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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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ungehalten zu dem nun wieder äußerst lebendigen und zudem dreist werdenden Galgenstrick hinüber, der sich jedoch vollkommen sicher fühlte und wieder genüsslich an dem nun erkalteten Stück Fleisch zu kauen begann, wobei er immer wieder Laute des Entzückens von sich gab.
    » Nun gut « , brummte Crispin schließlich. » Immerhin hat er etwas zurückzubringen und sich bei Konrad für sein Vergehen zu entschuldigen. Dass er als verwirrter Vogel in der Lage ist, mir den Weg zu zeigen, das wage ich nicht zu hoffen. «
    » Oh doch, das bin ich. Der Hunger und die Verzweiflung ließen mich ratlos erscheinen. Beides ist nun fort. Hunger weg! Verzweiflung weg! Stattdessen ist meine Hoffnung auf gute Fügung wieder da. Und schon ist aus dem verwirrten Vogel ein Zugvogel geworden, eine Wildgans, die es versteht, auch einer weißen Hausgans wie Euch den rechten Weg zu weisen. «
    Crispin schwieg eine Weile, entschied sich aber dann dafür, dem Witzbold nicht zu zürnen.
    » Aber er geht nicht in diesem Gewand « , sagte er stattdessen bloß und deutete mit einem abgelutschten Knochen auf den trotz des Matsches noch verblüffend weißen Umhang mit schwarzem Kreuz, in den Regino seinen spindeldürren Körper gehüllt hatte. » Ich reise nicht in Gegenwart eines Hochstaplers, der die Ehre unseres Ordens befleckt, indem er sich als einer von uns verkleidet. «
    » Aber das ist doch keine Verkleidung « , protestierte Regino ernsthaft. » Ich fühle mich durchaus auch innerlich als der Mann, den ich äußerlich darstelle. «
    » Ja, das denke ich mir. Nur hat er keinen Spiegel, um zu sehen, was für einen komischen Kauz er tatsächlich äußerlich darstellt. Zieh er es aus und nehme er stattdessen dieses. «
    Crispin stand auf, ging zu seinem Pferd und holte aus dem Gepäck eine graue Decke hervor, in welche er rasch mit dem Schwert ein Loch in der Mitte schnitt, durch welches Regino seinen Kopf stecken sollte. Dann warf er dieses wenig kleidsame Gewand dem entsetzten Gaukler zu, der sich nicht zurückhielt zu schimpfen, dass dieses freudlose Zeug nicht nur hässlich, sondern zudem voller Flöhe sei.
    » Ein Flohbiss hat noch niemandem ernsthaft geschadet « , gab Crispin zurück.
    Doch damit irrte er gewaltig.

XXVI
    D er junge Knecht Otto war drei Tage, nachdem er durch die kühle Saale gewatet war und sich danach den nassen Kopf mit der neuen Rattenfellmütze gewärmt hatte, gestorben. Sie hatten ihn am sumpfigen Ufer des Flusses begraben.
    Trotz aller Bemühungen hatte Maja nichts gegen das Siechtum des jungen Mannes ausrichten können.
    Die übrigen Trauernden glaubten, Otto sei einer bösen Erkältung erlegen. Doch die Alte ahnte, dass es etwas anderes war, und nicht nur sie ahnte es. Auch der Kreuzritter, der nun zu ihnen gestoßen war, schien zu wissen, was die schwarzen Beulen unter den Armen Ottos zu bedeuten gehabt hatten. Der edle Mann aber sprach kein Wort davon, er verschloss die Augen vor dem Unheil, welches Maja längst in ihren Träumen hatte kommen sehen. Für verrückt hielten sie alle, wenn sie ihnen zu erklären versuchte, dass ein Fluch sich auf den Weg gemacht habe, sie zu ereilen. Als Hexe bezeichneten sie sie wieder einmal hinter vorgehaltener Hand, wenn sie des Nachts mit einem spitzen Stock einen Schutzkreis in den Boden um den schlafenden Konrad von Tiefenbrunn ritzte, damit das Übel, welches er bei sich trug, nicht zu einem weiteren Mitglied ihrer Gruppe übertrat.
    Allein, es nützte nichts. Ihre Visionen hatten es Maja prophezeit, und bald war er tatsächlich wieder unter ihnen: der Tod.
    Noch hatte er nicht vollständig zugeschlagen, er zeigte sich lediglich im Gesicht und im Gebaren des Mädchens Lisa. Schwach war sie auf den Beinen, die Augen von schwarzen Ringen umfurcht, ihr Atem stank, sie schwitzte stark und fror zugleich.
    Zum Glück hatten sie am gestrigen Tage ein gastfreundliches Kloster erreicht. Und dies war wirklich ein Segen, denn sie hatten eine gewaltige, äußerst strapaziöse Reise hinter sich. Nach dem Tode Ottos in ihrem Lager an der Saale waren sie dem Fluss gen Süden gefolgt. Hin und wieder war es möglich, dass wenigstens die Schwächsten ein Stück von Flößern mitgenommen wurden, welche aber ebenfalls stark mit der Gegenströmung zu kämpfen hatten und sich deshalb teuer bezahlen ließen. Kurz vor der Stadt Halle ging es dann ungezählte Meilen durch eine feuchte, seenreiche Ebene in Richtung Osten. In der ehemaligen slawischen Festung Eilenburg an der Mulde gönnten

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