicht zuletzt wegen eines Gesprächs mit dem jüngeren Bruder des Grafen Pine Hollow, aber ich betone noch einmal, dass dies im Augenblick doch nicht mehr als nur meine Meinung ist. Dessen ungeachtet

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