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Die Fluchweberin

Die Fluchweberin

Titel: Die Fluchweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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tatsächlich nicht! Er hatte keine Ahnung von meiner Magie! Andernfalls hätte er mich längst gefesselt und verschnürt, damit mich seine Leute abholen konnten. Ganz sicher aber würde er mich nicht so sanft, fast schon liebevoll behandeln.
    Einen Moment lang schloss ich erleichtert die Augen, bis mir bewusst wurde, dass die Gefahr noch immer nicht vorüber war. Heilige Scheiße, wenn ich doch nur den Mund gehalten hätte! Stattdessen hatte ich ihm gedroht, seine Tarnung auffliegen zu lassen. Er würde mich melden. Vermutlich hatte er das längst getan. In ein paar Minuten würde ein Einsatzteam der Magiepolizei hier eintreffen und mich festnehmen. Sie würden mich abführen und im Verhör herausfinden, dass ich Magie in mir trug. Dann würde ich wie all die anderen Zauberer auch verschwinden. So wie Mom. Und das nur, weil ich meine Klappe nicht halten konnte.
    Während ich kurz davorstand, vor Angst ohnmächtig zu werden, stahl sich ein Lächeln in Skylers Züge. »Weißt du, eigentlich bin ich ganz froh, dass ich mich dir gegenüber nicht länger verstellen muss. Es ist mir schon die ganze Zeit über schwergefallen, dir etwas vorzuspielen.«
    »Wie wunderbar«, brummte ich. Mein Blick wanderte zu der Platzwunde an seiner Stirn, und in diesem Augenblick wünschte ich mir, ich wäre es gewesen, die ihm eins übergezogen hätte. »Dann kannst du jetzt endlich aufhören, mir all die Nettigkeiten zu sagen, mich zu küssen oder auf mich aufzupassen, und unbehelligt von mir deine Arbeit erledigen.«
    Er stemmte die Hände neben meinen Schultern gegen den Stamm und brachte sein Gesicht dicht an meines heran, so dicht, dass es vor meinen Augen verschwamm. »Es war nicht alles gelogen«, sagte er. »Es stimmt, ich bin kein Schüler und ich habe mich an dich herangemacht in der Hoffnung, durch dich mehr über deine Mitschüler zu erfahren. Aber was meine Gefühle für dich angeht … ich mag dich wirklich, Raine. Mehr, als ich je gedacht hätte.« Plötzlich lächelte er. »Wie wäre es mit einem Deal?«
    »Ein Deal?«, echote ich.
    Skyler nickte. »Wenn du mir bei meinen Nachforschungen hilfst, werde ich vergessen, dass du damit gedroht hast, mich auffliegen zu lassen. Und ich würde es sehr gerne vergessen.«
    Ich war vom Haken. Endlich gestattete ich mir aufzuatmen. Gleichzeitig war ich noch immer so angespannt, dass ich am liebsten geschrien hätte. Oder geweint. Oder gelacht. Vielleicht auch alles auf einmal. Ich biss mir auf die Zunge, um jeden verräterischen Laut zu unterdrücken. Skyler mochte die Wahrheit über mich nicht kennen, er hatte mich sogar gern – ein Gedanke, der mein Herz schneller schlagen ließ. Trotzdem hatte die Tatsache, dass er ein Sucher war, alles verändert. Schon vorher war es ein Risiko gewesen, ihn an mich heranzulassen. Jetzt wusste ich, dass seine Nähe mich in Lebensgefahr brachte. Ein einziger unbedachter Satz oder eine fahrlässige Handlung konnten mich alles kosten. Wenn ich jedoch auf der Hut war und mir keinen Ausrutscher erlaubte, bestand die Chance, meine Begegnung mit Skyler unbeschadet zu überstehen. Das war mehr, als ich vor ein paar Minuten zu hoffen gewagt hatte.
    Für einen Moment spielte ich mit dem Gedanken, mich von ihm ins Haus zurückbegleiten zu lassen und zu verschwinden, sobald er mich aus den Augen ließ. Es wäre der einfachste Weg – aber auch der sicherste, um ihm klarzumachen, dass ich etwas zu verbergen hatte.
    Nein! Wenn ich das Auftauchen des Suchers unbeschadet überstehen wollte, durfte ich nichts tun, was mich in irgendeiner Form verdächtig erscheinen ließ. Flucht stünde mit Sicherheit ganz oben auf der Liste verdächtiger Handlungen. Auch wenn es mir schwerfiel, mir blieb keine andere Wahl, als Skylers Gegenwart auszuhalten, bis er seinen Auftrag beendet hatte und der Schule (und meinem Leben) den Rücken kehren würde.
    Bis dahin konnte ich seine Anwesenheit womöglich sogar zu meinem Vorteil nutzen. Sucher kannten sich mit Magie aus, ganz besonders wenn es um ihre Austreibung und Aufhebung ging. Jemand hatte mir einen Zauber angehängt. Wenn ich Skyler davon überzeugen könnte, dass ich ein unschuldiges Opfer war, würde er mir womöglich helfen die Kreatur loszuwerden, die meiner habhaft zu werden versuchte.
    Bevor ich jedoch ernsthaft in Erwägung zog, ihn um Hilfe zu bitten, musste ich mir sicher sein, dass er tatsächlich keinen Verdacht schöpfte, was meine Magie anging.
    Während ich noch überlegte, ob und wie ich ihm von meinem Problem

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