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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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schlug auf ihn ein. Als Tabor sie zurückzuhalten versuchte, schlug sie auch ihn.
    „Es ist nicht wahr“, sagte Hart. „Das war ich nicht. Es ist nicht wahr.“
    „Scheißdreck!“ schrie Hoku zornig. „Dieses Ding da ist nicht Jason! Was versuchst du vor uns zu verbergen, Hart? Erst ist Laur tot, jetzt dein Vater. Ich wette, daß Gren auch nicht mehr lebt. Bin ich die Nächste? Oder Quilla? Was ist mit deiner Mutter, Hart – willst du sie auch umbringen?“
    „Ich habe ihn nicht umge…“
    „Aber er ist nicht da!“ kreischte Quilla. „Es ist absolut nichts in ihm drin! Du hast ihn getötet!“
    „Ich war es nicht! Drake …“ Die Worte blieben ihm in der Kehle stecken. Drake. Meya war die einzige, die ihm glaubte. Die ihm vertraute.
    „So ist es richtig“, sagte Tabor. „Häng die Sache jemandem an, der gerade nicht hier ist. Das ist doch deine übliche Entschuldigung, nicht wahr?“
    Wenn ich ihnen die Sache mit Drake erzähle, müßte ich ihnen auch von Meya berichten.
    Hart starrte in ihre wutverzerrten Gesichter. Er sah Haß und Verbitterung.
    Sag es ihnen, sag ihnen, daß Drake es war. Sag es ihnen und verschwinde! Wenn sie alles über Meya wissen, können sie dieses Wissen nicht für sich allein behalten. Und Meya wird in die Stasis geschickt. Sie wird siebzig Jahre lang sterben und die Heimat nicht einmal wiedersehen. Sag es ihnen – und dann mach dich davon.
    „Nein!“ schrie er, machte auf dem Absatz kehrt und rannte aus dem Zimmer. Ein, zwei Sekunden später hatte er die Treppe erreicht. Die anderen eilten laut rufend hinter ihm her. Hart fiel beinahe die Stufen hinab, fing sich wieder, jagte aus dem Haus. Morast klebte an seinen Schuhen. Er lief den Abhang hinunter und rannte blindlings auf den Hafen zu, wo das vierzehntäglich ankommende Zubringerboot lag. Die Welt war plötzlich voller Schreie.
    Es wurde zu einem Alptraum. Das Boot lag im Regen, und seine Luke war gerade im Begriff, sich zu schließen. Hart machte einen verzweifelten Satz und schaffte es in letzter Sekunde. Hinter ihm schloß sich der Einstieg. Total durchnäßt lehnte er sich keuchend gegen die Korridorwand und heulte, während die Mannschaft ihn verwundert anstarrte.
    „Was, in drei Teufels Namen, hat das nun wieder zu bedeuten?“ fragte der weibliche Kommandant.
    „Ich will mit“, sagte Hart. „Ich bezahle.“
    „Schnallt ihn an“, sagte die Kommandantin. „Wir hinken jetzt schon hinter dem Fahrplan her, verdammte Kacke!“
    Die Maschinen heulten auf. Jemand drückte Hart in einen Sitz und legte Sicherheitsgurte um seinen Leib. Ein anderer brüllte, daß der Landeplatz geräumt sei. Dann schob ihn ein sanfter Druck gegen die Rückenlehne.
    Meya hatte ihren Kopf gegen seine Schulter gelehnt und ihm den Arm gegeben. Sie vertraute ihm. Meya war die einzige gewesen. Für die anderen war er ein finsterer Unhold, aber zumindest sie konnte er beschützen. Vielleicht konnte er ihr ihr Vertrauen irgendwie vergelten.
    An Bord befand sich die gleiche Mannschaft wie vor zwei Wochen. Es war das gleiche Zubringerboot wie am Tage von Drakes Tod. Es würde nicht schwer sein, sich ihre Passagierliste zu verschaffen und den Namen Tev Drakes einzutragen. Starthafen: Aerie. Zielhafen … Das würde sich finden. Irgendwo. Es würde keine Schwierigkeiten geben.
    Ein Leben gegen ein anderes.
    Als das Zubringerboot das Schiff erreicht hatte, nahm die Kommandantin ihn beiseite.
    „Barzahlung, kein Gepäck und naß bis auf die Haut. Sieht ganz so aus, als wäre Ihnen jemand auf den Fersen gewesen.“
    Hart sagte nichts.
    „Es geht mich ja nichts an“, sagte die Kommandantin und schob sich die Mütze ins Genick, „aber wohin wollen Sie überhaupt?“
    „Was ist Ihr letzter Zielhafen?“
    „Das Gregory-System. Südsektor.“
    „Schön“, sagte Hart. „Das paßt mir ausgezeichnet.“
    Man teilte ihm eine Kabine zu, und ein Angehöriger der Mannschaft verkaufte ihm ein paar Kleidungsstücke. Hart hängte sie in den Spind, warf seine eigene Kleidung auf den Müll und ging in die Koje. Eine Zeitlang lag er still da und starrte die ebenmäßige, leicht gekrümmte Decke an. Und später weinte er.

 
2. Quilla
     
    „Es ist nicht wahr“, sagte Meya zum wiederholten Male. „Ihr müßt mir zuhören. Es ist nicht wahr.“
    Aber wir waren zu aufgebracht und zu blutdurstig, um ihr zuzuhören. Sie war ein paar Stunden nach Harts Flucht zurückgekommen und hatte sich die ganze Geschichte aus unserem zusammenhanglosen Gerede

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