Die Flüchtlinge des roten Mondes
erhobenem Speer auf Dane zu. Der Mann mußte sich jedoch zur Seite wenden, um nicht auf die schlafenden Gestalten am Boden zu treten, und das schenkte Dane einen Augenblick Zeit, in dem er sich vor der gezückten Waffe in Sicherheit rollen konnte. Dann stand die Wache drohend in dem Flackerlicht über ihm. Den Speer hatte er bereits zum Stoß zurückgenommen.
Dane fingerte immer noch an den Fesseln, rollte sich jedoch herum und trat mit dem rechten Fuß nach dem Speer. Kies bohrte sich in seine rechte Schulter, als er sich wie eine gespannte Sprungfeder auf der Seite zusammenrollte. Dann streckte er sich wieder; der Ellenbogen bohrte sich in den Boden; er schleuderte die Hüften hoch und fühlte die Kraft dieses Angriffs bis hinab in sein plötzlich versteiftes Bein, bis hinauf in seinen Kopf. Mit einem neuen Schmerzschock erkannte er, wie sich die Wache zusammenkrümmte und zu seinen Füßen keuchte.
Rianna. Für dich!
Dane trat dem Mann die Füße unter dem Leib fort und schleuderte ihn zu Boden, was vielleicht Kraftvergeudung war. Er zerrte sich von den letzten Fesseln frei und rollte sich auf die Beine. Die Schlafenden rührten sich nun, blinzelten in das zuckende Feuerlicht und fielen einer über den anderen auf der Suche nach ihren Waffen.
Die beiden nächsten richteten ihre Speere auf Dane, doch dieser duckte sich, wich nach rechts aus und schlug eine Lanze beiseite. Sein Schwert! Wo war sein Schwert? Der Speermeister stand zwischen Dane und einem anderen, und über seine Schulter hinweg sah Dane das Gesicht des anderen Mannes, das verschwamm und wieder klar wurde, während die schwankende Dunkelheit Schatten über ihn warf – oder waren das seine Augen? Danes Arm schoß wie eine Kobra über die Schulter des einen und zielte auf das Gesicht des anderen. Er hörte den Mann schreien, sah ihn zusammensinken, die Hände vor die Augen geschlagen.
Dane wirbelte herum, warf einen anderen Nackten, den er nicht richtig zu sehen bekam, ins Feuer, und das Feuer ging aus. Dunkelheit stieg auf und umgab sie. Noch einer, den er vergessen konnte. Er griff nach einem herrenlosen Speer und zerbrach ihn über dem Gesicht eines anderen. Die Teile warf er fort und schritt über den Körper auf die anderen zu, die Schattengesichter, Geisteraugen, Cliff, Dallith, Riannas klare grüne Augen, die ihn von irgendwo aus der Dunkelheit beobachteten. Die Männer liefen auseinander, versuchten, ihn zu umzingeln, doch irgendwo außerhalb des Kreises war Rianna, und sie war tot, tot und wartete auf die Dunkelheit … Seine Fäuste waren Hämmer und seine Beine kämpfende Schlegel, und die Männer, die auf ihn eindrangen, waren nackt, hatten die Waffen nicht richtig im Griff. Es war leicht, sie zu entwaffnen, sie hilflos beiseite zu schleudern. Er wußte nicht, wie viele von ihnen er tötete, wie viele stöhnend am Boden lagen und nicht mehr aufstehen konnten. Ein Speer zielte auf ihn. Eine Machete zischte an seinem Kopf vorbei. Mit der Hand fing er die Machete, schleuderte den Messerkämpfer über den Schaft des Speeres. Er boxte, stieß mit einer Routinebewegung seiner Schultern zu, schlug einen heftigen Hieb auf einen Brustkorb … Der Speerschaft hieb gegen Danes Rippen. Knochen zersplitterte auf hartem Holz, als sein Arm einen weiteren Speer abfing und ihn beiseite warf. Er sprang über den Körper, um den Männern entgegenzutreten, die Rianna getötet hatten, sie zu zerschmettern, zu zerstreuen und den Raubtieren der Nacht zu überlassen, so wie sie es mit ihr … Im Feuerschein sah er, wie ihre Köpfe herumfuhren, sich auf etwas ihnen zur Linken oder dahinter konzentrierten.
„Die Dämonin!“ brüllte einer, und dann waren sie alle verschwunden, rannten wild und panisch davon. Er starrte ihnen nach und drehte sich um. Dort stand Riannas Geist, eine zuckende Gestalt, die mit den Flammen erschien und wieder verschwand. Sie war zu ihm gekommen. Kein Wunder, daß die anderen fortgelaufen waren. Ohne Zweifel würden Dallith und Cliff jeden Augenblick an ihrer Seite erscheinen … er wartete auf ihr Erscheinen, doch er sah nur ihre Messerklinge, auf der das Feuer zuckend tanzte. Sie schnitt Joda los.
„Kümmere dich nicht um ihn“, hörte Dane sich sagen. „Er lebt noch. Er kann nicht mit uns kommen … wo ist Dallith?“ Rianna schien ihn nicht zu hören. Natürlich konnte sie das nicht, denn sie war gar nicht da. Oder hatte er gar nicht laut geredet?
„Dane, nimm dein Schwert! Sie kommen bald zurück!“
Das klang
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