Die Flotte von Charis - 4
dann ist er so in etwa der einzige Jugendliche in ganz Tellesberg, den sie überhaupt in Erwägung ziehen könnte. Und so schlecht sieht er ja nun auch nicht aus! Wenn ich ihn mir so ansehe, begreife ich auch langsam, was Prinzessin Ohlyvya an seinem Vater findet, auch wenn es Nahrmahn dem Älteren nicht schaden würde, ein wenig abzunehmen. Ungefähr die Hälfte seines Gesamtgewichts, würde ich sagen.«
»Du lieber Gott, das ist ja wirklich dein Ernst!« Nun war es an Cayleb, den Kopf zu schütteln. »In mancherlei Hinsicht könnte das sogar eine recht günstige Partie sein.«
»Ich kann es wirklich nicht ausstehen, so kaltblütig in Dynastien zu denken, Cayleb«, gab Sharleyan deutlich ernsthafter zurück, »aber so günstig es auch sein mag, ich muss doch annehmen, dass sich für Zhanayt schon bald eine sogar noch günstigere Partie anbieten wird.«
»Ach ja?« Mit gehobenen Augenbrauen blickte er sie an, und sie fächelte sich anmutig Luft zu.
»Schon die Heirat von Zhan und Mahrya wird das Haus Ahrmahk und das Haus Baytz fest miteinander verbinden«, begann sie. »Ich halte Nahrmahn den Jüngeren tatsächlich sogar für einen recht angenehmen jungen Mann, aber ich glaube nicht, dass wir Zhanayt als Prinzgemahlin auf den Thron von Emerald bringen müssen, um uns dessen zukünftiger Treue der kaiserliche Krone gegenüber zu versichern. Er ist helle genug im Kopf, um die Vorteile davon zu sehen, und bis er den Thron übernimmt, wird Emerald schon seit Jahrzehnten Teil des Kaiserreichs sein, und er und seine Familie werden tief in die Regierungsgeschäfte involviert sein und sich zur Gänze darauf konzentrieren. Ich glaube nicht, dass er auch nur im Mindesten ein Motiv haben oder eine Neigung dazu entwickeln wird, irgendetwas anderes zu sein als ein treuer Verfechter der Krone. Aber bei Corisande sieht die Lage gänzlich anders aus. Um ganz offen zu sein, von Hektors Haus würde ich keinem Angehörigen auch nur so weit trauen, wie ich eine dieser neuen Geschütze von Baron Seamount werfen könnte. Zwischen Corisande und dem Hause Ahrmahk − und auch dem Hause Tayt − hat es zu viel Blutvergießen gegeben. Und Corisande wird sich nicht friedfertig und bereitwillig in das Kaiserreich integrieren lassen. Ich weiß ja nicht, wie du darüber denkst, aber vor diesem Hintergrund könnte ich niemals einem von Hektors Kindern vertrauen, geschweige denn Hektor selbst.«
»Ich fürchte, ich muss dir recht geben«, gestand Cayleb ein, und seine Nasenflügel bebten. »Tatsächlich hat mir dieser Gedanke auch schon den einen oder anderen Albtraum beschert. Ich habe wirklich nicht die geringste Lust, sämtliche nur denkbaren Thronprätendenten von Corisande abschlachten zu lassen, aber ich bin mir wirklich nicht sicher, ob es ausreichen wird, einfach nur Hektor von diesem Thron zu stoßen, seine Kinder aber am Leben zu lassen, sodass sie sich in Intrigen und Ränken gegen uns ergehen können − oder sich zu Handlangern von irgendjemandem machen lassen … zum Beispiel Zahmsyn Trynair oder Zhaspahr Clyntahn.«
»Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass das nicht ausreichen wird«, gab Sharleyan rundweg zurück. »Ich bin genauso wenig geneigt wie du, irgendwelche Kinder umbringen zu lassen, bloß weil sie irgendwann in der Zukunft eine Gefahr darstellen könnten, aber es bleibt nun einmal dabei, dass wir hier eine schwere Verantwortung tragen. Und diese Verantwortung endet nicht damit, dass wir Hektor einen Kopf kürzer machen. Genau deswegen habe ich ja auch an Zhanayt gedacht.«
»In welche Richtung genau?«, fragte Cayleb nach, doch sein Tonfall verriet, dass er Sharleyans Gedanken schon recht gut folgen konnte.
»Was wir tun müssen, ist Folgendes: Wir müssen irgendeinen corisandianischen Adeligen finden, der in Corisande hinreichend beliebt ist, um zumindest eine Chance zu haben, nach und nach die öffentliche Meinung auf seine Seite zu ziehen und sich als unser Vasall und als Prinz von Corisande gleichermaßen akzeptieren zu lassen. Der dabei aber schlau genug ist − oder zumindest pragmatisch genug − zu begreifen, dass wir ihn keinesfalls überleben lassen werden, wenn er kein wirklich treuer Vasall ist. Und dann werden wir ihn so eng an uns binden müssen, wie das nur möglich ist. Und das könnte sehr gut bedeuten …«
Sie gestattete sich, diesen Satz nicht zu beenden, und Cayleb nickte. Doch allzu glücklich wirkte dieses Nicken nicht.
»Ich verstehe, worauf du hinaus willst«, räumte er ein. »Aber ich
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