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Die Fluchweberin

Die Fluchweberin

Titel: Die Fluchweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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noch ihre eigenen Zauberer, die unter wer weiß welchen Umständen für das Ministerium arbeiteten, und saugten ihnen das Blut aus! Um damit jene Kunst auszuüben, die sie zutiefst verabscheuten!
    Skyler löste den Pfropf von der Phiole und tröpfelte einwenig Blut auf die Kräutermischung. Ich verkniff mir einen Kommentar darüber, was für erbärmliche Heuchler er und seinesgleichen doch waren, und wandte den Kopf ab. Mein Blick fiel auf den Laptop, den er auf dem Schreibtisch abgestellt hatte. Plötzlich hatte ich eine Idee.
    »Kann ich deinen Laptop benutzen?«, fragte ich.
    »Willst du einen Hilferuf absetzen?«
    »Klar. An alle Magier dieser Welt. Damit sie dich ordentlich in den Hintern treten.« Als ob mir jemand rechtzeitig zur Hilfe kommen könnte, wenn ich jetzt über das Internet Alarm schlug. Ganz zu schweigen davon, dass ich nicht einmal wusste, wen ich hätte alarmieren sollen. »Während du deinen Hokuspokus machst, könnte ich mich im Internet umsehen, ob ich etwas über die Geschichte der Hexenseele finde. Vielleicht ein paar Details, die Mortens ausgelassen oder nicht gewusst hat.«
    Skyler dachte kurz nach, dann nickte er. »Klingt vernünftig. Mach das.« Sichtlich war auch ihm klar, dass ich nichts tun konnte, was mich aus meiner Lage befreien würde.
    Nun ja, fast nichts.
    Tatsächlich interessierte ich mich im Augenblick kein Stück für die Hexenseele. Ich hatte etwas anderes im Sinn. Kaum hatte ich den Laptop aufgeklappt, sprang er auch schon an. Ich startete die Suchmaschine in zwei Fenstern. In einem gab ich die Suchbegriffe Calder Ravenwood, Seele, Medaillon, Magie ein und schickte die Anfrage los, ehe ich das Fenster wegklickte. Die Finger meiner linken Hand lagen auf der Tastenkombination, mit der ich es binnen eines Wimpernschlags wieder in den Bildschirmvordergrund holen konnte. Nur für den Fall, dass Skyler auf die Idee kam nachzusehen, was ich hier trieb. Im zweiten Fenster gab ich die Suchanfrage ein, die mich wirklich interessierte: Unschädlich machen RFID-Chips.
    Ich baute darauf, dass der Sender auf der gängigen RFID-Technologie basierte, und alles, was einen dieser Chips außer Gefecht setzte, auch auf ihn wirken würde. Eine bessere Idee hatte ich im Augenblick nicht.
    Es dauerte nicht lange, bis ich eine Antwort auf meine Frage fand. Da ich den Chip weder in die Mikrowelle stecken, noch einen elektromagnetischen Impuls zur Verfügung hatte, mit dem ich ihn zerstören konnte, blieb mir nur eine Möglichkeit, solange das Ding unter meiner Haut steckte: Alufolie. Wenn ich den Chip damit abschirmte, konnte ich ein Auslesen der Daten und damit ein Aufspüren meines Aufenthaltsortes verhindern.
    Aber wie um alles in der Welt sollte ich unauffällig an ein Stück Alufolie kommen? Vielleicht war in einer der Küchen bei den Aufenthaltsräumen eine Rolle zu finden, ganz sicher in der Küche hinter dem Speisesaal. Allerdings würde ich Skyler nur schwer vermitteln können, warum ich ausgerechnet jetzt dringend – und am besten allein – in die Küche musste. Ich könnte behaupten, Hunger zu haben. Tatsächlich konnte ich mich nicht einmal daran erinnern, wann ich zum letzten Mal etwas gegessen hatte. Aber selbst wenn er mir glaubte, würde er darauf bestehen, mich in die Küche zu begleiten. Spätestens wenn er sah, wie ich nach einer Rolle Alufolie griff, würden bei ihm die Alarmglocken schrillen.
    Es musste eine andere Möglichkeit geben.
    Ich schloss die Fenster, die ich für die RFID-Chips geöffnet hatte, und holte die Suchanfrage nach Calder und der Seele wieder nach oben. Dann ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen. Skyler war so in sein Tun vertieft, dass er mir keine Aufmerksamkeit schenkte. Er hatte eine Grundrisskarte der Internatsgebäude neben sich auf dem Boden ausgebreitet und zeichnete mit einem Pinselverschlungene Muster auf deren Ränder. Als Vorlage diente ihm das abgegriffene Buch, das er als Erstes aus der Sporttasche gezogen hatte.
    Das alles war auf schreckliche Weise falsch. Vor mir saß ein Sucher und benutzte, ohne mit der Wimper zu zucken, verbotene Magie, während ich wegen meiner angeborenen Gabe verhaftet und bestraft werden würde.
    Höchste Zeit, meinen Fluchtplan weiter voranzutreiben.
    Ich stieß lautstark die Luft aus und gab dann einen unterdrückten, aber wohldosierten Laut von mir, von dem ich hoffte, dass er nicht zu sehr nach einem Winseln klang.
    Skyler sah auf. »Stimmt was nicht?«
    »Ich fürchte, ich bin ziemlich unterzuckert.

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