Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)
brummte Ulrich, während Maja ihm heimlich, aber unsanft in die Rippen stieß.
» Da! « , zischte sie ihm kaum hörbar ins Ohr.
Jetzt sah auch Ulrich ihn.
Auf einem der hinteren Pferde, eingeengt zwischen zwei weiteren berittenen Rössern, saß Ritter Konrad von Tiefenbrunn. Auch er hatte die beiden sogleich erkannt, seine angestrengte Miene verriet jedoch, dass sie sich ja bedeckt halten und ihre Bekanntschaft nicht zeigen sollten.
Maja übernahm nun das Gespräch mit den Wegsuchenden. Zwar wusste auch sie nicht, wohin es zur Burg Neuental ging, geschweige denn, wie weit es bis dorthin war, doch es gelang ihr, durch ihre vermeintlich weisen Ausführungen zumindest drei der Reiter so weit auf sich zu konzentrieren, dass Ulrich sich unbemerkt dem ungeliebten Konrad ein wenig nähern konnte. Denn dieser hatte ihm augenscheinlich etwas mitzuteilen. Zumindest wiesen die Zuckungen in seinem Gesicht darauf hin.
Als Ulrich nun näherschlich, erkannte er, dass Konrad an den Händen und auch an den Füßen gefesselt war. Ein Wunder, wie er sich– derart beeinträchtigt– so wacker auf dem bis vor wenigen Augenblicken noch galoppierenden Pferd hatte halten können. Doch diese Reitkunst war Ulrich egal– grundsätzlich interessierte das ganze ritterliche, angeberische Gehabe dieses Mannes ihn nicht. Was jedoch seine Neugierde weckte, war der Grund für die offensichtliche Gefangennahme des Ritters durch eine Handvoll Männer, die allesamt dem gleichen Stand anzugehören schienen. Daran, dass Konrad ihm eine Mitteilung über Marie machen könnte, dachte Ulrich nicht, war dieser doch bereits während ihres Aufenthaltes im Zisterzienserinnenkloster entwischt, nachdem er sich mit dem Eheweib des Bauern Filzhut vergnügt hatte. Und dieser Kerl war keiner von der Sorte, der einem Weib, das er bereits besessen hatte, auch nur eine Träne nachweinte, geschweige denn sie wiederzufinden trachtete. Wer wusste schon, was dieser vermeintliche Mönch in Rüstung in der Zwischenzeit getrieben hatte, dass es ihm nun beschert war, diese Fesseln zu tragen? Mitleid empfand Ulrich jedenfalls nicht, Genugtuung ja, zumindest ein wenig. Dennoch wollte er herausfinden, ob der Ritter ihm irgendetwas Wichtiges zu sagen hatte. Nur, wie sollte er das anstellen? Da kam ihm eine Idee.
Als Ulrich in der Nähe eines der neben Konrad wachehaltenden Reiter angekommen war, richtete er plötzlich das Wort an den seines Habits und offensichtlich auch seiner Ehre verlustig gegangenen Ordensritter.
» Du bist doch Gunter. Gunter Hammelbein aus Nimmerforst. Wie lange hab ich dich nicht mehr gesehen? « , sagte Ulrich und blickte dem verdutzten Konrad frech ins Gesicht. Dieser schien nach wenigen Augenblicken plötzlich zu verstehen, ein leichtes Lächeln huschte unmerklich über sein Gesicht.
» Das muss eine Verwechslung sein. Mein Name ist Konrad von Tiefenbrunn. Aber ich kenne einen Gunter Hammelbein, das ist wohl wahr « , gab dieser zurück, während seine Wächter sich verwundert anschauten. Sie ließen ihn jedoch gewähren. Was war schon dagegen einzuwenden, wenn ihr Gefangener sich mit einem dahergelaufenen Pilger über einen unbedeutenden gemeinsamen Bekannten unterhielt?
» Kann es sein, dass es der gleiche Hammelbein war, dem sein Weib ausgerissen ist? « , fragte Konrad nun. » Marie war ihr Name. «
Ulrichs Züge entgleisten. Was wollte der Ritter ihm damit sagen? Schnell fasste er sich und meinte: » Ja, das ist ihm tatsächlich widerfahren. «
» Nun, wenn ich mich nicht täusche, fand er sie alsbald in der Gesellschaft zweier Männer wieder. Wohlbehalten war sie. Eine lange Reise hatte sie hinter sich. «
» Ja, man munkelte davon « , Ulrich glaubte zu begreifen. » Ein junger Bursche aus ihrem Dorf und ein fahrender Narr, nicht wahr? «
» Das kann gut möglich sein. Verziehen hat er ihr, der gute Hammelbein, und glücklich ist er noch mit ihr geworden. Zumindest war er das, als ich ihn zuletzt sah « , sagte Konrad nun.
» Ist er das? « Ulrich wurde mit einem Male ganz nervös.
» Ja, das ist er. Du weißt, wo sie jetzt leben, oder nicht? «
Ulrich nickte. Er ahnte, was der Ritter meinte. » Dann beabsichtigt er nicht in sein Dorf zurückzukehren? « , fragte er.
» Nein, dazu gibt es keinen Grund. Ich sah ihn kürzlich als wohlhabenden Mann, zusammen mit seiner schönen Frau und einem kleinen Knaben. Ihrem Sohn. «
» Ein Kind? « Ulrich war verwirrt.
» Oh ja. Hammelbein ist ganz vernarrt in dieses Kind. Er liebt es, als
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