Die Flüchtlinge des roten Mondes
um Joda und erzählte ihm leise etwas, den Kommunikator in der Hand. Dane vermutete, sie würde ihm den Sender in wenigen Sätzen erklären. Nun, besser sie als ich, dachte er – aber was würde aus dem Jungen werden, wenn man ihn zurück in die Dorfkultur steckte?
Schon nach einer halben Stunde sahen sie einen riesigen dunklen Schatten, der sich langsam durch die Büsche bewegte. Rianna eilte darauf zu. Dane folgte ihr fast ebenso schnell.
„Aratak!“ rief sie und umarmte den großen, lederhäutigen Körper. Vorsichtig und zärtlich umschloß er ihr Gesicht mit seinen Klauen, und sie verschwand in seiner Umarmung.
„Ich freue mich, dich zu sehen, meine Freundin“, grummelte er, setzte sie ab und umarmte Dane auf die gleiche Weise. „Denn bei dem Gedanken, in dieser Einöde verlassen zu werden, könnte mir selbst die Philosophie des Göttlichen Eis wenig Trost schenken, wenn man von der Erkenntnis absieht, daß sowohl den Guten als auch den Bösen schwere Prüfungen auferlegt werden, aber das war eben nur ein kleiner Trost.“
„Wir haben ein Granth getötet“, informierte ihn Joda stolz, und Aratak brummte seine Freude darüber. „Ich weiß nicht, was ein Granth ist, aber ohne Zweifel verdient es wie viele andere Wesen auf diesem Planeten, getötet zu werden. Nur selten habe ich eine Welt mit so vielen feindseligen Wesen gesehen, deren Nutzen für das kosmische All meine Vorstellungskraft übersteigen. Kein Zweifel … die Göttlichen Kräfte“, sagte er schnell mit einem Blick auf Joda, „haben ihre eigenen unermeßlichen Gründe für die Schöpfung der Rasha, des Granth und jener infernalischen kuhartigen Wesen, durch deren Angriff Dravash und ich voneinander getrennt wurden, aber dieser Zweck ist einer, den ich bei aller Philosophie nicht verstehen kann.“
„Vielleicht, Ehrwürdiger …“ sagte Joda mit dem Respekt, der Dane plötzlich deutlich daran erinnerte, daß Joda wie Meister Prithvai in einer Kultur groß geworden war, welche die Existenz der protosaurischen Ersten Wesen in einer Art als absolut gegeben nahmen, wie Rianna und er das nie können würden. „… Jene Wesen wurden von den Gesegneten deshalb geschaffen, damit wir Zweiten Wesen uns niemals langweilen oder faul werden. Das haben mir jedenfalls die Weisen aus meinem Dorf so erklärt, als meine Kameraden und ich noch klein waren.“
„Das mag wohl sein, kleiner Bruder“, sagte Aratak freundlich, aber Dane unterbrach ihn – daß Aratak jetzt einen philosophischen Vortrag hielt, war das letzte, wonach ihm der Sinn stand, und der Anfang hörte sich ganz danach an. Dane wollte Tatsachen hören. „Erzähl’ uns, was mit euch geschehen ist. Wir hatten gehofft, Dravash und dich am Grund der Schlucht zu treffen.“
„Und wir hatten auch vorgehabt, dort zu warten“, erwiderte Aratak, „aber unser Platz wurden von einer Herde wilder, kuhartiger Tiere überfallen, die losstampften. Ich kann nur annehmen, daß sie irgend etwas erschreckt hat, denn ich hörte eines von ihnen brüllen. Aber ich habe keine Rasha-Schreie gehört. Jedenfalls, als sie losrannten, mußte ich in höchst unphilosophischer Eile auf einen Felsen klettern, und wenn ich Dravash unmittelbar hinter mir glaubte, fand ich keine Spur von ihm, als die Tiere verschwunden waren. Ich habe ihn gesucht und gerufen, habe sogar riskiert, den Kommunikator einzusetzen, aber er funktionierte nicht. Ich habe keine Ahnung, durch welchen Umstand – vielleicht Magnetismus? – er einen Moment lang funktionierte, als wir miteinander sprachen. Dann fiel die Dunkelheit herab, und ich suchte immer noch nach Dravash. Dann sah ich mich gezwungen, in einer Felsspalte Unterschlupf zu suchen, von wo aus ich jede vorbeischleichende Rasha sehen konnte. Eine hat mich aufgespürt, aber nicht angegriffen, weil sie merkte, daß ich nicht genießbar bin. Dafür war ich dankbar, denn ich hatte keine Waffe. Ich habe bei dem Angriff der Herde meinen Speer verloren und danach nur noch Bruchstücke wiedergefunden. Bei Tagesanbruch begann ich nach Punkten zu suchen, wo wir uns vielleicht treffen konnten, und fand die Höhle, wo ihr eure geniale Botschaft hinterlassen habt. Und den Rest kennt ihr.“
„Hast du in der Nacht das Feuer gesehen?“ fragte Rianna. „Oder … oder sonst irgend etwas?“
„Ich habe das Feuer gesehen“, stimmte Aratak zu, „und wäre fast darauf zugegangen, weil ich nicht genau wußte, ob es nicht euer Feuer war. Aber als ich näher kam, sah ich viele Gestalten und
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