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Die Flüchtlinge des roten Mondes

Die Flüchtlinge des roten Mondes

Titel: Die Flüchtlinge des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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plötzlicher Wachsamkeit: Arataks Kiemenschlitze! Beim normalen Sh’fejj sind sie an der Bauchseite!
    „Ich hoffe, die Wunde verheilt gut? Würdet Ihr mir erlauben, sie zu untersuchen, wenn ich nun schon hier bin?“
    Verlegenheit trat auf Arataks Gesicht, die rasch durch Gleichgültigkeit und Unschuld ersetzt wurde. Dane und Dravash blickten einander an, und Dane hoffte, seine Miene wäre ebenso undurchdringlich wie die des Kapitäns.
    „Keine Sorge, Heilkundiger“, sagte Aratak ruhig. „Die Wunde verheilt gut und benötigt keinerlei Versorgung.“
    „Aber es wäre vielleicht besser, wenn ich sie mir ansehe“, meinte Haithiyo’asha und trat einen Schritt vor. „Es ist ein langer Weg nach Raife, und das Klima könnte Schwierigkeiten bereiten. Sagt mir, werdet Ihr Borchan passieren?“
    Diese Frage richtete sich an Dravash, und dieser antwortete auch. „Ja, ich glaube schon, wenn auch unsere Route noch nicht festliegt.“
    Der Heilkundige starrte auf seine Pfote. Er berührte die Stacheln um Arataks Hals – und erstarrte. Dane sah, wie das Lächeln aus Prithvais Miene verschwand. Die dunklen Augen blitzten plötzlich auf.
    Der Heilkundige senkte den Blick. Die langen Klauen berührten sich an den Spitzen. Dann hob er die Augen.
    „Ich bin seit vielen Brutzeiten nicht mehr in der Gegend von Borchan gewesen“, sagte er nachdenklich. „Sag mir, wie steht es im Haushalt des alten Eeoffessaway?“
    Die Augen Meister Prithvais glitten rasch von einem zum anderen, wenn sich auch in seinem Gesicht kein Muskel regte. Dane erkannte an seinen verkrampften Händen, daß diese Frage eine Falle war. Dravashs Brauenwülste zuckten hoch. Aratak zögerte – eine Sekunde zu lange. Dann merkte er, daß er irgend etwas sagen mußte, einfach irgend etwas, und er gab ruhig und kalt von sich: „Ich hatte nicht die Ehre der persönlichen Bekanntschaft, Heilkundiger.“
    Dane, der Meister Prithvais Gesicht beobachtete, dachte: Die Antwort war falsch. Der Mann ist tot oder hat niemals existiert! Die Speerspitze ruhte immer noch zwischen Prithvais Füßen, doch Dane wußte, weil er sich an Meister Rhomda in Aktion erinnerte, daß dieser Speer im Bruchteil einer Sekunde zum Kampf erhoben sein konnte.
    Der älteste Trick, den es gibt – und Aratak war darauf hereingefallen!
    Eisig sagte Aratak, in dem Versuch, weiter zu bluffen: „Ehrlich gesagt, Heilkundiger, ist mir diese Person völlig unbekannt. Seid Ihr sicher, Ihr habt nicht Borchan mit irgendeinem anderen …“ – einen nachdenklichen Moment zögerte er, schloß jedoch fehlerfrei – „… Ort verwechselt?“
    Dane war sich des Schwerts auf seiner Seite absolut bewußt. Die linke Hand bedeckte den oberen Teil des Knaufes, er erkannte die Spannung in seiner Rechten, wo sich die Finger bereitmachten, über den Schoß zu springen, um sich um das Schwert zu schließen, registrierte die Spannung der Schultermuskeln, die bereit waren, die Schneide herauszujagen … doch er erkannte auch, daß die Augen des Speermeisters all dies registrierten. Er zwang sich, seine Hände zu entkrampfen, doch er wußte, daß sein Puls jagte wie ein Schnellzug.
    Langsam und mit undurchdringlicher Miene sagte der Heilkundige: „Da Ihr unsere Dienste nicht nötig habt, Ehrwürdiger Älterer, werden wir uns verabschieden.“ Er nickte Prithvai zu. Die vogelscheuchenartige Gestalt des Speermeisters streckte sich langsam. Mit todverheißender Anmut glitten die Hände an dem unbewegten Schaft hoch, perfektes Werkzeug eines Mannes, der entschlossen ist, keine unbedachten Bewegungen zu tun. Als er auf den Füßen stand, blieb Dane fast das Herz stehen, und seine Schwerthand verspannte sich, als sich der Speer nach einem genauen Griff umdrehte und mit dem stumpfen Ende auf den Boden stieß.
    Heilkundiger und Speermeister verbeugten sich förmlich. Dann schritt der Heilkundige aus dem Raum. Als er die Tür erreichte, wandte sich auch Prithvai um, um ihm zu folgen, und wandte ihnen den Rücken zu. Doch Dane sah die schreckliche Spannung in den Beinmuskeln und erkannte daran, wie er die Schultern hielt, daß das leiseste Geräusch von einem von ihnen den Speer herumwirbeln lassen würde …
    Als die Tür sich hinter ihnen schloß, atmete Dane tief und hörbar aus. Rianna fragte: „Was hatte denn das zu bedeuten?“
    „Entweder ist der Heilkundige, den er genannt hat, tot oder irgend jemand, den Aratak einfach kennen mußte“, antwortete Dravash. „Vielleicht jemand, dessen Tod oder Schande so bekannt

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