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Die Flüchtlinge des roten Mondes

Die Flüchtlinge des roten Mondes

Titel: Die Flüchtlinge des roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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wirbelte er herum und rannte wie von Teufeln gejagt los. Seine Füße mußten im Unterholz ein gewaltiges Krachen verursacht haben, doch die Wasserfälle übertönten jedes Geräusch. Er schoß zum Rand der Klippe und warf sich fast in den steilen Abgrund. Halb rennend, halb gleitend, stieg er unter einem Geprassel von kleinen Steinen herab.
    Auf halber Höhe streckte er die Hand aus und umklammerte einen jungen Baum. Bei seinem raschen Abstieg hatte er sich die Beine ziemlich aufgeschürft. Er wischte das Schwert ab und steckte es in die Scheide und sah dabei zum Rand des Abgrunds hinauf. Hatte man ihn entdeckt? Oder schlichen sie sich immer noch weiter zurück durch den Wald und erwarteten, daß er und die anderen jeden Moment aus dem Hinterhalt hervorbrechen würden?
    Zeit. Das war jetzt das Wichtigste. Zeit für Aratak und Dravash, damit sie es bis ins Tal hinab schafften.
     
    Er stieg weiter abwärts. Am Grund der Schlucht rief er nach Rianna, und seine Scheibe krächzte eine Antwort, deren Worte man nicht verstehen konnte. Er sprang auf den Vorsprung und runzelte die Stirn. Der glasartige Stein war eben, aber rutschig. Er mußte sich dicht an der Wand halten …
    „Dane …“ sagte die Scheibe in der Kehle, und dann schlang Rianna ihre Arme um ihn, rasch und fest. Sie ließ ihn wieder los. „Du bist voller Blut …“
    „Ihres“, antwortete er. „Ich selbst habe mir nur die Beine beim Abstieg zerkratzt.“ Er blickte über den Rand und konnte kaum noch die verschwommenen Gestalten von Aratak und Dravash erkennen, die sich weit unten abmühten.
    „Wir werden sie wahrscheinlich hier aufhalten müssen“, sagte er, als er schnell einen Blick über den Rand warf. Der Vorsprung war an dieser Stelle etwa zwei Meter breit und dort, wo er stand, an der Öffnung zur Schlucht, nur wenig breiter. Hinter ihm weitete er sich bis zu vier Metern, was ihm einen klaren Vorteil an Kampfraum bot – wenn er sie am Eingang der Schlucht zusammengedrängt aufhalten konnte.
    Jenseits der Großen Schlucht stiegen Schatten auf und kletterten wie die Flut an den Felsen hoch, während Belsar tiefer sank. Die hohen Wände unter ihnen waren oben noch dunkelrot, unten aber bereits schwarz. Bald würde die Sonne die Baumwipfel erreichen, dessen war er sicher. Riesige Vogelschwärme flatterten und wirbelten über den wolkenlosen Himmel, heim zu ihren Nestern im Dschungel und im Tal.
    Das Getöse der Wasserfälle würde jedes Geräusch seiner Verfolger unhörbar machen, wenn sie in die Schlucht hinabstiegen. Er blickte hoch, sah aber zwischen sich und dem Himmel nichts.
    Zu dritt konnten sie diesen Vorsprung leicht halten – wenn Dane sich auch nicht sicher war, ob ihnen Joda etwas nützen würde. Die Augen des Jungen vermieden ängstlich die entsetzliche Schlucht jenseits des Randes. Eigentlich, dachte Dane, war nur ein Mann nötig, um den Vorsprung zu halten …
    Irgendwo im Hinterkopf stellte er sich Dalliths Augen vor: offen und leer; tot, so wie er sie zuletzt gesehen hatte. Er sah Rianna tot auf dem Boden liegen, den Speer in der Hand …
    „Ihr beiden steigt weiter hinab“, hörte er sich sagen. „Ich kann sie aufhalten. Ihr wäret nur im Weg.“
    „Du bist wahnsinnig“, fauchte ihn Rianna an. „Du hörst dich an wie der … verrückte Cliff! So ist er auch umgekommen! Was willst du denn beweisen?“ Sie trat an seine Seite, die Kinnmuskeln verspannt, und die Stimme in seinem Ohr war so entschlossen wie nie zuvor.
    „Ich bleibe hier, Dane. Versuche nicht, mit mir zu streiten.“
    „Aber sieh doch mal“, sagte Dane betont vernünftig. „Ich habe einfach mehr Erfahrung im Bergsteigen als ihr beide zusammen, und die Höhe macht mir auch nichts aus. Und ich komme schneller die Felsen hinab. Wenn …“
    Er hielt inne. Eine winzige Bewegung erregte seine Aufmerksamkeit.
    Von oben rollte ein Steinchen herab, schlug auf dem Vorsprung auf und fiel in den Abgrund unter ihnen.
    Andere Steinchen folgten nach, danach auch der eine oder andere Stein von mittlerer Größe …
    „Zu spät“, meinte Dane. „Da kommen sie! Paßt auf!“
    Ihre Ohren waren durch das ständige Tosen der Fälle so taub geworden, daß die Steine für sie in absurder Stille herabfielen. Sie warteten. Finger umklammerten den Schwertknauf. Riannas Hand glitt den Speer entlang …
    Meister Rhomda sprang auf den Vorsprung und zielte mit der Lanze auf sie.
    Vor Danes innerem Auge schoß Blut aus Meister Prithvais Gesicht. Meister Rhomda! Und der Speer war

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