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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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sein fast schon übertriebenes Ehrgefühl so schmählich missbraucht. Jedoch war der Zweck ein guter. Vielleicht könnte man Elisabeth befreien, vielleicht sich auch des bedrohlichen Fips’ entledigen, und womöglich besaß die Karte, die er bei sich trug, tatsächlich diesen unglaublichen Wert, der ihnen allen Reichtum und Glück bescheren würde.
    Dennoch wäre es ihr lieber gewesen, wenn Regino und sie diese Sache allein erledigten und nicht die Hilfe eines unschuldigen Dritten in Anspruch nehmen müssten.
    Sie hatte Angst um den unbedarften jungen Mann, der sich einem zwar körperlich nicht starken, aber dafür umso zäheren und verschlageneren Feind stellen wollte.
    Ihr Aufenthalt in Halle an der Saale, in welcher Marie beinahe ertrunken wäre, erwies sich als kurz.
    Es war nicht verwunderlich für sie, Fips nach so langer Zeit nicht mehr in der Stadt anzutreffen. Dennoch kamen sie ihm hier rasch auf die Spur.
    In einer jeden Stadt, ob groß oder klein, ob im Norden, Süden, Westen oder Osten gelegen, gab es einen notorischen Ort, der nicht mit Namen bekannt sein musste, um von einer bestimmten Sorte Mensch sogleich gefunden zu werden. So auch in Halle. Sowohl Regino als auch Marie besaßen den notwendigen Instinkt für derartige » Räuberhöhlen « , in welche es Vitus Fips, das wusste Marie nur zu gut, schier magisch zog.
    Eine Spelunke von der übelsten, dunkelsten Sorte war es, zu der sie gingen, um dort nach dem narbengesichtigen Mann und einer ihn begleitenden blassen Schönheit zu fragen. Es kostete Regino zwei Silberlinge von seinem bald erschöpften Diebesgut, bis er von einem durch mehrere Brandzeichen als ausgewiesener Halunke gekennzeichneten Kerl erfuhr, dass Fips und Elisabeth tatsächlich vor gar nicht langer Zeit in ebendieser Schenke Herberge gefunden hatten.
    » Die hat schon Aufsehen erregt, die Kleine. Anfangs war sie ganz verängstigt. Der Kerl wollte wissen, wohin man sie verkaufen könne. Unsere Wirtin wusste ihm einige feine Herren zu nennen. Da hat er sie dann hingebracht. Viel Geld hat er mit ihr gemacht. Aber nach ein paar Nächten nutzt sich so ein unberührtes Ding rasch ab. Da wollten die edlen Männer nicht mehr ran. Doch Kerlen wie uns hier macht das nichts aus. Oder magst du es, wenn du deine Stuten selber einreiten musst? Das dürfen gern andere für uns erledigen, nicht wahr, mein Freund? « Damit schlug er Regino lachend gegen die schmale Brust und schenkte gleichzeitig Marie einen anerkennenden Blick.
    » Dir sehe ich an, dass du weißt, wovon ich rede, Schneckchen. «
    Marie antwortete nicht, hielt aber seinem lüsternen Blick stand, ohne mit der Wimper zu zucken. Irgendwann brummte er weniger freundlich: » Bisschen auflockern müsste man dich, dann könnte man gewiss sein blaues Wunder mit dir erleben. So war das mit der Kleinen auch. Drei Becher Wein, und das Mädel war nicht wiederzuerkennen. Getanzt hat sie wie eine Höllenbraut, über Tische und Bänke ist sie gegangen. Und unter den Tischen hat sie auch gelegen. Mit mir, mit August da drüben, und der Wirt war auch dabei. Zumindest so lange, bis seine wütende Alte mit dem Besen kam. Das war eine Freude. Aber dann wurde sie krank. Wahrscheinlich ist ihr das Bier, der Wein und der sonstige Spaß nicht so gut bekommen. Der Narbenmann hat mit ihr die Stadt verlassen. «
    » Wohin sind sie gegangen? « , stotterte Regino, der nach dieser derben Erzählung ganz grün im Gesicht geworden war.
    » August hatte dem seltsamen Kerl erzählt, dass es in seinem Heimatdorf bunte Ratten gebe. Nach den Viechern schien dieser Krüppel ganz verrückt zu sein. Da sind sie, glaube ich, hin. «
    » Wo finde ich dieses Dorf? «
    » Frag August, das ist der einäugige Werwolf da hinten in der Ecke « , lachte der Erzähler und vergaß nicht, als die drei an ihm vorbeigingen, Marie am Arm zurückzuhalten.
    » Ein Silberling? « , grinste er sie an und hielt ihr dabei eine von den soeben verdienten Münzen ganz nah ins Gesicht.
    Marie spuckte auf das Geldstück, woraufhin der Widerling es genüsslich ableckte. In diesem Moment kamen Johann und Regino auch schon zurück. Es war nur ein Satz gewesen, den der » Werwolf « August hinter den Unmengen an Haaren, die als Brauen, Bart und Hauptschopf sein gesamtes Gesicht bedeckten, hervorgebrummelt hatte. Zwei weitere Silberlinge hatte dieser Satz Regino gekostet, aber nun wusste er, wo das besagte Dorf der bunten Ratten zu finden war.
    Erleichtert und gleichzeitig entsetzt über das böse

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