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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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müsste.
    Gerade senkte Fips wieder seinen Kopf, um Marie eine weitere Drohung entgegenzuschleudern, da vernahm sie plötzlich ein Rauschen über sich.
    Unwillkürlich duckte sich Marie, und als sie wieder aufblickte, stand Fips noch immer da. Er stand da, am Kopfe des Tisches, und lachte nicht mehr. Er verdrehte die Augen und begann im nächsten Moment entsetzlich zu schreien.
    » Es brennt! « , schrie er. » Es brennt! «
    Marie war entsetzt und erleichtert zugleich, bei dem überraschenden Anblick, der sich ihr da bot.
    » Feuer! « , kreischte Fips und zog sich mit eigener Kraft den Pfeil, der ihm in die Stirn gefahren war, heraus. Es schien sich bei diesem Mann tatsächlich um kein irdisches Wesen zu handeln, denn niemand wäre in einer solch tödlichen Lage zu einer derartigen Handlung fähig gewesen. Nicht so Fips. Anstatt umzufallen und zu sterben, tanzte er. Er tanzte vor Schmerz und hielt sich dabei immer wieder die blutende Stirn.
    Gerade war er versucht, nach dem Abführtrank zu greifen, um mit seinem eigenen Gift die Wunde zu kühlen, als der Tod ihn endlich übermannte. Vornüber sank er auf den Tisch, sein starres, sterbendes Auge auf Marie gerichtet.
    » Aller guten Dinge sind drei « , hauchte diese ihm sanft entgegen, während sie ihn so lange nicht aus den Augen ließ, bis er sein eigenes, einziges ein letztes Mal grotesk verdrehte und mit dem Gesicht in die Reste seines Wildbratens sank.
    Jetzt erst wandte Marie sich um.
    Die Ratte. Johann und Regino hatten die Ratte gefunden, die Lage richtig gedeutet und waren Maries Spuren durch den Wald gefolgt.
    Sie erwartete die beiden Männer nun hinter sich in der Tür stehen zu sehen. Doch da täuschte sie sich.
    Sie konnte es nicht fassen. Sie wollte es nicht glauben. Soeben hatte sie noch einen der schrecklichsten Momente ihres Lebens durchlebt, und nun erfuhr sie ein solches Glück?
    » Ulrich! « , rief sie freudestrahlend und stand ruckartig auf. Doch ihre Fesseln verboten es. Hart fiel sie zu Boden und wurde sogleich von ihrem treuen Gatten aufgehoben, der ihr mit einem Messer die Stricke um Handgelenke und Knöchel löste.
    Lange umarmten sie sich. Marie weinte. Sie weinte vor Glück, vor Erleichterung und wegen des schlechten Gewissens, das sie diesem lieben Menschen gegenüber so sehr plagte.
    » Alles wird gut « , sagte Ulrich Filzhut liebevoll. Auch seine Stimme bebte.
    » Ja, das wird es « , bestätigte Maja. Sie hatte Marie noch nicht begrüßt, sondern sich stattdessen sogleich darangemacht, die Leiche des vermeintlich unsterblichen Fips zu begutachten.
    » Mausetot « , murmelte sie zufrieden, nachdem sie beide Arme des Toten angehoben und wieder fallen gelassen hatte. » Dennoch sollten wir ihn verbrennen, um sicher zu sein. Denn er trägt es tatsächlich bei sich, das Übel. «
    Und damit wies sie auf eine verheilte Pestnarbe am Hals von Vitus Fips.
    » Ja, verbrennen wir ihn « , bestätigte auch Marie und breitete ihre Arme aus, so wie es eigentlich nur Regino tat, um die verlorene und wiedergefundene Freundin zu begrüßen.
    Lange saßen sie eng umschlungen da, bevor sie sich schließlich erhoben, um auf dem Platz vor dem verlassenen Stollen einen Scheiterhaufen zu errichten.
    Es war ein reinigendes, ein befriedigendes, ein endgültiges Feuer, welches alsbald den nächtlichen Wald erleuchtete und die sterblichen Überreste von Vitus Fips auf ewig verschlang.

XXXVI
    A h, Bruder Crispin, da seid Ihr ja. «
    Der Hochmeister Heinrich von Dusemer hatte den erst kürzlich von seiner Visitationsreise zurückgekehrten Ordensritter zu sich rufen lassen, und Crispin war dieser Aufforderung mit einem beklemmenden Gefühl gefolgt, denn längst hatten sich Gerüchte hinter den trutzigen Backsteinmauern der Marienburg verbreitet. Gerüchte, die Crispin ganz und gar nicht behagten. Von Dusemer empfing ihn an einem ungewohnten Ort, der nichts Heimliches hatte und darum Crispins Unwohlsein ein wenig milderte. Insgeheim hoffte er, der Hochmeister wolle ihm lediglich mitteilen, dass die Munkeleien, welche seit drei Tagen kursierten, Unfug seien und es sich um reine Lügenmärchen handelte.
    Auf die Baustelle war er zitiert worden– an den Ort, an welchem bereits zahlreiche Handwerker lärmend, schwitzend und verstaubt mit der Errichtung des in seinen Plänen äußerst imposanten Hochmeisterpalastes beschäftigt waren. Das große Rempter, ein wunderbarer, von zahllosen Säulen getragener Gewölbesaal, nahm bereits beeindruckende Formen an. Auch wenn

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