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Die Flüchtlinge

Die Flüchtlinge

Titel: Die Flüchtlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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musterte die fernen Umrisse der Kaedobäume, dann wandte sie sich entschlossen um und rannte auf Haven zu. Es war jetzt wichtiger, Hart zu finden, statt der Ortschaft fern zu bleiben.
    Sie umkreiste die Eimerbrigade und näherte sich dem Fluß. Der Rauch ließ ihre Kehle schmerzen. Hart hatte ein Geheimversteck, von dem sie offiziell nichts wußte. Sie watete durch das seichte Gewässer und schlug sich durch Wasserpflanzen, bis sie die Schilftarnung seiner Bude erreichte und ihn kniend im Wasser vorfand. Er machte einen verzweifelten Fluchtversuch, aber Quilla rief seinen Namen und drückte ihn, vor Erleichterung unartikulierte Laute ausstoßend, an sich. Schließlich entspannte er sich und umarmte sie. Er weinte.
    „Was wolltest du hier?“ fragte Quilla. Sein Körper spannte sich in ihren Armen. „Ich habe überall nach dir gesucht. Warum bist du nicht im Haus geblieben?“
    „Ich habe ein Geräusch gehört“, erwiderte er. Seine Stimme überwand jetzt seine Tränen. „Ich ging runter, um zu sehen, was es ist, dann sah ich das Feuer und bekam Angst. Deswegen bin ich hierhergekommen und habe mich versteckt. Ich habe alles mitangesehen.“
    Quilla maß ihn mit einem scharfen Blick, aber es war zu dunkel, um seine Züge auszumachen. „Alles?“
    Er stieß sich von ihr ab. „Ich habe ein Geräusch gehört und bin runtergegangen, um zu sehen, was es ist“, wiederholte er stur.
    Quilla nahm seine Hand und hielt inne. Er versuchte ihr zu entkommen, aber sie hielt ihn fest. „Komm jetzt. Laur ist vor Angst halb verrückt, weil sie nicht weiß, wo du steckst.“ Hart taumelte unsicher. Quilla bückte sich, um ihn hochzuziehen.
    „Ich kann alleine gehen“, verkündete Hart und führte sie zum Ufer. Der Himmel wurde jetzt heller, denn bald würde der Morgen grauen. Die Flammen nahmen ab. Sie blieben eine Weile auf der halben Höhe des Hügels stehen und schauten zu, wie das Feuer unter den Wassereimern erstarb. Angebrannte Bretter und verkohlte Balken lagen auf der einzigen Kreuzung der Ortschaft. Ascheflocken schwebten in der Luft. Das Haus der Ärztin war nur noch eine Ruine.
    „Quilla?“ Hart tastete nach ihrer Hand.
    „Es ist alles vorbei“, sagte sie geistesabwesend. „Das Feuer ist schon fast aus.“
    „Glaubst du …“ Hart machte eine Pause, und sie sah ihn an. „Glaubst du, daß sie jetzt wieder nach Hause gehen?“
    Quilla drückte seine Hand. Sie erinnerte sich an das Entsetzen, das ihn in der Nacht, als die Flüchtlinge gekommen waren, geschüttelt hatte.
    „Nein, Hart. Sie sind jetzt hier zu Hause. Sie werden das Haus wieder aufbauen.“
    Hart entzog ihr seine Hand und lief den Hügel hinauf. Quilla ging ermattet hinter ihm her. Als der Junge das Haus erreicht hatte, nahm Laur ihn in die Arme, preßte ihn an sich, streichelte ihn und schluchzte vor Erleichterung. Hart bewegte sich in ihren Armen nicht; er wandte das Gesicht von Haven ab. Quilla stieß einen Seufzer aus und setzte sich mit dem Rücken gegen den Halaeabaum. Der Morgenwind vertrieb den letzten Qualm, und Quilla sah, wie sich die Kasiren um das Haus der Ärztin versammelten und das verbrannte Holz anstarrten. Die Flüchtlinge, die über der Ruine noch ein paar Eimer Wasser auskippten, hielten sich von ihnen fern. Kleine weiße Dampfwölkchen stiegen auf und trieben dem blaßblauen Himmel entgegen. Quilla schloß die Augen.
    „Quilla, Jason sagt, wir sollen zum Stall hinuntergehen. Laur soll den Leuten ein Frühstück bringen. Nimm den Medizinkasten; ich glaube, es ist jemand verletzt worden.“ Jes, der vor ihr stand, hüpfte vor Ungeduld beinahe hin und her. Quilla nickte und stand auf. Während Jes den Hügel hinunterlief, erzählte Quilla Laur, was sie tun sollte.
    „Hoffentlich kann ich diese verdammten Köchinnen auftreiben“, murmelte Laur. „Unzuverlässige, faule Kassies … Möglicherweise werden sie sich wieder den ganzen Tag nicht blicken lassen.“ Immer noch vor sich hinbrummend, durchquerte sie die Halle. Hart folgte ihr. Er hielt sich mit einer Hand am Saum von Laurs Decke fest. Quilla zog den schweren Medizinkasten aus einer Wandnische, schulterte ihn und machte sich auf den Weg zum Stall.
    Dr. Hoku hatte eine Ecke des Gebäudes in ein Krankenrevier umfunktioniert. Quilla stolperte durch kleine Gruppen sich unterhaltender Menschen und ließ den Medizinkasten neben der Ärztin ins Heu sinken. Auf dem Boden lagen zwei nach Luft schnappende Menschen. Ihre Gesichter waren rußgeschwärzt. Manny Hetch öffnete die

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