Die Flüchtlinge des roten Mondes
bestiegen die beiden Saurier den Wagen und wiesen mit einer flüchtigen Handbewegung auf ihre beiden ‚Diener’. Die Edle und Ehrwürdige Mutter machte eine kaum wahrnehmbare Geste der Begrüßung, was Dane so interpretierte, daß sie ihnen die Erlaubnis erteilte, unter der gleichen Sonne mit ihr zu verweilen. Dane spürte eine Berührung am Arm.
„Hungrig?“ fragte Meister Rhomda. „Eure Herren werden euch eine Weile nicht benötigen. Kommt mit. Ich werde euch etwas besorgen …“
In diesem Augenblick hörte man scharfen Galopp neben den anderen Geräuschen, desgleichen eine Reihenfolge schriller Pfiffe, die befehlend klangen.
„Nichts mit Essen“, sagte Rhomda und kicherte, als die pferdeähnlichen, gehörnten Tiere über die Straße eilten. „Sieht aus, als habe sich der Alte entschlossen, das Banditenlager anzugreifen. Das ist auch gut so, denn von ihnen gibt es in diesem zivilisierten Teil viel zu viele. Kommt. Auch du, Joda“, fügte er, zu dem Jungen gewandt, hinzu. „Wenn du dieses Mal, wenn dein Vater dich ruft, nicht da bist, weißt du, was passieren wird – und dann kann ich nichts mehr für dich tun.“
Rhomda machte noch einmal eine von diesen eiskalten, präzisen Bewegungen mit dem Speer, als er sich umwandte, und plötzlich entdeckte Dane die Information wieder, die er die ganze Zeit über gesucht hatte, nämlich die, was es mit der blauen Robe auf sich hatte. Es war das Zeichen des Anka’an-Ordens, einer asketischen Bruderschaft von Elitespeerkämpfern, deren Philosophie und Disziplin Dane manchmal an die Samurai seiner eigenen Welt erinnert hatte.
Überall um sie herum liefen die dunklen Männer, die Speere in der Hand und die macheteähnlichen Messer an der Hüfte. Dane spürte auch in sich die Spannung, die sie zum Rennen zwang. Er blickte zu Rianna, doch sie bemerkte es nicht. Ihr Gesicht war verschlossen, wie er es zuerst auf der Jägerwelt kennengelernt hatte. Er spürte das kitzelnde Prickeln in jedem Nerv, ein sonderbares hohles Knurren in der Magengrube.
Der Wagenmeister glitt von seinem braunen Reittier. Danes Kopf gab ihm unwichtigerweise den Eingeborenennamen für das Tier ein: Khostli . Er beobachtete die Augen des Wagenmeisters, die rasch über die versammelten Männer glitten, sah, wie sie beim Anblick Jodas schmal wurden und ein wütendes Erröten sein Gesicht überzog. Offensichtlich hatte der Junge etwas getan, worüber sein Vater wütend war – wütend und auch besorgt. Aber der Wagenmeister hatte im Moment keine Zeit, sich um einen Sohn auf Abwegen zu kümmern.
„Hört zu Männer“, sagte er. „Wir haben das Lager der Banditen entdeckt. Wir könnten sie angreifen und überraschen – sie wissen noch nicht einmal, daß wir kommen, und das Lager selbst ist zu stark, um angegriffen zu werden. Aber sie haben Posten unterwegs, die die Straße überwachen. Und wenn sie sehen, daß die Karawane kommt, werden sie das Lager verlassen und uns angreifen. Und ich werde im Dschungel hinter ihnen sein.“
Er machte eine Pause, damit sie seinen Plan verarbeiten konnten. Dane sah auf den Gesichtern um ihn her die verschiedensten Ausdrücke: Furcht, Bewunderung, Aufregung. Hier und dort überragten die Gruppe die riesigen Rücken von Sauriern. Ihre schwarzen Schuppen glitzerten bläulich in der Sonne. Die Mienen der Reptile waren undurchdringlich.
„Alles, was ihr zu tun habt, ist, in die Falle zu laufen und so zu tun, als wüßtet ihr von nichts. Sie werden sich auf den Überraschungseffekt verlassen und erwarten, daß ihr verwirrt herumrennt. Was sie nicht erwarten ist eine solide Verteidigung. Und wenn wir sie dann von hinten angreifen, werden wir ihre Linien durchbrechen und sie zerstreuen.“ Rasch glitt sein Blick über die Männer. „Meister Rhomda, Ihr seid für die Verteidigung der Karawane verantwortlich. Macht die Ganjir bereit und erwartet sie jede Minute. Schickt ein paar von den Wachen zur Karosse der Edlen Mutter. Mögen uns die Gesegneten einen glücklichen Ausgang wünschen.“ Er sprang zurück in den Sattel seines Khostli und ritt hinüber zu der Stelle, wo Dane und Rianna neben Meister Rhomda und Joda standen. Er beugte sich aus dem Sattel und zischte mit leiser Stimme: „Bleib bei Meister Rhomda, Junge … und versuche dieses Mal, wie ein Mann zu kämpfen. Wenn du mir weitere Schande bereitest, dann sei lieber tot, wenn wir uns wiedersehen.“
Er setzte sich aufrecht hin und blickte Rhomda grimmig und trotzig an. „Ich überlasse die Verteidigung
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