Die Flucht
mich eingestochen hat.
»Ich frage mich, ob er es wusste«, sage ich zu Manchee, zu mir selbst, zu niemandem, als wir unten angelangt sind und ich mich gegen einen Baumstamm lehne, damit die Welt zur Ruhe kommt. »Ich frage mich, ob er mich langsam töten wollte.«
» Natürlich wollte ich das «, sagt Aaron und schaut hinter einem Baum hervor.
Mit einem Aufschrei weiche ich zurück. Ich fuchtle mit den Armen, um ihn zu vertreiben, ich falle rückwärts auf den Boden und rutsche zurück, und als ich das nächste Mal nach oben schaue ... ist er weg.
Manchee stupst mich mit der Schnauze an und blickte mich fragend an. »Todd?«
»Aaron«, sage ich nur, und mein Herz pocht wie wild.
Manchee schnüffelt in der Luft, beschnuppert den Boden um sich herum. »Fährte«, bellt er und tritt ungeduldig von einer Pfote auf die andere.
Ich schaue mich um, huste und huste, die Welt um mich herum ist fleckig und schwankt.
Keine Spur von ihm, kein Lärm außer meinem, nichts zu hören von Violas Stille. Ich schließe die Augen.
Ich bin Todd Hewitt, denke ich, um die wirbelnde Welt anzuhalten. Ich bin Todd Hewitt.
Mit geschlossenen Augen taste ich nach der Wasserflasche und nehme einen Schluck, dann ziehe ich ein Stück von Wilfs Brot heraus und zerkaue es. Erst dann mache ich die Augen wieder auf.
Nichts.
Nichts als Wald und noch mehr Hügel, die wir überqueren müssen. Und flirrendes Sonnenlicht.
Der Morgen geht vorbei und am Fuß eines weiteren Hügels finde ich einen Bach. Ich fülle die Wasserflaschen auf und schöpfe ein paar Schluck kaltes Wasser mit den Händen.
Mir geht es schlecht, man kann’s nicht anders sagen, meine Haut kribbelt, manchmal fröstle ich, manchmal schwitze ich, und manchmal ist mein Kopf eine Million Pfund schwer. Ich beuge mich über den Bach und bespritze mich mit dem kalten Wasser.
Ich setze mich auf. Im Wasser spiegelt sich Aaron. » Mörder «, sagt er mit einem Lächeln auf seinem zerfetzten Gesicht.
Ich krieche fort und suche mein Messer (ganz egal, ob der Schmerz mir durch die Schulter schießt), aber als ich wieder aufschaue, ist Aaron nicht mehr da und Manchee fängt noch immer Fische.
»Ich werde dich finden«, sage ich in die schimmernde Luft hinein, die sich im Wind wellt.Manchee hebt den Kopf aus dem Wasser. »Todd?«
»Ich werde dich finden, und wenn es das Letzte ist, was ich tue.«
Wieder flüstert es im Wind: » Mörder .«
Ich lege mich für ein paar Sekunden hin, den Atem schwer vom Husten, aber ich halte die Augen offen. Dann kehre ich zum Bach zurück und bespritze mich mit so viel kaltem Wasser, dass mir die Brust wehtut.
Ich stehe mühsam auf und wir gehen weiter.
Das kalte Wasser wirkt eine Weile, und wir schaffen noch ein paar Hügel, bis die Sonne mittags matt am Himmel steht. Als die Welt um mich herum zu schwanken beginnt, machen wir eine Pause und essen etwas.
» Mörder «, schallt es mir aus einem Gebüsch entgegen, dann wieder aus einem anderen Teil des Waldes. » Mörder. « Und wieder aus einer ganz anderen Ecke: » Mörder .«
Ich blicke nicht auf, esse einfach weiter. Das kommt nur von dem Spackle-Blut, rede ich mir ein. Das sind nur das Fieber und die Krankheit, mehr nicht.
»Mehr nicht?« , fragt Aaron von der anderen Seite der Lichtung aus. »Wenn ich nicht viel mehr bin als das, weshalb jagst du mich dann?«
Er trägt seinen Sonntagsstaat, die Wunden in seinem Gesicht sind völlig verheilt. Er sieht aus wie damals in Prentisstown, die Hände vor der Brust gefaltet, als wollte er mit uns beten, er leuchtet in der Sonne und lächelt auf mich herab.
An seine lächelnde Faust erinnere ich mich gut.
»Der Lärm schweißt uns alle zusammen, kleiner Todd« , sagt er und seine Stimme klingt aalglatt. »Wenn einer von uns fällt, fallen wir alle.«
»Du bist gar nicht da«, stoße ich zwischen zusammengepressten Zähnen hervor.
»Hier, Todd«, bellt Manchee.
» Wirklich nicht? «, fragt Aaron und verschwindet wie von Zauberhand.
Mein Kopf weiß, dass ich mir diesen Aaron nur einbilde, aber mein Herz kümmert sich nicht darum, mein Herz pocht und rast. Es ist anstrengend, Atem zu holen, und ich vergeude Zeit, indem ich einfach nur darauf warte, dass ich wieder aufstehen und weiter in den Nachmittag hineinlaufen kann.
Das Essen hat mir gutgetan, Gott segne Wilf und seine verrückte Frau, aber manchmal kann ich nicht mehr als voranstolpern. Wo ich gehe und stehe, sehe ich Aaron aus den Augenwinkeln, er versteckt sich hinter Bäumen, lehnt sich
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