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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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mit diesen Worten reumütig vor Dusemer auf die Knie und blickte zu Boden.
    » So ahnte ich es längst « , sagte dieser leise, nun in einem sehr viel milderen Tonfall. » Wir haben dem angeblich Verstorbenen alle ritterlichen Ehren erwiesen, mehrere Messen für ihn gelesen und seiner in Trauer gedacht. Für uns, Bruder Crispin, für den Orden der Brüder vom Deutschen Haus Sankt Mariens in Jerusalem, ist Konrad von Tiefenbrunn tot. Ich weiß nicht, wer der Herumtreiber ist, den von Topfens Mannen in Mähren aufgegriffen haben, und ich will es auch gar nicht wissen. Sollen sie ihn in ihrer Obhut behalten und mit ihm nach eigenem Gutdünken verfahren. «
    Crispin, bis dahin schuldbewusst und demütig, blickte nach diesen Worten erstaunt, ja entsetzt zu Dusemer hoch. Ohne vom Hochmeister die Erlaubnis dazu erhalten zu haben, richtete er sich dann auf. Den Zorn, der sich in seinem Gesicht zeigte, konnte er nicht verbergen.
    » Der gute Ruf unseres Ordens erlaubt es nicht, dass einer unserer gestandensten Ritter von einem Grafen aus liederlichem Geschlecht verschleppt und hingerichtet wird wie ein Strauchdieb « , stieß er hinter zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Dusemer war nach dieser unerwarteten und heftigen Reaktion des sonst so bedächtigen Franzosen so überrascht, dass er nichts sagen konnte. Stattdessen starrte er den wütenden Crispin schweigend an, doch dessen Züge zeigten keine Zeichen von Reue. Er schämte sich seiner Kritik an der Amtsführung des Hochmeisters offenbar nicht. Und das gefiel Dusemer. Denn ein treuer Mann wie dieser Crispin de Montbard, ein wahrer Freund, war die einzige Möglichkeit, die blieb, um den Fall Konrad von Tiefenbrunn zu lösen, ohne einen diplomatischen Ernstfall oder gar eine kriegerische Auseinandersetzung zu provozieren.
    » Graf von Topfen ist ein Niemand « , sagte Dusemer ruhig, ganz so, als habe er Crispins Worte einfach vergessen und den Mangel an Ehrfurcht gar nicht wahrgenommen. » Ich mag ihn nicht, mochte ihn noch nie. Seine Familie ist gewiss nicht liederlich, aber durchaus im Verfall begriffen, da habt Ihr recht, Crispin. Seine Grafschaft ist klein und unergiebig. Fragt nicht, wo dieser Flecken liegt, ich weiß es selber nicht. Winzig soll er sein, aber von hohem strategischem Wert, und darum buhlen die drei mächtigsten Geschlechter unseres Reiches, die Luxemburger, die Wittelsbacher und die Habsburger, gleichzeitig um die Gunst dieses Mannes. Und das macht ihn gefährlich.
    Er ist schlau und geschickt. Wie eine Schlange hat er sich beispielsweise in der pikanten Tiroler Angelegenheit von einer Partei zur nächsten gewunden. Sicherlich ist Euch von diesem Erbschafts- und Ehestreit zu Ohren gekommen, Bruder Crispin. Eine äußerst heikle Sache war das. Und von Topfen war dabei. Im einen Moment sah man ihn in der Nähe der Herzogin Margarete, der Frau, die von ihrem ehemaligen Gatten als › Maultasch ‹ bezeichnet wird. Im nächsten war er wieder bei ebendiesem, dem Luxemburger Johann Heinrich, Bruder König Karls, zu finden. Und auch die Wittelsbacher zählten und zählen ihn noch immer zu ihren Vertrauten. Einige von den kleineren Adeligen verloren damals ihren Kopf, vor allem die, welche sich auf die Seite der hässlichen Herzogin geschlagen hatten, als sie es wagte, ihren königlichen Gatten zu vertreiben.
    Nicht so von Topfen. Zu gerissen, zu wendig, zu geschmeidig ist er. Knüpft überall geschickte Bande, die ihn schützen. Wie auch immer er es anstellt, aber er hat sie allesamt, ohne dass sie selbst es wissen, in der Hand: die Mächtigen dieses Reiches. Und darum, guter Crispin, sollten wir uns diesen Mann nicht zum Feinde machen. Unser Orden ist stark, so scheint es, aber dennoch sind wir nicht unverwundbar. Und je reicher wir werden, desto größer ist die Gefahr, den Unmut der Mächtigen zu erregen. Wem sage ich das? Ihr selbst habt als Kind in Frankreich den Untergang der Templerbrüder erleben müssen. Wir können es uns nicht leisten, wegen des Jähzorns eines unserer Brüder einen großen Konflikt heraufzubeschwören. Ich habe Bruder Konrad mit Bedacht auf die Visitationsreise entlassen, in der Hoffnung, dass die Zeit alles zum Guten wendet. Doch das ist nicht geschehen. Im Gegenteil, die Umstände sind schlimmer geworden. Der junge Graf ist tot und die Rachsucht seines Vaters so groß, dass er nicht einmal an den Pesttod seines Feindes hatte glauben wollen. Nun hat er ihn gefunden, und wir tun gut daran, Crispin, uns nicht weiter um diese

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