Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Flucht

Titel: Die Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Ness
Vom Netzwerk:
Sachen in der Hand, den Rucksack hat er auf den Rücken geschnallt, sein Gesicht ist ohne jede Regung, ich höre nicht den geringsten Fetzen Lärm.
    Ich blicke ihm fest in die Augen. Er sagt kein Wort. »Manchee ?«, rufe ich, aber er ist schon neben mir. »Hier, Todd!«
    »Guter Junge.« Wir gehen zum Feuer. Ich nehme den Stecken, den Manchee gefunden hat, und stochere mit dem brennenden Ende darin herum. Nach einer Minute glüht und raucht er, die Flammen züngeln aus dem Holz.
    »Bist du sicher, dass du das tragen kannst?«, frage ich.
    Er nimmt den Stecken ins Maul, an dem Ende, das noch nicht brennt, und wartet. Der verdammt beste Hund im ganzen Universum ist bereit, das Feuer zum Feind zu tragen. »Bist du so weit, mein Freund?«, frage ich.
    »Sweit, Tdd!«, antwortet er. Er wedelt so heftig mit dem Schwanz, dass der Stummel vor meinen Augen verschwimmt. » Er wird Manchee töten «, sagt der Junge.
    Ich stehe da, die Welt dreht sich und flimmert, mein Körper gehorcht mir nicht mehr, ich huste, dass meine Lunge fast birst, mein Kopf dröhnt, meine Beine wanken, mein Blut kocht, aber ich stehe.
    Verdammt noch mal, ich stehe.
    »Ich bin Todd Hewitt«, sage ich zu dem Jungen. »Und ich lasse dich hier zurück.«
    » Das schaffst du nie «, sagt er.
    Aber ich wende mich um und sage zu Manchee: »Los geht’s, alter Junge.«
    Er rast die Anhöhe hinauf und auf der anderen Seite wieder hinab, das brennende Holzstück im Maul, und ich zähle bis hundert, so laut, dass ich niemanden mehr reden höre, auch keinen Jungen, und dann zähle ich noch einmal bis hundert. Jetzt ist es genug, ich torkle, so schnell ich kann, zum Steg, springe ins Boot, lege das Ruder in meinen Schoß. Mit dem Messer schneide ich das letzte, zerschlissene Stück Seil entzwei, das das kleine Boot noch festhält.
    » Du kannst mich nicht hier zurücklassen «, sagt der Junge. Er steht auf dem Bootssteg, in der einen Hand hält er das Buch, in der anderen das Messer.
    »Und ob«, sage ich.
    Er wird kleiner und kleiner in dem schimmernden, schwindenden Licht, während das Boot vom Steg wegtreibt und sich auf die Reise flussabwärts macht.
    Zu Aaron.
    Zu Viola.
    Zu allem, was mich dort erwartet.

31
    Die Niederträchtigen
werden ihre Strafe erhalten
    In Prentisstown gibt es auch Boote, aber seit ich denken kann, hat nie jemand eines benutzt. Wir haben den Fluss in der Nähe, natürlich, es ist derselbe, auf dem ich jetzt hin und her schaukle, aber bei uns ist er mit Felsbrocken übersät und reißend, und wo er wieder gemächlicher und breit dahinströmt, wartet ein Sumpf voller Krokodile. Danach kommt bewaldetes Marschland. Deshalb habe ich niemals in einem Boot gesessen. Auch wenn es so einfach aussieht, mit dem Boot den Fluss hinabzufahren, so ist es das in Wahrheit ganz und gar nicht. Glücklicherweise fließt der Fluss hier ziemlich träge dahin, auch wenn der Wind hin und wieder das Wasser ein wenig aufpeitscht. Das Boot treibt in die Strömung hinaus, wird von ihr erfasst und gleitet flussabwärts, egal was ich tue, deshalb versuche ich mit letzter Kraft zu verhindern, dass sich das Boot um die eigene Achse dreht.
    Ich brauche eine Weile, ehe mir das gelingt.
    »Verdammt«, flüstere ich vor mich hin. »Scheißding.«
    Nachdem ich mit dem Ruder im Wasser gestochert habe (und mich ein- oder zweimal im Kreis gedreht habe – halt die Klappe), finde ich heraus, wie man das Boot einigermaßen auf Kurs hält. Als ich wieder aufschaue, merke ich, dass ich wahrscheinlich schon die Hälfte des Wegs zurückgelegt habe.
    Ich schlucke und zittere und huste.
    Und das ist mein Plan. Es ist wahrscheinlich kein guter Plan, aber zu mehr ist mein flackerndes, irrlichterndes Hirn nicht fähig.
    Manchee wird das brennende Stück Holz irgendwo ablegen, wo der Wind den Rauch in die Luft bläst. Wenn das Feuer sich ausbreitet, wird Aaron denken, dass ich ein Lager aufgeschlagen habe. Dann wird Manchee zu Aaron rennen, wie wild zu bellen anfangen und so tun, als wolle er mir mitteilen, dass er Aaron gefunden hat. Das ist ganz einfach, denn er muss nichts weiter tun, als meinen Namen zu bellen, was er ohnehin immer macht.
    Aaron wird ihm nachjagen. Er wird versuchen ihn umzubringen. Aber Manchee wird schneller sein. (Lauf, was du kannst, Manchee, lauf, was du kannst!) Dann wird Aaron den Rauch bemerken. Aaron, der nicht ein Fünkchen Angst vor mir hat, wird darauf zugehen, um mich ein für alle Mal fertig zu machen.
    Ich treibe derweil flussabwärts, komme von der

Weitere Kostenlose Bücher