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Die Flucht

Titel: Die Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Ness
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das vergiftete Blut in meinen Adern pochen und die ganze Welt hallt davon wider. Wenn ich die Augen zusammenkneife, quälen mich die tanzenden Lichter nicht mehr so arg und alles andere scheint an dem Platz zu bleiben, an den es gehört.
    Zuallererst brauche ich einen Stock. Manchee und ich durchsuchen die ausgebrannten Häuser. Drinnen sind alle Gegenstände schwarz und krümelig, aber das kommt mir gerade recht.
    »Pffogg, Tdd?«, fragt Manchee. In seiner Schnauze klemmt ein Stock, halb so lang wie er selbst, er hat ihn aus einem Stapel verbrannter Stühle hervorgezogen. Was mag hier geschehen sein?
    »Bestens.« Ich nehme ihm den Stock ab.
    » Das wird nicht funktionieren «, sagt der Junge, der sich in einem dunklen Winkel versteckt hat. Ich sehe das Messer in seiner Hand aufblitzen. » Du wirst sie nicht retten. «
    »Ich werde sie retten.« Ich breche ein paar große Späne von dem Stecken ab. Nur ein Ende ist völlig verkohlt – genau das, was ich brauche. »Kannst du das tragen?«, frage ich Manchee und halte ihm den Stock hin.
    Er nimmt ihn in die Schnauze, rollt ihn ein bisschen hin und her, um ihn besser fassen zu können, aber dann hat er ihn fest im Maul. »Ja!«, bellt er.
    »Großartig.« Ich richte mich auf, falle dabei aber fast um. »Jetzt brauchen wir noch ein Feuer.«
    » Du kannst kein Feuer machen «, sagt der Junge, er ist schon draußen und wartet auf uns. »Das Kästchen, mit dem man Feuer machen kann, ist kaputt.«
    »Du hast keine Ahnung«, sage ich, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. »Ben hat es mir beigebracht.«
    » Ben ist tot «, entgegnet der Junge.
    »Frü-ü-üh am Mo-orgen«, singe ich laut und deutlich. Die wirbelnde Welt um mich herum funkelt so seltsam, aber ich singe trotzdem weiter. »Wenn die So-ho-honn aufgeht.«
    » Du hast nicht genug Kraft, um ein Feuer anzufachen .«
    »Eine Maid vom Ta-hal zu mir fle-he-het.« Ich finde ein langes, flaches Holzstück und schneide mit dem Messer ein kleines Loch hinein. »Ach, betrüg mich nie-ie.« Dann mache ich ein Ende eines kleineren Holzes rund. »Ach, verlass mich nie-ie.«
    » Wie kannst du mich Arme so missachten, wie ?«, beendet der Junge das Lied.
    Ich beachte ihn gar nicht. Ich stecke das abgerundete Ende des Steckens in das Loch und fange an, es ganz schnell zwischen meinen Handflächen zu drehen. Ich drehe im selben Takt, in dem mein Kopf dröhnt, und ich sehe mich, wie ich mit Ben im Wald bin, wir beide drehen um die Wette. Wer das erste kleine Rauchwölkchen hinkriegt, hat gewonnen. Er war immer der Erste und jeder zweite Versuch von mir ging völlig daneben. Das waren Zeiten, damals.
    Das waren Zeiten.
    »Komm schon«, mache ich mir selbst Mut. Ich schwitze, ich huste, und mir ist schwindelig, aber ich höre nicht auf zu drehen. Manchee bellt das Holz an, er will auch beim Feuermachen helfen.
    Und dann steigt ein kleiner Rauchkringel auf.
    »Ha!«
    Mit der Hand schütze ich ihn vor dem Wind und blase behutsam hinein, damit der Funke überspringt. Ich nehme etwas trockenes Moos, das besser brennt, und als das erste Flämmchen auflodert, bin ich so glücklich wie seit Langem nicht mehr. Ich werfe ein paar kleine Späne darauf, warte, bis auch sie brennen, dann ein paar größere, und es dauert nicht lange, und vor mir flackert ein richtiges Feuer. Wirklich und wahrhaftig ein Feuer.
    Ich lasse es eine Minute lang brennen. Ich verlasse mich darauf, dass der Wind in unsere Richtung weht und Aaron den Rauch nicht bemerkt. Und ich verlasse mich auch aus anderen Gründen auf den Wind.
    Ich taumle zum Flussufer, halte mich an Baumstämmen fest, um nicht zu stürzen, bis ich den Anlegesteg erreicht habe. »Komm schon, komm schon«, stoße ich zwischen den Zähnen hervor, als ich vorsichtig den Steg entlanggehe. Er knarrt unter meinen Schritten, und einmal falle ich fast kopfüber ins Wasser, aber schließlich erreiche ich doch das Boot, das dort festgemacht ist.
    » Es wird untergehen «, sagt der Junge, der bis zu den Knien im Wasser steht.
    Ich springe in das kleine Boot und nach vielem Schwanken und Husten stehe ich endlich sicher darin. Es ist wackelig und eng und der Boden ist uneben.
    Aber es schwimmt.
    » Du kannst überhaupt kein Boot steuern .«
    Ich klettere heraus, balanciere über den Steg, kehre zu den Häusern zurück und suche alles ab, bis ich ein Stück Holzgefunden habe, das flach genug ist, damit ich es als Ruder benutzen kann.
    Mehr brauche ich nicht.
    Wir sind so weit.
    Der Junge steht da und hält meine

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