Die Flüchtlinge des roten Mondes
weicheren, sie umgebenden Felsens gelaufen waren, der selbst jedoch schon lange der Erosion zum Opfer gefallen war.
Dane blickte befriedigt die Klippe hinab. Eine Rasha könnte vielleicht hier heraufspringen, wenn sie halb verhungert oder verzweifelt war – aber sie würden sie kommen hören. Sie nahmen am Höhleneingang ihr Mahl zu sich und beobachteten dabei das Tal unter ihnen. Belsar war schon lange verschwunden, doch über ihnen war immer noch Licht. Langsam überzog sich der Himmel mit Dunkelheit, und große Sternenaugen flammten über ihnen auf. Hier unten in der Schlucht gab es keinen schützenden Dschungel; wenn Rhomda seine Männer hier herabgebracht hatte, würde er in der Tat gegen ihre Angst vor den Sternendämonen ankämpfen müssen!
Ein langgezogenes, schnurrendes Knurren kündigte den Beginn der nächtlichen Jagd an. Dane fuhr die Zeile eines Gedichts durch den Kopf, das einer lange schon verlorenen Welt zugehörte: Ye hear the Call; good hunting all, that keep the Jungle Law … doch er selber war nun die Beute gewesen. In den Worten lag nicht mehr die alte Erregung des Jagens.
Im Dschungel schrie eine Rasha. Er war immer noch Beute. Irgendwo auf dem Grund des Tales blitzte ein rotes Licht auf. Rhomda war es also gelungen, seine Männer hier herabzubringen. Joda hatte sich, erschöpft von dem langen Tagesmarsch und dem anschließenden Aufstieg, hinten in der Höhle zusammengerollt und schlief. Rianna setzte sich neben Dane in den Höhleneingang. Gott sei Dank waren sie endlich einmal wieder allein. Nicht, daß sie bei seinem Zustand irgend etwas davon gehabt hätten … Sie fragte: „Können das nicht Dravash und Aratak sein?“
„Warum sollten sie ein Feuer anzünden? Sie werden doch nicht von Rashas verfolgt. Wahrscheinlich sind es Meister Rhomda und seine Hexenjäger. Aber man kann es von hier aus nicht genau sagen.“
„Warum nicht?“ Sie zog das Teleskop hervor, und er erinnerte sich, daß sie es in ihrem Bündel gerettet hatte. Er machte sich Sorgen um seinen Rucksack in den Händen Rhomdas. Sie zentrierte das Instrument und stellte es ein. „Ich weiß nicht. Sieht nicht so aus …“
Ihr Körper versteifte sich. Sie ließ das Teleskop sinken und schnappte vernehmlich nach Luft. Dane fing es auf, bevor es über den Rand rollte.
„Was ist …?“
„Da ist einer … von denen!“ keuchte sie hastig. „Eins von diesen weißen Wesen, die Vilkish F’Thansa vor seinem Verschwinden sah – einer von diesen … weißen Sauriern. Und Menschen sind dabei, die wie Eingeborene dieses Planeten aussehen … Dane, was ist das? Es war weiß!“
Dane hatte bereits das Teleskop auf das ferne Lagerfeuer gerichtet. Während er noch die Einstellung betätigte, vermeinte er etwas zu sehen, einen verschwommenen weißen Fleck, eine geisterhafte Gestalt – aber als er es scharf eingestellt hatte, war sie verschwunden. Deutlich konnte er das Feuer, ja sogar die schwarzen Scheite und winzige, unregelmäßige Flämmchen, die auf der Linse Reflexe hervorriefen, erkennen – das kleine Teleskop war nur ein Spielzeug. Er wünschte sich ein richtiges, anständiges Nachtglas! Und um die Flammen herum Männer in hellen, bunten Jacken, die ihre Decken zum Schlaf ausbreiteten. Das war alles.
„Hast du es gesehen, Dane?“
Er schüttelte den Kopf. „Nur Eingeborene, die sich zum Schlafen bereitmachen. Ich glaube, da war sonst nichts. Das Licht wirkt leicht verzerrend, und die Linse taugt auch nicht viel …“
„Verdammt“, fauchte Rianna ihn an – oder war es irgendeine andere Beleidigung, aus der die Translatorscheibe ein verdammt machte? „Ich weiß, was ich gesehen habe, Dane! Es war ein Protosaurier etwa von der Größe Arataks – aber wie ich dir sagte: Er war weiß, absolut weiß! Er stand vor einer Menschengruppe und machte eine Handbewegung, als hielte er einen Vortrag.“
Zweifelnd hob Dane noch einmal das Glas und überflog das ferne Lager, doch ohne Ergebnis. Ein Mann hielt Wache. Die anderen lagen in Decken gerollt unter einem zwischen Pflöcken aufgespannten Tuch.
„Er hatte die Arme ausgestreckt“, beharrte sie, „als hielte er einen Vortrag oder so.“
Er schnaubte verächtlich, aber nicht belustigt. „Hört sich an wie der Geist vom Heiligen A’assioo“, meinte er. Rianna war eine gute Beobachterin, und es war unwahrscheinlich, daß sie aus einer Lichterscheinung einen Riesensaurier machte. Sorgfältig brachte er das Instrument wieder in die Ausgangsposition. Sicher war dort
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