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Die Fluchweberin

Die Fluchweberin

Titel: Die Fluchweberin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Melzer
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Über die offenen Felder und Wiesen zu laufen erschien mir auch keine gute Option. Wenn sie wirklich mit einem Hubschrauber … Selbst, wennsie mir zu Fuß folgten, wäre ich im Mondschein bereits von Weitem zu erkennen.
    Ich musste mir meinen Weg am Waldrand entlang suchen, bis ich entweder weit genug weg war, um mich hervorzuwagen, oder bis es hell wurde und ich tiefer in den Wald vordringen konnte. Wenn es mir gelänge, eine Bahnstation zu erreichen, konnte ich einen Zug nach London nehmen. Dort dürfte es selbst der Magiepolizei schwerfallen, mich aufzuspüren, solange ich keine Flüche webte oder mich anderweitig auffällig benahm.
    Nachdem ich nun so etwas wie einen Plan hatte, lief ich los. Die Wiese war uneben, sodass ich nicht so schnell vorankam, wie ich gehofft hatte. Mühsam bahnte ich mir meinen Weg über das holprige Gelände, nie wissend, wann ich es mit einer Unebenheit oder lediglich mit einem Schatten zu tun hatte, den das Mondlicht auf den Boden zeichnete. Die zahlreichen Maulwurfshügel auf der Wiese erleichterten mir mein Vorhaben nicht gerade.
    Stolpernd und viel zu langsam bewegte ich mich vorwärts, als ich einen dumpfen Laut hinter mir vernahm. Mir war sofort klar, was ich gehört hatte, trotzdem drehte ich mich um in der Hoffnung, dass sich alles als Irrtum herausstellen würde. Doch ich hatte mich nicht getäuscht. Es war der Aufprall zweier Füße auf dem Boden gewesen. Jemand war über die Mauer gesprungen. Ich glaubte eine schemenhafte Gestalt auszumachen, war mir jedoch erst sicher, als sich der Schemen bewegte. Nach zwei Schritten hatte er die Schatten hinter sich gelassen und trat ins Mondlicht.
    Skyler.
    Ich machte kehrt und lief weiter. Mit jedem Schritt wurde ich schneller, wobei ich versuchte, meine Beine nur auf die hellen Stellen im Boden zu setzen und die Schatten zu meiden. Manchmal allerdings waren die Schatten auf so eingroßes Gebiet verteilt, dass ich sie unmöglich mit einem großen Satz überwinden konnte. Dann blieb mir nichts anderes, als weiterzulaufen und auf mein Glück zu hoffen.
    Hinter mir rief Skyler immer wieder meinen Namen. Ich blieb nicht stehen und sah mich auch nicht um. Seine Stimme zeigte mir deutlich genug, dass er näher kam. Vermutlich hatte er in seinen magischen Schutztätowierungen auch irgendein verfluchtes Gimmick eingebaut, das ihn im Dunkeln besser sehen ließ. Der unebene Untergrund schien ihn jedenfalls wesentlich weniger zu behindern als mich.
    Noch zwanzig Meter bis zum Waldrand.
    Wenn es mir gelang, zwischen den Bäumen zu verschwinden und ein Versteck zu finden, ehe er den Waldrand erreichte, hatte ich vielleicht eine Chance. Wenn er mich jedoch vorher einholte …
    Halb springend, halb laufend näherte ich mich dem Waldrand. Wieder hörte ich Skyler meinen Namen rufen, dann hatte ich die Bäume erreicht und tauchte in die Schatten. Mit einem Mal war es so dunkel um mich herum, dass ich vor Schreck stehen blieb. Wie sollte ich ihn jemals abhängen, wenn ich es kaum wagte, tiefer zwischen die Bäume zu dringen?
    Meine einzige Hoffnung bestand darin, ihn an mir vorbeilaufen zu lassen und mir dann meinen Weg außerhalb der ersten Baumreihen zu suchen. Ich tauchte in die Dunkelheit ein, drängte mich an den harzigen Stamm einer Buche und wartete.
    Es dauerte nicht lange, bis Skyler den Waldrand erreichte. Im ersten Moment sah ich noch seine Silhouette, die jedoch mit der Dunkelheit verschmolz, sobald er den ersten Schritt zwischen die Bäume machte. Nur noch das Rascheln des Laubs unter seinen Schritten und das gelegentliche Knacken kleiner Äste waren zu hören. Dann verstummte auch das.
    Er war stehen geblieben.
    Ich widerstand dem Drang, mich noch enger an den Baum zu drücken, aus Furcht, ein verräterisches Geräusch zu machen.
    Ein paar Sekunden verstrichen, dann vernahm ich erneut seine Schritte. Erst als sie sich langsam entfernten, wagte ich wieder zu atmen. Die Hände zu Fäusten geballt verharrte ich in meinem Versteck und versuchte auszuloten, wann der Abstand zwischen uns groß genug war, um den Rückzug aus dem Wald zu wagen.
    Zum ersten Mal, seit ich das Haus verlassen hatte, wurde mir bewusst, wie kalt es war. Die Luft war feucht, und wenn ich genau hinsah, zeichnete sich mein Atem in kleinen Wölkchen vor mir in der Luft ab. Verräterische Wölkchen, die mich dazu brachten, den Mund zu schließen und durch die Nase zu atmen.
    Solange ich gelaufen war, hatte ich die Kälte nicht wahrgenommen. Je länger ich jedoch in meinem

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