Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
Vom Netzwerk:
Sarazenen verkaufen. Die Eltern waren verzweifelt und wussten sich nicht anders zu helfen, als den Weg ihrer Kinder, der zunächst durchs Böhmerland führte, weiterzuverfolgen. Dort sprachen sie schließlich bei König Johann vor, der an diesem Tage in Geberlaune gewesen sein musste, denn er versprach ihnen Hilfe. Und tatsächlich, an den südlichen Grenzen des Landes fand man sie: den Werber und sein halb verhungertes, geschundenes Gefolge. «
    Konrad schwieg und warf Regino einen verstohlenen Seitenblick zu. Aus den Augenwinkeln nahm er zufrieden wahr, dass dieser zitterte.
    » Und dann? « , bohrte Johann indessen.
    » Und dann wurde der Lügner seiner gerechten Strafe zugeführt. Nichts anderes hatte er verdient. Man schnitt ihm mit glühenden Eisen die Zunge heraus, zermalmte ihm sämtliche Knochen mit dem Rad, flocht seinen zitternden, noch immer lebendigen Körper danach auf ebendieses, setzte es hoch auf eine Stange und ließ Sonne und Krähen alles Übrige tun. Heiß war es damals in diesen Tagen, dennoch überlebte der wimmernde, stöhnende Unhold noch eine halbe Woche lang, bevor er qualvoll sein Leben aushauchte. Gott war wahrlich nicht gnädig mit ihm. Seit diesen Tagen ist der König von Böhmen, ob er nun Johann oder Karl heißt, äußerst empfindlich, wenn es darum geht, dass man in seinem Namen falsche Versprechen abgibt. Doch zum Glück hat sich eine solche Geschichte bislang nicht wiederholt. Zu abschreckend war das Beispiel für alle weiteren, möglichen Halunken. «
    Schweigen.
    Konrad wartete gespannt ab.
    Wenn er recht mit seiner Vermutung hatte, dann würde diese erfundene Geschichte gewiss ihre Wirkung nicht verfehlen. Und tatsächlich, der Possenreißer neben ihm wurde immer nervöser. Ein kurzer Blick in dessen Gesicht verriet, dass er kreidebleich geworden war, ja selbst seine Lippen hatten weiße Farbe angenommen.
    Dann schließlich rang sich Regino durch, doch etwas zu sagen: » Ich frage mich, ob das Süppchen nun gar ist « , krächzte er heiser. Und dann lauter: » Marie, ist das Süppchen nun gar? «
    Marie, die wieder am Kessel stand, hob mit dem Holzlöffel ein Stückchen von dem Klippfisch heraus, um davon abzubeißen. Doch so, wie sie ihr Gesicht dabei verzog, war er entweder zu heiß, noch ganz hart, oder aber er schmeckte fürchterlich– vielleicht auch alles zusammen. Konrads Gedanken schweiften für einen Moment von seiner abschreckenden Lügenmär ab, und er wagte es, der schönen Bäuerin zuzulächeln. Doch diese reagierte nur insofern, als dass sie den Bissen, welchen sie offenbar vor Ekel nicht hinunterschlucken konnte, auf den Boden spuckte. Erst danach bemerkte sie den Blick des Ordensritters und wandte sich mit lächelnden Augen, aber ohne den Mund zu verziehen, ab.
    Regino nutzte diesen kurzen Moment der Unachtsamkeit des Ordensritters, um sich klammheimlich zu erheben und zu seinem eigenen Lager zu schleichen. Vor seinem inneren Auge schwebte unaufhörlich und erschreckend deutlich dieses Bild, welches dank seiner überaus regen Vorstellungskraft nicht nur zu sehen war, nein, Regino spürte, schmeckte, hörte und roch alles, was mit ebendiesem Bild einherging. Es war das Bild seiner eigenen Hinrichtung. Ein Ereignis, welches zu erleben Regino unbedingt vermeiden wollte.
    Linkisch wandte er sich noch einmal zu dem Ritter um. Dieser schaute ihm nun nach und kniff dabei schelmisch ein Auge zu.
    Er machte Regino Angst, dieser Edelmann.
    Seufzend ließ sich der Gaukler auf seinem klammen Lager nieder und dachte nach. Er dachte auch noch nach, als alle anderen die eklige Suppe schlürften und sich schließlich zur Nachtruhe begaben. Erst als sie schliefen und schnarchten, hörte Regino auf zu grübeln: Sein Entschluss war gefallen.
    Niemand der friedlich Schlafenden bemerkte, wie sich der Pfeifer schließlich erhob, seine Sachen packte und dann zu dem schlummernden Kreuzritter hinüberschlich.
    Niemand bemerkte es, außer der jungen Elisabeth.

XXIV
    S ie erwachten an diesem Morgen spät. Und gewiss hätten sie noch länger geschlafen, hätte Marie nicht ein leises, aber andauerndes Stöhnen aus ihren äußerst süßen, ja viel zu süßen Träumen gerissen.
    Die Sonne stand bereits hell am Himmel und versprach einen wunderbaren Wandertag, den sie jetzt, nach Überqueren des Flusses, ohne nennenswerte Schwierigkeiten würden fortsetzen können– sah man einmal davon ab, dass weit und breit kein Pfad zu sehen war und sie sich erneut selber ihren Weg durch Schilf und Moor

Weitere Kostenlose Bücher