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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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Schule. Dort ist das Spielfeld. Die Purpurgekleideten gehören zu meiner Mannschaft. Am besten setzen Sie sich auf die Stufen, da ist es am sichersten.“
    Ozchan nahm auf den Stufen Platz und sah den Leuten mit wachsender Verwunderung zu. Die eingeborenen Spieler verblüfften ihn. Im allgemeinen paßten sich Menschen und vernunftbegabte Fremdlebewesen nicht besonders gut aneinander an, aber dieses Spiel hatte man offensichtlich unter dem Gesichtspunkt gemischtrassiger Mitspieler ausgeklügelt. Ein paar Neugierige hatten sich am Spielfeldrand versammelt, um dem Spektakel zuzusehen und Ozchan zu mustern. Er kam sich vor wie auf einem Präsentierteller und fühlte sich dabei gar nicht wohl. Dann nahmen die Zwillinge neben ihm Platz, und er entspannte sich.
    „Meya ist die beste von der ganzen Mannschaft“, sagte Jared. Decca nickte zustimmend.
    „Ist sie das?“
    „Natürlich ist sie das. Das sieht doch wohl ein Blinder.“
    „Na ja, ich sehe das Spiel jetzt zum ersten Mal; da kann ich mir noch kein Urteil bilden.“
    „Tatsächlich?“ Decca sah ihn mitleidig an.
    „Dort, wo ich herkomme“, sagte Ozchan, „spielt man andere Spiele. Aber ich glaube, daß dieses hier – aber auch Haven und euer Haus – sehr interessant ist.“
    Jared schnaubte gelangweilt. „In Haven ist doch nichts los. Wenn ich groß bin, werde ich Raumfahrer, wie mein Onkel Jes, und dann komme ich überallhin und werde mir alles ansehen.“
    „Magst du Jes?“
    „Na klar“, erwiderte Decca. „Er bringt uns immer schöne Sehen mit, von ganz weit her. Er erzählt uns Geschichten und kann Flöte spielen, wie Tabor.“
    „Und was ist mit eurem anderen Onkel? Hart? Erzählt er euch auch Geschichten und bringt Geschenke mit?“
    „Nein, der nicht“, sagte Jared.
    „Er ist entsetzlich“, fügte Decca hinzu.
    „Aber warum denn? Mir kommt er ziemlich nett vor.“
    Die Zwillinge sahen plötzlich ängstlich aus. Sie sahen sich an. Dann rutschten sie an Ozchan heran und flankierten ihn.
    „Sie dürfen nie allein mit ihm bleiben“, sagte Jared drängend. „Er ist ein gemeiner, schrecklicher Mensch.“
    „Schlägt er euch?“
    Decca schüttelte den Kopf. „Er spricht gar nicht mit uns.“
    „Und warum habt ihr dann Angst vor ihm?“
    „Ich habe vor niemandem Angst“, erwiderte Decca entschieden.
    „Aber warum glaubst du dann, daß er ein gemeiner Mensch ist?“
    „Er ist es eben. Sie bleiben besser von ihm weg.“
    „Das werde ich wohl kaum. Er scheint mir sehr nett zu sein. Und da ihr mir nicht sagt, warum ich von ihm fernbleiben soll – warum soll ich euch dann glauben?“
    Decca sah ihren Bruder an. „Es ist besser, du erzählst es ihm.“
    Jared sah unsicher auf.
    „Nun mach schon“, sagte Decca und streckte den Arm aus, um ihrem Bruder in die Seite zu kneifen. „Bevor er etwas Falsches tut.“
    „Na gut.“ Jared sah sich um. Dann beugte er sich zu Ozchans Ohr hinüber. „Bevor Hart von hier wegging, hat er etwas Schreckliches getan. Es war so schrecklich, daß die Leute nicht einmal darüber reden wollen. Aber Laur fand heraus, was es war, und als Hart entdeckte, daß sie Bescheid wußte, brachte er sie um.“
    Ozchan runzelte die Stirn. „Ich verstehe nicht. Wer ist Laur?“
    „Laur hat sich früher um alles gekümmert“, sagte Decca. „Sie kam mit Mish und Jason hierher und kümmerte sich um das Haus und alles andere. Aber dann hat Hart sie umgebracht. Er hat sie nur angeschaut – und sie fiel tot um.“
    „Was gibt’s denn da zu flüstern?“ sagte Meya. Die Zwillinge spritzten auseinander; dann lachten sie und umschlangen das Mädchen mit den Armen.
    „Laßt mich los. Ich brauche einen Schluck Wasser und bin schmutzig.“
    Decca hüpfte auf die unter einem Baum aufgestapelten Getränkebehälter zu. Meya setzte sich neben Ozchan und strich sich das Haar aus dem Gesicht. Das Spiel hatte ihr ganz schön zu schaffen gemacht. Ihr Gesicht glühte.
    „Was halten Sie davon?“
    „Von dem Spiel? Ich glaube, es war das Verrückteste, das ich je gesehen habe.“
    Meya schenkte ihm einen schnellen Blick und lachte. „Da haben Sie recht“, sagte sie. „Aber warten Sie ab, bis Sie ein richtiges Spiel gesehen haben; da geht es noch verrückter zu.“
    Sie streckte den Arm nach dem Krug aus, den Decca ihr reichte, und nahm einen großen Schluck.
    Ozchan sah ihr beim Trinken zu. Er sah, wie sich ihre Kehle während des Schluckens bewegte, und fragte sich, ob er es wagen konnte, das Mädchen nach der unglaublichen

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