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Die Flucht

Titel: Die Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Ness
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die Bäume anders, sie erfüllen die Luft mit einem scharfen Geruch, den ich auf meiner Zunge schmecke. Manchee und ich springen über Bäche und Rinnsale, die dem Fluss zuströmen, und hin und wieder bleibe ich stehen, um die Wasserflaschen nachzufüllen, dann geht’s weiter.
    Ich versuche an gar nichts zu denken. Ich konzentriere mich auf das, was vor uns liegt, auf Viola und darauf, wie wir sie finden können. Ich versuche, nicht daran zu denken, wie sie aussah, als ich den Spackle getötet habe. Ich versuche, nicht daran zu denken, wie sie sich vor mir gefürchtet hat und zurückgewichen ist. Ich versuche, nicht daran zu denken, wie sehr sie sich gefürchtet haben muss, als Aaron hinter ihr her war und ich ihr nicht zu Hilfe kommen konnte.
    Und ich versuche, nicht an den Lärm des Spackle zu denken und an die Furcht, die daraus sprach, oder daran, wie überraschter gewesen sein muss, dass er nur deshalb getötet wurde, weil er Fische gefangen hat, ich versuche auch, nicht an das Knirschen zu denken, das mir durch den Arm fuhr, als das Messer in ihn eindrang, oder daran, wie dunkelrot sein Blut war, das auf mich tropfte, oder an die Verwirrung, die aus ihm heraus in meinen Lärm strömte, als er starb, als er starb, als er ...
    Ich denke einfach nicht daran.
    Und weiter geht’s, immer weiter.
    Der Nachmittag ist vorüber und der frühe Abend bricht an, der Wald, die Hügel scheinen kein Ende zu nehmen, und jetzt stehen wir vor einem weiteren Problem.
    »Essen, Todd?«
    »Wir haben nichts mehr.« Staub wirbelt unter meinen Füßen auf, als wir einen Abhang hinunterschlittern. »Weder für dich noch für mich.«
    Ich weiß nicht, wie lange es schon her ist, seit ich zum letzten Mal etwas gegessen habe, ich weiß nicht, wie lange es her ist, seit ich zum letzten Mal richtig geschlafen habe, denn hin und wieder ohnmächtig zu werden hat nichts mit schlafen zu tun.
    Ich habe zu zählen vergessen, wie viele Tage es noch dauert, bis ich ein Mann sein werde, aber noch nie habe ich mich weiter entfernt davon gefühlt als jetzt.
    »Eichhörnchen!« Blitzschnell verschwindet Manchee hinter dem Stamm eines Nadelbaums in ein Dickicht aus Farnen. Ich habe das Eichhörnchen nicht bemerkt, aber ich höre, wie es ruft: Zappelhund und Manchees lautes »Eichhörnchen!« und Zappler , Zappler , Zappler – und dann ist es mit einem Mal still.
    Manchee kommt aus den Farnen und trägt ein Eichhörnchen im Maul, größer und brauner als die im Sumpf. Er lässt es vor mir auf den Boden fallen, ein knorpeliges, blutiges Häufchen, und plötzlich bin ich gar nicht mehr so hungrig.
    »Essen?«, bellt er.
    »Schon in Ordnung, alter Junge.« Ich schaue überallhin, nur nicht auf sein Maul. »Du kannst es haben.«
    Ich schwitze stärker als sonst und nehme große Schlucke aus der Wasserflasche, während Manchee sich über das Eichhörnchen hermacht. Wolken kleiner Mücken umschwirren uns in Schwärmen, die fast unsichtbar sind, und ich muss sie immerzu verscheuchen. Ich fange wieder an zu husten, aber ich achte nicht auf die Schmerzen in meinem Rücken, in meinem Kopf, und als Manchee fertig ist und bereit zum Weitergehen, schwanke ich ein wenig, aber wir gehen weiter.
    Vorwärts, Todd Hewitt. Lauf weiter.
    Ich wage es nicht zu schlafen. Aaron schläft wahrscheinlich nicht, also kann ich es auch nicht. Weiter und immer weiter, die Wolken ziehen vorbei, ohne dass ich davon Notiz nehme, die Monde gehen auf, die Sterne funkeln. Wir erreichen den Fuß eines kleinen Hügels, und ich scheuche eine Herde auf, die mir den Weg versperrt, die Tiere sehen aus wie Rehe, aber ihr Geweih ist ganz anders als bei den Rehen, die ich von Prentisstown kenne, trotzdem fliehen sie vor mir und dem bellenden Manchee und verschwinden zwischen den Bäumen, noch ehe ich richtig mitbekomme, dass sie da sind.
    Weiter geht’s, Mitternacht ist schon vorüber (sind es noch vierundzwanzig Tage? Dreiundzwanzig Tage?). Wir sind den ganzen Tag über marschiert, ohne dass wir Geräusche oder Lärm von anderen Siedlungen gehört, geschweige denn jemandengesehen haben, sogar als wir ziemlich nahe an Straße und Fluss waren. Aber als wir eine weitere bewaldete Anhöhe erreichen und die beiden Monde direkt über uns stehen, höre ich den Lärm von Männern, laut und deutlich.
    Wir bleiben stehen und ducken uns, obwohl es Nacht ist.
    Ich schaue mich um. Im Mondlicht sehe ich zwei lang gezogene Hütten auf zwei verschiedenen Lichtungen am Fuß der nächsten Hügelkette. Aus einer

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