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Die Flucht

Titel: Die Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Ness
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Uferseite her zu seinem Lager, während er im Wald ist und mich sucht. Ich rette Viola, und dann werde ich Manchee mitnehmen, der Aaron in großem Bogen umrundet hat und zu mir zurückrennt. (Lauf, was du kannst!)
    Okay, das ist der Plan.
    Ich weiß.
    Ich weiß. Aber wenn er nicht klappt, dann werde ich ihn töten müssen.
    Und wenn es dazu kommt, dann ist es egal, was aus mir wird, und dann es ist auch egal, was Viola darüber denkt. Wenn es sein muss, werde ich es tun.
    Ich hole mein Messer hervor.
    An der Klinge klebt an einigen Stellen getrocknetes Blut, mein Blut und Spackle-Blut, ansonsten glänzt es, schimmert und blitzt, blitzt und schimmert. Die Spitze ragt hervor wie ein hässlicher Daumen, die Zacken an der Seite stehen wie Reißzähne hervor und die Schneide pulsiert wie ein pralles Blutgefäß.
    Das Messer lebt.
    Solange ich es in der Hand halte, solange ich es benutze, lebt das Messer, lebt, um Leben zu nehmen, aber es muss gezähmt werden, es braucht mich, damit ich ihm sage, wen es töten soll, und es will töten, es will eintauchen und zustoßen und schneiden und stechen und durchbohren, aber ich muss es ebenso wollen, sein Wille muss auch mein Wille sein.
    Ich bin derjenige, der ihm erlaubt zu töten, und ich bin derjenige, der die Verantwortung dafür trägt.
    Aber wenn das Messer selbst es will, das Töten, dann ist alles einfacher.
    Wenn es so weit kommt, werde ich wieder versagen? » Nein «, flüstert mir das Messer zu.
    » Ja «, flüstert mir der Wind zu, der über den Fluss weht.
    Ein Tropfen Schweiß fällt von meiner Stirn auf die Klinge, und das Messer ist wieder nur ein Messer, nur ein Werkzeug, nur ein Stück Metall in meiner Hand.
    Nur ein Messer.
    Ich lege es auf den Boden im Boot.
    Ich zittere und huste. Wieder, immer noch. Ich drehe mich um, mir ist egal, ob die Welt unter mir schwankt, und ich lasse mich vom Wind abkühlen. Der Fluss macht eine Kehre und ich lasse mich darauf zutreiben.
    Jetzt kommt die Stelle, denke ich. Jetzt gibt es kein Zurück mehr.
    Ich schaue nach oben zu den Baumwipfeln.
    Meine Zähne klappern.
    Ich sehe noch keinen Rauch.
    Komm schon, Junge, jetzt muss es passieren!
    Kein Rauch zu sehen.
    Kein Rauch zu sehen.
    Die Flussbiegung kommt näher.
    Komm schon, Manchee!
    Kein Rauch zu sehen.
    Klapper, klapper, klapper, so schlagen meine Zähne aufeinander. Ich schlinge die Arme um mich.
    Und da ist er. Rauch!
    Die ersten kleinen Wölkchen, sie steigen etwas weiter flussabwärts in die Luft wie Wattebällchen.
    Braver Hund, denke ich und beiße die Zähne zusammen. Braver Hund.
    Das Boot treibt in die Flussmitte, deshalb rudere ich, so gut ich kann, und steuere es wieder in Ufernähe.
    Ich zittere so sehr, dass ich das Ruder kaum festhalten kann.
    Die Flussbiegung kommt näher.
    Und da ist auch der gespaltene Baum, der Baum, den der Blitz getroffen hat, er taucht zu meiner Rechten auf.
    Jetzt weiß ich, dass ich es fast geschafft habe.
    Aaron wird direkt daruntersitzen.
    Hier ist er.
    Ich huste und schwitze und zittere, aber ich lasse das Ruder nicht los. Ich mache noch ein paar Schläge, rudere näher ansUfer heran. Wenn Viola aus irgendeinem Grund nicht laufen kann, muss ich das Boot in den Ufersand setzen, um sie zu holen.
    Ich achte darauf, dass mein Lärm so leer wie möglich ist, und kann nur hoffen, dass der Wind laut genug ist und dass Manchee ...
    »Todd! Todd! Todd!«, höre ich aus der Ferne. Mein Hund bellt meinen Namen, um Aaron wegzulocken. »Todd! Todd! Todd!«
    Der Wind steht so, dass ich Aarons Lärm nicht hören kann, deshalb weiß ich nicht, ob dieser Teil meines Plans überhaupt funktioniert, aber da am Ufer ist der gespaltene Baum, mir bleibt nichts anderes übrig, als ...
    »Todd! Todd!«
    Mach schon, mach schon ...
    Der gespaltene Baum gleitet an mir vorbei.
    Ich ducke mich ins Boot.
    »Todd! Todd!« Die Stimme wird schwächer, entfernt sich. Äste knacken.
    Dann höre ich es.
    »Todd Hewitt!«, brüllt jemand so laut wie ein Löwe. Wie ein Löwe, der sich schnell wegbewegt.
    »Mach schon«, murmle ich vor mich hin, »mach schon, mach schon, mach schon.«
    Meine geballten Fäuste umklammern das Ruder und ... Da ist schon die Biegung.
    Der Lagerplatz kommt in Sicht.
    Da ist sie.
    Da ist sie.
    Aaron ist weg, aber sie ist da.
    Sie liegt in der Mitte auf dem Boden.
    Sie rührt sich nicht.
    Mein Herz ist in Aufruhr, und ich huste, aber ich bemerke es nicht einmal. »Bitte, bitte, bitte.« Ich rudere wie wild, steuere das Boot näher ans Ufer, ich

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