Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
Vom Netzwerk:
formierten.
    » Verschwinden wir, schnell « , raunte Regino seinen Leuten schließlich zu und wies bereits hinter sich ins Gebüsch, wo ein winziger, enger Pfad Rettung verhieß.
    Wie aus einem Albtraum erwacht, eilten sie plötzlich allesamt los, in der Hoffnung, von den Räubern nicht mehr beachtet zu werden.
    Steil führte der Weg bergan. Zunächst hatten sie geglaubt, verfolgt zu werden, und waren nahezu in Panik gerannt, das Eselchen war getrabt und Maja gezwungen gewesen, ihren Korb abzuwerfen, der somit als schier unüberwindliche Wegsperrung für eventuelle Verfolger diente. Erst nach einer guten Stunde, in der es ausschließlich aufwärtsgegangen war, fielen sie erschöpft auf dem feuchten Waldboden nieder.
    » Die sind wir los « , keuchte Regino. Zitternd vor Anstrengung löste er den Riemen des großen Sackes, den er mit sich führte, und griff tief hinein. Er wusste genau, wie er nach einem derartigen Schreck seine Gefolgschaft aufmuntern konnte.
    » Von den Kreuzzügen ins Heilige Land bis hierher in meinen Beutel « , rief er feierlich. » Das Gebräu der Mauren und Sarazenen. Selbst nutzen sie es als Medizin, ich aber kenne eine weitere Möglichkeit, dieses Teufelswasser anzuwenden. Lasst es uns trinken und für einen Augenblick in eine bessere Welt entschwinden. Wir haben es uns redlich verdient! «
    » Ich hätte einschreiten sollen. Ich hätte einschreiten sollen! «
    Wie ein Häufchen Elend hockte Johann da, ja, er weinte und wiederholte diesen als Vorwurf an sich selbst gerichteten Satz bereits zum hundertsten Male. Marie klopfte ihm beruhigend auf die Schulter, doch das schien es nur schlimmer zu machen.
    » Ein Feigling bin ich, ein jämmerlicher Feigling. Niemandem darf ich mehr unter die Augen treten, in mein Schwert sollte ich mich stürzen. « Und damit zog er sein kurzes, stumpfes Schwert, das man wohl eher ein langes Messer schimpfen musste, und setzte sich die Klinge dramatisch an die Brust. Ruhig nahm Marie es ihm ab.
    » Du hast zu viel von dem Höllenwasser getrunken, Johann. Alles ist gutgegangen, niemand hat einen Schaden genommen. «
    » Geschändet haben sie euch Frauen. Ist das etwa kein Schaden? « , jammerte Johann mit einer entsetzlich hellen Stimme weiter.
    » Lisa hat eine böse Erfahrung gemacht, das ist wahr. Aber glaube mir, Johann, derlei Dinge geschehen, und sie werden auf unserem Weg wieder geschehen und vielleicht sogar noch einen schlimmeren Verlauf nehmen. Glimpflich sind wir davongekommen. «
    » Du bist solch eine kluge, erfahrene Frau, Marie. Und schön dazu. « Er neigte schluchzend seinen Kopf zur Seite und schaute Marie aus seinen nassen roten Augen an. Sie konnte nicht anders: Mütterlich strich sie ihm durch sein blondes Haar.
    » Ich bin schon viel herumgekommen, Johann. «
    » Das haben wir uns im Dorf längst gedacht « , schniefte er nun und streckte seine Hand nach dem Krug aus, der bereits leer war, aber aus welchem er noch einen letzten Tropfen zu erhaschen hoffte.
    » Ich kann mir denken, dass ihr euch so einiges über mich gedacht habt « , erwiderte Marie leise.
    » Aber ich habe kein Wort von den üblen Geschichten geglaubt, die sie sich über dich erzählt haben. Das schwöre ich bei Gott. «
    Der betrunkene Junge kam Marie nun wieder sehr nahe, sie konnte bereits seinen nach Branntwein riechenden, warmen Atem in ihrem Gesicht spüren. Geschickt wandte sie im letzten Moment den Kopf zur Seite und sagte fröhlich:
    » Johann, du hältst noch dein Schwert in Händen. Gleich hast du mich versehentlich erdolcht. «
    » Oh « , meinte dieser verlegen, wurde über und über rot und schien mit einem Male so, als sei er aus einem schönen, aber sündhaften Traum erwacht. Stumm starrte er von da an in die Flammen des Lagerfeuers.
    Ein großes Feuer hatten sie gemacht, auch wenn dies in Anbetracht der Nähe der Räuberbande alles andere als ratsam gewesen war, aber mit dem starken Trunk waren der Mut und auch die Gleichgültigkeit gewachsen, sodass sie nun nicht nur im hell erleuchteten Wald saßen, sondern Regino zudem mit seinem Pfeifenspiel begonnen hatte. Lisa war vor Erschöpfung eingeschlafen, während der Müllerssohn Josef so viel von dem Branntwein getrunken hatte, dass er nach einem Tobsuchtsanfall nun ebenfalls regungslos mit offenem Mund auf dem Rücken lag und nur noch Lalllaute von sich gab. Die beiden jüngsten Buben trieben sich irgendwo im Wald herum, nur aus der Ferne war ihr Lachen und Grölen zu vernehmen, man gewann den Eindruck, sie

Weitere Kostenlose Bücher