Die Flüchtlinge
Aber im Haus blieb es still.
„Es wird noch eine Zeitlang dauern, bis es ernst wird. Gegen den Ausschlag kann ich dir ein Mittel geben. Hab Geduld, Drake. Geduld wird von Gott belohnt.“
„Und womit?“
Hart öffnete lächelnd die Tür. „Mit dem ewigen Leben“, erwiderte er fröhlich und hob sein Glas, um Drake zuzuprosten.
Im Traum eilte Jason über die südlich von Haven liegenden Wiesen dahin. Er rannte über das hohe und dichte Gras der Zentralebene und träumte, wie er sich an einem Seil von einer Stallebene zur anderen schwang. Er spürte das Kitzeln der Strohhalme unter den Füßen und den groben Stoff seines Hemdes auf der Haut. Als er das Seil losließ, fiel er in die Tiefe. Der Stallboden, der Himmel, das Meer, all das war gleichzeitig unter ihm. Er flog, ohne sich groß anzustrengen. Mish eilte von einer Wolke auf ihn zu. Sie lachte, nahm ihn bei der Hand und eilte mit ihm auf die warme Wiese zu. Sie breitete lächelnd ihr Haar um ihn aus und legte die Hände auf seine Schultern. Jason umfaßte ihre Hüften und fühlte, wie sie sich bewegten. Ein herrliches Gefühl breitete sich in ihm aus. Er sah ihre Augen. Ihre Brüste. Ihre Knie. Er legte sich unter sie, stöhnte. Die Freudenschreie wurden zu Klängen des Schmerzes. Das Pulsieren seines Gliedes wurde unerträglich. Zitternd und in Schweiß gebadet wachte er auf. Der Schmerz war unerträglich.
Er tastete blindlings nach den Monitorknöpfen, bis er den richtigen fand. Zweimal einrasten lassen. Der Schmerz verschwand im Nebel. Jason schob seine Hand unter die Decke und betastete sein Glied.
Ja, dachte er, bevor der programmierte Schlaf ihn erfaßte, ja.
Drei Tage lang herrschte auf dem Anwesen äußerste Geschäftigkeit. Jason bekam die erste Injektion. Und während man auf die einzelnen Ausrüstungsstücke wartete, die vom Havener Hospital herübergebracht wurden, wartete man ab, wie sein Körper darauf reagierte. Die Ausrüstung wurde in Jasons Krankenzimmer gebracht: ein Weichbett, an dem Hart so lange Veränderungen vornahm, bis es seinen Ansprüchen genügte. Einen Respirator. Verbindungsstücke für die bereits in Betrieb genommenen Monitoren und Reiniger. Thermostatische Kontrollen. Das Zimmer fing an auszusehen wie die Zentrale eines Sternenschiffes. Ozchan beäugte die Veränderungen mit Mißtrauen und Unsicherheit, aber Jasons Entscheidung war klar gewesen. Was Hart anging, so schien er Vorsicht walten zu lassen und von seinem Geschäft allerhand zu verstehen.
Am Abend des dritten Tages machte Hart einige Tests und gab bekannt, daß Jason für die zweite Injektion bereit sei. Man brachte ihn in das Weichbett. Inmitten der summenden Maschinerie wirkte er klein und still.
„Wenn es nicht klappt …“ sagte Quilla mit sich selbst auferlegter Ruhe, „dann …“ Jason hörte sie und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
„Wenn es nicht klappt“, sagte er, „kann es auch nicht schlimmer werden als zuvor.“
„Aber vielleicht überlebst du es nicht!“
„Wie lange hätte ich wohl sonst noch gelebt?“ erwiderte Jason leise. „Erstarrt und unter Drogen gesetzt – ebensogut hätte ich tot sein können.“
„Aber du warst niemals eine Spielernatur.“
„Vielleicht habe ich mich geändert.“ Jason lächelte und nickte Hart zu, der die Nadel in seinen Arm schob. In der gleichen Sekunde verlor er die Besinnung. Hart schaltete die einzelnen Geräte aneinander, überprüfte sie zwei-, dreimal und gab Anweisung, das Bett mit einer Flüssigkeit zu füllen. Jason stieg lautlos auf. Er war durch eine Reihe von Plastikleitungen mit einer elektronischen Gebärmutter verbunden. Quilla starrte die Anlage an, dann fröstelte sie und stellte sich neben Tabor. Er legte die Arme um sie.
„Gab es denn keine andere Möglichkeit?“ flüsterte sie.
Hart warf einen ausdruckslosen Blick auf den transparenten Bottich und zuckte die Achseln.
Es wurde Winter. Die Wolken kamen und mit ihnen der Regen. Hart verbrachte den Großteil seiner Zeit in Jasons Zimmer. Je weiter die Zeit ins Land zog, desto weniger ließ Drake sich sehen, von dem man allgemein annahm, daß er sich zu Tode langweilte.
Meya machte sich im Haus nützlich, richtete dies und das und bastelte überall herum. Ozchan war ihr ständig auf den Fersen und ^bat sie darum, ihm etwas zu tun zu geben. Sie nähte Kleider, setzte auf der Rückseite des Hauses eine neue Scheibe ein und reparierte die Wasserleitung des Badehauses. Ozchan spielte Handlanger. Er hielt ihre
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