Die Flüchtlinge des roten Mondes
direkt in die Seite. Mit einem dünnen Kreischen riß es sich von beiden Speeren los, während Dane mit entsetztem Unglauben zusah und dachte, es würde noch einmal angreifen. Doch statt dessen zuckte es, heulte auf und fiel in die Dunkelheit hinein. Fast hätte es Rianna mit sich gerissen, doch Dane fing sie am Arm auf, als sie schon am Rande schwankte, und schleuderte sie sicher zurück auf den Sandsteinboden, wo sie erschöpft liegenblieb.
Im hellen Sternenschein unter ihnen kämpfte und wand sich das Tier wie eine riesige Schlange und blieb dann nach letzten krampfartigen Zuckungen tot liegen.
„Wir haben es geschafft“, flüsterte Joda. „Wir haben es getötet!“
„Du hast es getötet!“ sagte Dane, und Joda starrte ihn mit offenem Mund an.
„Aber … aber versteht ihr denn nicht … ein Granth getötet … und wir waren zu dritt. Wir sind nicht einmal verwundet!“
„Ich bin stolz auf dich, Joda“, sagte Rianna, hob sich auf die Knie und umarmte den Jungen. Und ich? fragte sich Dane mit einem sonderbaren Druckgefühl in der Brust, wurde dann aber auf sich selber wütend. Hölle, sie wollte dem Kind nur Mut machen, und das hat es bitter nötig. Ja, erinnerte er sich, und er hat es auch verdient . Er erinnerte sich, wie Joda in der Nacht, als Dane ihn beim Sterngucken erwischt hatte, gesagt hatte: Ich bin ein Feigling, ein riesengroßer Feigling … mein Vater sagt, ich bin nur geeignet, mein Leben im Bauch einer Rasha zu beenden, und ohne Zweifel hat er damit recht …
„Das hätte niemand besser machen können, Joda. Ich hätte es allein nicht erlegen können.“
Aus dem Gebüsch unter ihnen tönte ein langgezogener, gurrender Ton. Andere antworteten aus der Ferne und rückten näher. Rianna blickte zum Himmel. „Meine Wache. Ihr beiden geht schlafen.“
Dane kroch zurück unter die Decken. Die Höhle stank nach Blut und dem sonderbar aufregenden Geruch des Granths. Es erinnerte ihn irgendwie an ein Stinktier. Granths sollten hier ziemlich selten sein. Das war auch gut so, dachte Dane, andernfalls wären wohl die Protosimianer ziemlich selten – oder ausgestorben! Kein Wunder, daß Joda wie gelähmt war bei dem Gedanken, ein Granth getötet zu haben.
Das Ding war so verdammt schnell! Und es war ihren Waffen mit einer Intelligenz ausgewichen, daß er hätte schwören können … Und plötzlich erinnerte er sich an die Männer in der Schenke, die über die geheimnisvolle Bestie geredet hatten.
Schneller als eine Rasha. Schneller als ein Granth …
Und plötzlich zitterte er und rückte in der Dunkelheit näher zu Joda.
Morgendämmerung, und die Sterne verblaßten am Himmel. Dane blickte über den Rand und sah unten die säuberlich abgenagten Knochen des Granth. Irgend etwas, das aussah wie ein verhungerter Fuchs auf Stelzen, hielt immer noch einen Knochen zwischen überraschend kräftigen Zähnen. Das Fell war grauschwarz. Danes Fuß stieß ein Steinchen über den Rand, und der Kopf des Tieres fuhr fast bis zum Rücken herum. Dann trottete es mit einem erstaunten Gurren ins Gebüsch und verschwand. Nun, jetzt wußte er, wer diese Geräusche des Nachts machte.
Ein dünner Rauchfaden markierte die Stelle, wo sie gestern abend das Lager ausgemacht hatten. Dane und Rianna überflogen das Gelände mit dem Teleskop und suchten nach irgendeinem Zeichen jener unwahrscheinlichen Erscheinung des letzten Abends, doch sie sahen lediglich Menschen, recht normal aussehende Menschen mit dunkler Haut und grauen Jacken, darunter einer in der blauen Tunika des Anka’an-Ordens. Das überraschte Dane ein wenig, bis er darüber nachdachte. Er und Rianna waren als Eingeborene verkleidet. Ihre Hautfarbe und Kleidung würde keine Aufmerksamkeit erregen. Es war nur richtig, so fortzufahren. Aber warum waren die weißen Saurier nicht nachgedunkelt wie Aratak?
Gewiß war wohl die Tarnung als Anka’an-Speerwerfer am schwierigsten durchzuhalten. Sicher hatten sie ihre eigenen geheimen Zeichen und Losungen für das gegenseitige Erkennen. Konnten die Sternendämonen einen richtigen Anka’an-Speerwerfer korrumpieren oder beeinflussen, fragte sich Dane. Oder – ihm schauderte bei dem Gedanken an die Jäger, die ihre Gestalt wechseln konnten – konnte man einen töten und in seiner Gestalt und mit seinem Denken weitermachen?
Sie beobachteten, wie die Männer das Lager abbrachen und quer durch die Schlucht dem Fluß entgegenzogen. Rianna und Joda stiegen aus der Höhle in das dichte Buschwerk hinab. Joda trat zu
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