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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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an diesem turbulenten Morgen noch nicht gezeigt hatte. Marie, die junge Adelheid nach dem unerklärlichen Zornesausbruch des Ritters tröstend in den Armen haltend, schaute sich um. Tatsächlich– Regino fehlte.
    » Vielleicht kundschaftet er den weiteren Weg aus « , meinte sie. Ihre Stimme klang jedoch besorgt, denn bei all dem Trubel des gestrigen und auch heutigen Tages hatte sie gar nicht mehr an Vitus Fips gedacht, der ihnen gewiss nach wie vor auf den Fersen war und noch immer ein Hühnchen mit Regino zu rupfen hatte. Dem Pfeifer war doch wohl nichts zugestoßen?
    » Elisabeth! « , entfuhr es nun Adelheid, und sie entwand sich im Nu Maries Umarmung, um zu dem Lager der Freundin zu eilen, welches leer war und ebenfalls nicht den Eindruck erweckte, in dieser Nacht genutzt worden zu sein. Denn abgesehen davon, dass Elisabeths persönliche Habe fehlte, waren das zurückgelassene Fell und die Wolldecke mit Raureif überzogen. Das gleiche Bild bot sich, als Marie und Anna Reginos Schlafplatz in Augenschein nahmen.
    » Er ist tatsächlich fort « , sagte Marie staunend.
    » Er kann uns doch nicht allein lassen! Wie sollen wir denn jetzt den Weg finden? « , flüsterte Anna verzweifelt und sah zum ersten Mal auf dieser Reise Marie direkt in die Augen.
    » Abgehauen, der Feigling. Also ist er doch ein Betrüger « , bemerkte Johann. Er war zu den Frauen gekommen und erinnerte sich nun an die Geschichte, die Konrad am gestrigen Abend erzählt und damit Regino ordentlich Angst gemacht hatte.
    » Und ein Dieb « , meldete sich jetzt auch der Ordensritter zu Wort. Er hatte das Lager des kranken Otto verlassen, um endlich herauszufinden, was mit seinen Kleidern, seinen Waffen und seinem Ross geschehen war. Es wunderte ihn nicht, dass sich nun bestätigte, was er längst geahnt hatte: Der Pfeifer selbst war der Dieb. Er hatte nicht nur den Ritter bestohlen, nein, er hatte auch seine Schutzbefohlenen schändlich im Stich gelassen und zudem ein Mädchen adeligen Standes entführt, denn auch von Elisabeth fehlte jede Spur.
    Mit gesenktem Kopf wandte Adelheid sich von dem verlassenen Schlafplatz ihrer Freundin ab. Sie wirkte plötzlich vollkommen klar und vernünftig. Und als Marie sie fragte, was sie glaube, wo Elisabeth sein könnte, antwortete das Mädchen nüchtern:
    » Sie hat es mit der Angst zu tun bekommen. Herr Ritter Konrad von Tiefenbrunn hat gestern angekündigt, heute mit uns zu einem Kloster aufzubrechen, wo er Elisabeth und mich zu unserem Schutze unterzubringen gedenkt. Doch das ist ganz und gar nicht nach Elisabeths Geschmack. Sie ist schlicht und einfach geflohen. So glaube ich zumindest. «
    » Und Regino? Warum ist er gegangen? « Marie konnte es nicht glauben. So eigentümlich und mitunter selbstverliebt der Gaukler auch sein konnte, im Grunde vertraute sie ihm und hätte nicht gedacht, dass er seine Leute einfach allein ließe.
    » Er ist ein Scharlatan und gehört aufgeknüpft. Nichts anderes habe ich ihm gestern zu verstehen gegeben, das muss ihm wohl einen ordentlichen Schrecken bereitet haben « , knurrte Konrad.
    Er hatte sich ein wenig beruhigt und tobte nicht mehr wie ein Wilder im Lager herum, um nach seinen gestohlenen Sachen zu suchen. Stattdessen blickte er verlegen an sich herunter, als er bemerkte, dass Marie ihn anschaute. Wie sah er nur aus? Wäre er splitternackt gewesen, hätte er sich wohler gefühlt als in diesem lächerlichen Aufzug. Doch das schien die schöne Bäuerin gar nicht zu bemerken. Vielmehr gingen ihr ganz andere Dinge durch den Kopf. Sie konnte einfach nicht glauben, dass sie sich anscheinend doch so sehr in Regino getäuscht hatte.
    Hatte er sich womöglich doch wieder mit Fips verbündet?
    Nein, das konnte nicht sein. Aber dennoch, Regino war fort.
    Was sollten sie denn jetzt tun?
    Eine Gruppe von unerfahrenen Halbwüchsigen, einem Krüppel, einem Todkranken und einer verrückten Alten? Fern ihrer Heimat waren sie, vollkommen mittellos und jetzt auch ohne Ziel. Ganz zu schweigen davon, dass sie von einem hinterhältigen Bösewicht verfolgt wurden, was ihre ohnehin aussichtslose Lage nicht gerade leichter machte. Marie war sich im Klaren darüber, dass Regino ein Feigling war und gewiss nicht immer die Wahrheit gesagt hatte. Er selbst hatte es ihr gegenüber zugegeben, dass seine Versprechungen zum großen Teil leer waren. Im Land ihrer Träume erwartete sie kein Paradies, sie waren nicht einmal willkommen. Aber dennoch war dieser Mann ihr Halt gewesen, er hatte die Gruppe

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