Die Flotte von Charis - 4
Geschäftsmann … und zu fünfzehn Prozent auch Eigner der Raptor. Rache für kaltblütige Morde zu nehmen war das eine, und er wollte niemandem vormachen − nicht einmal sich selbst −, dass es ihm nicht auch genau darum ging. Aber diese Rache war bereits auf dem Weg nach Ferayd − in Gestalt von Admiral Rock Island und seiner Flotte. Schon bald sollte er dort eintreffen, und in der Zwischenzeit wollten auch Rechnungen bezahlt sein.
Das Ziel der Warhammer fiel allmählich hinter seine Schwesternschiffe zurück, als die Verwirrung unter den Ruderern immer weiter zunahm. Das ist eines der Probleme mit Galeeren, ging es Shaikyr mit grimmiger Befriedigung durch den Kopf. Ein Segel zu verlieren oder, noch schlimmer, einen Mast konnte ernstliche Konsequenzen für jede Galeone haben, doch bei einer Galeere war man auf die zeitlich genau abgestimmte, sorgsam gesteuerte Zusammenarbeit von im wahrsten Sinne des Wortes Hunderten von Ruderern angewiesen. Bei einem Schiff wie dem, das die Warhammer gerade jagte, bedienten vielleicht jeweils vier oder fünf Mann ein Ruder, während bei einer der größeren charisianischen Galeeren bis zu zehn Mann an einem Ruder sitzen konnten. Die Hälfte blickte dabei zum Heck des Schiffes und schob, die anderen Männer saßen so, dass sie in Richtung des Bugs blickten; sie pullten. Selbst unter Idealbedingungen konnte es schwierig werden, so viele Männer gleichzeitig und als eingespielte Mannschaft zur Arbeit zu bewegen.
Wenn allerdings Kanonenkugeln von fünf Zoll Durchmesser plötzlich blutige Schneisen in die Reihen der Ruderer rissen und messerscharfe Holzsplitter mit Urgewalt in alle Richtungen schleuderten und dafür sorgten, dass selbst noch Unverwundeten plötzlich das Blut anderer entgegenspritzte, die noch vor einem Herzschlag mit ihnen am gleichen Ruder gesessen hatten, dann war nicht einmal mehr daran zu denken, die Ruder noch weiter geordnet bedient zu wissen.
Weitere Kanonen tosten, als sich die Sea Kiss im Kielwasser der Windcrest auf die Handelsschiffe stürzte, und Shaikyr fletschte die Zähne, als eine der Galeonen − eines der Schiffe, für das bislang noch nicht einmal Gefahr bestanden hatte, unter Beschuss genommen zu werden − plötzlich die Schoten schießen ließ, sodass ihr jeglicher Wind aus den Segeln genommen war − ein eindeutiges Zeichen der Kapitulation.
»Ich glaube, wir sind fast in Reichweite, der Warhammer ein wenig zur Hand zu gehen, Hahl«, merkte er an.
»Ich glaube, Sie haben recht, Sir.« Urbahn erwiderte das Lächeln seines Kommandanten und führte zum ironischen Salut die rechte Hand an die linke Schulter. »Ich gehe dann mal zum Schützen hinüber und mache ihn darauf aufmerksam. Einverstanden, Sir?«
»Das halte ich für eine ausgezeichnete Idee«, stimmte Shaikyr ihm zu und blickte seinem Ersten Offizier hinterher, der nun zum Vorderdeck der Galeone eilte, auf der einer der Schützen der Raptor sich mit den Buggeschützen befasste.
Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Geleitzug, der hier seine Prise darstellte. Der Zug bestand nur aus sechs Galeonen, und das bedeutete, dass Shaikyr genug Freibeuter zur Verfügung standen, um sie alle einzuholen, und mit den beiden überzähligen Schiffen konnte er sich auch noch um die noch verbliebenen Galeeren kümmern. Normalerweise hätte Shaikyr − so wie jeder vernünftige Freibeuter − es vorgezogen, die Galeeren einfach zurückzulassen, sobald sie angeschlagen genug waren, ihm nicht mehr in die Quere zu kommen. Heutzutage war eine Galeere einfach nicht mehr sonderlich viel wert. Sie hatten keine wertvolle Fracht an Bord, und kein charisianischer Admiral, der auch nur halbwegs bei Sinnen war, würde ernstlich darüber nachdenken, seine Flotte um eine gekaperte Galeere zu erweitern. Das bedeutete, mit Prisengeldern war hier praktisch nicht zu rechnen, und selbst die delferahkanische Artillerie konnte zumindest einiges an Schaden anrichten − und vor allem einige Opfer fordern.
Doch in diesem Falle hatte Shaikyr wirklich die Absicht, diese Galeeren endgültig zu erledigen − und die Vorstellung verschaffte ihm immense Befriedigung. Nach dem, was sich in Ferayd ereignet hatte, war er ohnehin genau dazu geneigt gewesen. Dass Kaiser Cayleb allerdings Truppen der Krone dafür abgestellt hatte, bei diesen Maßnahmen gegen Delferahk Unterstützung zu leisten, und dass die Krone den Freibeutern auch ›Kopfgeld‹ für die Mannschaften gekaperter oder zerstörter Kriegsschiffe
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