Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)
Worte, erfand eine glaubhafte Geschichte, die mit einem Zusammentreffen mit einem wichtigen Abgesandten des böhmischen Königs zu tun hatte, und stieß mit seiner überzeugenden Rede auf offene Ohren. Lediglich Marie und Maja sowie der alte Ulrich, welcher ihn skeptisch beäugte, ahnten, was der Gaukler tatsächlich im Schilde führte und warum es ihm so wichtig war, nach Halle zu gehen. Auch der junge Johann schien nicht mehr ganz so gutgläubig wie zuvor. Doch Regino bekümmerte dies nicht, denn immerhin erklärten sich beide, sowohl Marie als auch der Bursche, bereit, ihn gleich am nächsten Morgen zu begleiten.
» Du erinnerst dich, mein lieber Johann, an die Gestalt, welche uns kurz nach der Abreise aus deinem Heimatdorfe im Wald auflauerte? « , fragte Regino ganz frank und frei, nachdem die drei bereits ein gutes Stück des weiten Weges, der sie wieder an die Saale zurückführen sollte, hinter sich hatten.
» Der Krüppel, der unter dem Baum versteckt auf uns wartete? Ja, ich erinnere mich gut « , bestätigte Johann.
Marie spitzte die Ohren. Offenbar war die Rede von Vitus Fips.
» Diesen Menschen suchen wir, mein lieber Johann « , meinte Regino lapidar und pflückte am Wegesrand eine Mohnblume, an deren kräftigem Rot er sich sichtlich erfreute.
» Du sagtest damals, er sei ein entlassener Diener des Königs « , erinnerte sich Johann.
Marie warf Regino daraufhin einen fragenden Blick zu, den dieser nur mit einem kurzen Schulterzucken quittierte.
» Wie auch immer. Ein Schurke ist er. Und ein ganz übler dazu. Wir müssen ihn ausfindig machen und ihm etwas entreißen, das er unverdienterweise bei sich trägt. «
» Was ist das? « , wollte der Bursche wissen.
» Eine Karte ist es. Er gibt sie natürlich nicht freiwillig her. «
» Wir müssen also Gewalt anwenden? « Unwillkürlich ging Johanns Griff zum Knauf seines Schwertes.
» Sehr wahrscheinlich muss dem so sein. Ich möchte nur, dass du vorbereitet bist, mein tapferer Freund. «
» Heißt das, ich soll ihn überwältigen? Einen wehrlosen alten Krüppel? «
» So alt ist er nicht, und von wehrlos kann erst recht nicht die Rede sein. Frag Marie, sie weiß ein leidliches Liedchen davon zu singen « , sagte Regino, woraufhin Johanns Blick zu Marie wanderte, die unmittelbar neben ihm schritt.
» Ich kenne ihn schon lange « , meinte diese vollkommen nüchtern. » Er ist gefährlich und vollkommen gewissenlos. «
» Woher kennst du so einen? « Johann war erstaunt.
» Aus meinem früheren Leben. « Marie lächelte etwas bitter, und dieses Lächeln besagte, dass sie keine weiteren Fragen wünschte. Johann nickte. Er hielt sich zurück, aber dennoch war seine Neugierde geweckt.
» Und wie kommt es, dass auch du ihn kennengelernt hast, Regino? « , wandte er sich nun dem Gaukler zu.
» Zufall « , gab dieser knapp zur Antwort und fuhr mit etwas anderem fort, das die Wut und damit auch den Mut des Jungen anheizen sollte: » Es ist nicht allein die Karte, die wir von ihm benötigen. Fips hat auch das Fräulein Elisabeth entführt. «
Johann blieb stehen und starrte Regino entsetzt an.
» Wie konnte das geschehen? «
» Überwältigt hat er sie. Aus unserem Lager gestohlen, als alle schliefen « , log Regino.
Marie räusperte sich vernehmlich.
» Ich dachte, sie sei mit dir gegangen? Du sagtest doch zu Adelheid, Elisabeth befände sich auf der Burg eines Oheims, zu der du und der Ritter Crispin sie gebracht hätten « , protestierte Johann.
» Eine Flunkerei. Eine Notlüge. Nicht beunruhigen wollte ich das zart besaitete Fräulein Adelheid. Doch nun sind wir unter uns, und ein Mann wie du, Johann, der kann die Wahrheit besser vertragen. Ist es nicht so? «
Johann begann wieder weiterzugehen. Er wirkte nachdenklich.
» Warum hat er Elisabeth und nicht Adelheid mit sich genommen? « , fragte er schließlich.
» Das Ansinnen eines solchen Teufels ist unergründlich, mein Junge « , Regino wirkte jetzt betreten und nachdenklich, seine Stimme bebte ein wenig. » Wir müssen sie ihm entreißen. «
» Das werden wir. Gewiss werden wir das « , versprach Johann und beschleunigte seine Schritte.
Regino schaute zu Marie und hob dabei eine einzige Braue.
» Er wird ihn für uns erledigen « , flüsterte er ihr zu. » Verzeih mir, meine Himbeere, aber ich selbst bin dazu nun einmal nicht im Stande. «
Marie schenkte Regino einen bösen Blick und schloss dann zu Johann auf. Der Bursche tat ihr leid, wurde doch sein unbändiger Tatendrang und
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