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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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schlotternden Otto, der mittlerweile von den Brüdern Fritz und Gustav gehalten wurde, einsalbte. Ihre kleinen, knochigen Finger hielten an einer Stelle an Ottos Hals inne. Anstatt zu reiben, begannen sie nun zu tasten und zu drücken. Der Bursche, bislang halb ohnmächtig und willenlos, fing mit einem Male an, schrecklich zu schreien. So markerschütternd, dass auch die letzten Schlafenden erwachten.
    Darunter Konrad, welcher sich zunächst einmal sammeln musste, bevor er sich daran erinnerte, in wessen Gesellschaft er hier lagerte.
    Langsam rappelte er sich auf.
    Sein Haar war völlig zerzaust, er trug bloß sein wollenes Beinkleid und darüber ein langes wollenes Hemd, das eine Wäsche dringend nötig hatte, und bot somit einen wenig ritterlichen Anblick. Doch das kümmerte ihn zunächst nicht. Er war müde und zerschlagen. Eine Nacht auf diesem harten, kalten Boden war schlimmer als ein zermürbender, harter Kampf gegen eine Überzahl an flinken Litauern. Mit zu müden Sehschlitzen verquollenen Augen blickte er hinüber zu der Stelle, an der sich mittlerweile die anderen Lagernden versammelt hatten. Zu seiner Erleichterung auch die junge Adelheid, mit welcher er gleich am heutigen Morgen weiterzuziehen gedachte, um sie und ihre Freundin zu dem von seiner Base geleiteten Kloster Marienthron bei Grimma zu bringen.
    » Was ist denn da los? « , brummte er vor sich hin und wollte gerade seine standesgemäße Oberbekleidung von dem Ast nehmen, an dem er sie vor dem Schlafengehen aufgehängt hatte, als er feststellen musste, dass sie nicht mehr da war.
    Und nicht nur das. Auch von seinem edlen Ross fehlte jede Spur. Dazu war ein weiterer Wäschesack verschwunden, ganz zu schweigen von seinem Geld und seinen Waffen!
    Konrad konnte es nicht fassen.
    Ungläubig schaute er sich noch eine Weile um, dann begann eine entsetzliche Wut in ihm aufzusteigen.
    Er war also doch unter Diebsgesindel geraten. Elendes Volk blieb nun einmal elendes Volk ohne Sitten und Anstand. Was hatte er sich nur dabei gedacht, so ungezwungen zwischen ihnen zu nächtigen? Einen Kopf kürzer sollte man sie machen. Auf der Stelle, allesamt.
    Doch selbst wenn er das tatsächlich gewollt hätte, es wäre ihm nicht möglich gewesen, jetzt, wo man ihm sogar sein Schwert entwendet hatte.
    Glühend vor Zorn stapfte er auf die Gruppe zu und wollte gerade dazu anheben, sie alle anzubrüllen, als sich mit einem Male die junge Adelheid nach ihm umwandte und mit noch immer von Tränen geröteten Augen flüsterte:
    » Er stirbt. «
    Konrad stieß grob zwei von den starrenden Burschen zur Seite, um zu sehen, wer da im Sterben lag. Es war einer der Bauernjungen, und über ihn gebeugt hockte die krumme Hexe und murmelte unverständliches Zeug, während zwei weitere Jungen mit angsterfüllten Gesichtern dem Kranken die nackten Arme nach oben zogen, damit sich die Alte in seinen Achselbeugen zu schaffen machen konnte.
    Zunächst war Konrad irritiert, ja angewidert, angesichts dieser unsäglich dummen, abergläubischen Rituale, die da offenbar praktiziert wurden. Dann jedoch verrauchten Ekel und auch Wut mit einem Male, und dem Ritter ging ein Licht auf. Ein entsetzlich grelles, schmerzendes Licht. Es hatte seinen guten Grund, weshalb die Kräuterfrau die Achselbeugen des Buben untersuchte, denn dort begann sich etwas zu bilden, was Konrad nur allzu schrecklich vertraut war.
    » Auseinander! « , schrie er plötzlich, so laut, als befände er sich auf einem Schlachtfeld und müsse eine Schar unerfahrener Reiter befehligen. » Fort von ihm! «
    Schier rasend griff er Adelheid, aber auch die erstaunte Marie an den Handgelenken und zerrte sie fort von dem kranken Otto. Niemand wusste, was hier geschah, alle starrten sie den so unedel gekleideten und sich wie ein Wilder aufführenden Ritter aus großen Augen an. Alle, außer Maja, die sich nicht über das Betragen Konrads wunderte. Nein, vielmehr fühlte sie sich dadurch in ihrem Argwohn diesem Manne gegenüber bestätigt.
    Erst als alle, bis auf die Alte, den Kranken verlassen hatten und sich nun weit von ihm verwirrt murmelnd gruppierten, wurde Konrad ruhiger und hockte sich zu Maja und Otto.
    » Es ist die Pest « , raunte er der Alten zu.
    » Der Schwarze Tod « , bestätigte diese und schenkte dem Ordensritter einen Blick, so vielsagend, so tief, so wissend und anklagend, dass ihm das Blut in den Adern gefror.
    » Wo ist denn Meister Regino? «
    Es war Anna, der als Erster auffiel, dass ihr Lokator und Wegweiser sich

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